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Friedrich Merz' Ukraine-Besuch: "Merz kommt mit leeren Händen nach Kiew"


Merz-Reise in die Ukraine
"Dafür ist die Lage zu ernst"


02.05.2022Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Trotz Warnungen des BKA hält Unionsfraktionschef Friedrich Merz an seiner Kiew-Reise fest.Vergrößern des Bildes
Trotz Warnungen des BKA hält Unionsfraktionschef Friedrich Merz an seiner Kiew-Reise fest. (Quelle: Imago Images)

Der Vorsitzende der Union im Bundestag, Friedrich Merz, reist in die Ukraine. Unsere Autoren streiten: Ist das sinnvoll oder reine Show?

Die Pläne von Unionsfraktionschef Friedrich Merz, in die Ukraine zu reisen, haben im politischen Berlin und in den sozialen Netzwerken eine heftige Debatte ausgelöst. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bezweifelte am Sonntag in der Sendung "Anne Will" die Sinnhaftigkeit der Reise.

Wenn man fahre, müsse man auch etwas mitbringen, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die unlängst selbst mit Anton Hofreiter (Grüne) und Michael Roth (SPD) in die Ukraine gereist ist. Wichtig sei auch eine gute Vorbereitung. Das Bundeskriminalamt hatte Merz wegen der zu kurzen Vorbereitungszeit von der Reise dringend abgeraten.

In seiner politischen Funktion kann Merz dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj keine militärischen, finanziellen oder wirtschaftlichen Zusagen machen. Daraus ergibt sich die Frage:

Ist eine Reise von Friedrich Merz nach Kiew wirklich sinnvoll?

Pro
Miriam HollsteinChefreporterin Politik

Ein böser Vorwurf begleitet die Reise von Oppositionsführer Friedrich Merz in die Ukraine. Von "Kriegstourismus" sprechen einige. Merz reise nur nach Kiew, um sich wichtig zu machen und vor allem, um den Bundeskanzler ein bisschen vor sich hertreiben zu können. Denn Scholz hat sich bislang jeglichen Reiseplänen in die Ukraine verweigert.

Natürlich wäre es naiv zu glauben, Merz hätte bei dieser Reise nicht auch die Innenpolitik fest im Blick. Er ist noch frisch in der Rolle des Oppositionsführers, in Nordrhein-Westfalen steht eine wichtige Landtagswahl unmittelbar bevor. Richtig ist auch, dass Merz mit leeren Händen kommt. Als Vertreter der Opposition kann er keine Waffen zusagen oder sonstige Versprechen mit Substanz machen.

Ihm deshalb eine reine Instrumentalisierung vorzuwerfen, verkennt aber die Wirkung solcher Besuche. Denn fast ebenso wichtig wie Waffen ist für die Ukraine, dass sie im Fokus der Aufmerksamkeit bleibt. Nur, wenn der Rest der Welt nicht aufhört, weiter auf diesen Krieg zu schauen, bleibt der Druck auf die jeweiligen Regierungen groß genug, alles in ihrer Macht Stehende zur Unterstützung der Ukraine zu tun. Selbst rein symbolische Besuche können dabei helfen.

Ganz nebenbei erfordert eine solche Reise auch Mut. Nicht umsonst hat das Bundeskriminalamt Merz von seinen Plänen abgeraten. Auch wenn für die Ukrainerinnen und Ukrainer im Land die Gefahr noch viel größer ist, so ist auch für die Besucher ein Risiko für Gesundheit und Leben nicht ausgeschlossen.

Und auch der Wink mit dem Zaunpfahl, dass Scholz endlich tun sollte, was inzwischen dutzende von anderen politischen Repräsentanten vor ihm getan haben, ist nicht verkehrt. Eine gemeinsame Reise des Bundeskanzlers mit dem frisch gewählten französischen Präsidenten François Macron wäre ein starkes Signal – für die Ukraine und für Europa.

Kontra
Florian SchmidtFlorian SchmidtLeiter Hauptstadtbüro

Boris Johnson war da, Ursula von der Leyen auch, zuletzt reiste gar US-Außenminister Antony Blinken an: Besuche in Kiew, Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskyj haben dieser Tage Konjunktur.

Und jetzt? Will trotz lauter Rufe immer noch nicht Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Kiew aufschlagen, sondern Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU).

Sicher, auf den ersten Blick ist Merz‘ Vorhaben ein starkes Signal: Endlich wagt sich einer aus der Deckung. Merz, der Kanzler in Wartestellung. Ein Mann von Format. Einer, der sich traut, der nicht zaudert und zögert, sondern handelt.

Auf den zweiten aber wird schnell klar: Ganz so mutig ist die Reise doch nicht. Denn Merz kommt mit leeren Händen nach Kiew. Er kann qua Position keine Hilfen in Aussicht stellen. Er steht nicht in Regierungsverantwortung, er kann gar nicht handeln, sondern lediglich zuhören und Wünsche in Deutschland weitertragen – was es angesichts der medialen Dauerpräsenz des Botschafters der Ukraine, Andrij Melnyk, aber gar nicht braucht.

Noch ehe Merz überhaupt in die Ukraine aufgebrochen ist, wird somit klar, um was es bei der Reise wirklich geht: um einen PR-Gag, um ein innenpolitisches Manöver, um gute Schlagzeilen für die CDU im NRW- und Schleswig-Holstein-Wahlkampf.

Dafür jedoch ist die Lage in der umkämpften Ukraine zu ernst. Statt Merz sollte deshalb lieber – endlich! – Scholz nach Kiew reisen, mit Zusagen für weitere Hilfen, finanzielle wie militärische.

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