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t-online-Leser: "Zapfenstreich nicht mehr Gebot der Zeit"


Leserstimmen zur Zeremonie
"Zapfenstreich ist aus der Zeit gefallen"

MeinungVon Mario Thieme

Aktualisiert am 22.10.2021Lesedauer: 4 Min.
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Soldaten nahmen vor dem Reichstagsgebäude an dem Großen Zapfenstreich in Berlin teil, um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu würdigen. Ein umstrittenes Gebaren.Vergrößern des Bildes
Soldaten nahmen vor dem Reichstagsgebäude an dem Großen Zapfenstreich in Berlin teil, um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu würdigen. Ein umstrittenes Gebaren. (Quelle: Christophe Gateau/dpa)

Militärparaden stoßen gleichermaßen auf Ablehnung und Zustimmung. t-online-Leser erklären, was sie vom Zapfenstreich und öffentlichen Gelöbnissen halten.

Der Afghanistan-Einsatz wurde nach vielen Jahren beendet, die Soldaten erhielten für ihren Einsatz am Mittwochabend eine Würdigung in Form eines Großen Zapfenstreiches. Das Internet lief danach heiß: Die einen empfanden die Veranstaltung traditionsreich und würdevoll, die anderen sahen darin eine aus der Zeit gefallene Zumutung.

Die t-online-Redakteure Florian Schmidt und Peter Schink stellten Pro und Contra gegenüber. Zudem wollten wir von unseren Lesern wissen, wie sie zu Paraden der Bundeswehr vor dem Reichstag stehen. Sollte es mehr von ihnen geben? Viele Zuschriften erreichten uns, von denen ein Großteil kein Problem in dem Zapfenstreich erkennen kann. Es erreichten uns allerdings auch eine Vielzahl kritischer Stimmen. Eine Auswahl der Zuschriften lesen Sie im Folgenden:

"Die deutsche Bundeswehr ist der Fels in der Brandung"

t-online-Leser Christian Hochheim, Oberstabgefreiter d.R., findet es absolut richtig, "dass die Bundeswehr in der Öffentlichkeit deutlich sichtbar sein muss. Daher ist dieser Anlass genau richtig gewesen – gerade vor dem Hintergrund, dass Politik, Gesellschaft und auch die Medien den Einsatz nie angemessen gewürdigt haben. Es waren die Politiker, die uns Soldaten mit zu strengen Regeln die Hände gebunden haben; die mit zahlreichen Bataillonsauflösungen uns Personal entzogen haben, das dringend in Afghanistan gebraucht wurde; die notwendiges Gerät nicht in die Einsatzgebiete verbringen ließen", bemängelt er.

Christian Hochheim glaubt: "Ohne Streitkräfte, ohne die Soldaten, die jeden Tag ihr Leben und ihre Gesundheit für unsere liebgewonnenen Freiheiten einsetzen, würden wir alle von jenen beherrscht, die nur Terror und Gewalt über die Menschen bringen. Die deutsche Bundeswehr ist der Fels in der Brandung, der unsere Werte in einer immer unsicherer werdenden Welt schützt."

"Die Zeremonie wirkt aus der Zeit gefallen"

t-online-Leser Kai Müller vertritt eine andere Meinung: "Militärische Einsätze haben immer starke emotionale Aspekte; es geht schließlich immer um das Leiden und das Sterben von Menschen – im Inland wie im Ausland. Diese emotionalen Aspekte lassen sich auch nicht ablegen, wenn man eine Zeremonie veranstaltet, um die Soldaten und die vom Einsatz betroffenen Zivilisten zu ehren. Eine rein funktionale Bewertung reicht daher nicht aus", schreibt er.

Umso befremdlicher findet Kai Müller es, "wenn die Zeremonie derart aus der Zeit gefallen wirkt und gerade nicht den verantwortungsbewussten und zeitgemäßen Umgang mit der Situation vermittelt. Eine moderne Gesellschaft sollte doch in der Lage sein, für eine moderne Armee eine zeitgemäße Form der Würdigung zu organisieren. Die Beteiligten hätten es verdient."

"Wir sollten unsere Bundeswehr nicht auf modern trimmen"

Von einer solchen Modernisierung, die sich Kai Müller wünscht, hält t-online-Leserin Annette Ellermann nichts. Sie sagt: "Es sollte so eine Veranstaltung öfter geben, denn die Bundeswehr ist ein Teil unserer Demokratie und auch mit ihrer Tradition und ihren Ritualen, die etwas Erhabenes haben." Angelika Ellermann möchte nicht, dass man alles nur um des Änderns Willen ändert. Sie weiß um die Gräueltaten des Dritten Reiches, merkt aber an: "Wir können unsere Vergangenheit nicht ändern. Wir sollten unsere Bundeswehr nicht auf modern trimmen, denn alle diese Rituale haben auch ihren Platz in unserer Gesellschaft. Man sollte der Bundeswehr den Stellenwert einräumen, der ihr zusteht."

"Zapfenstreich kontraproduktiv für eine moderne Bundeswehr"

t-online-Leser Helmut Woppmann widerspricht einer Ansicht wie der von Angelika Ellermann, indem er schreibt: "Man kann zum Zapfenstreich der Bundeswehr vor dem Reichstagsgebäude geteilter Meinung sein. Ich persönlich sehe dafür keine Notwendigkeit. Ich halte den Zapfenstreich sogar für kontraproduktiv für eine moderne Bundeswehr." Dieser gesteht Helmut Woppmann zu, sie habe es geschafft, "den Übergang von der Wehrmacht alter Schule in eine für damalige Zeiten neue Armee in der NATO zu bewältigen", wendet aber ein: "Gerade jetzt ist Säbelrasseln und Strammstehen, Zapfenstreich und Co. nicht mehr das Gebot der Zeit. Tradition hat die Bundeswehr nicht. Sich auf die Tradition der alten Wehrmacht zu berufen, wäre fatal. Also warum diese antiquierten Zeremonien?", fragt er.

"Sicherheit wird von vielen als normal empfunden"

"Ich bin ein Befürworter des Zapfenstreiches. Es ist wichtig, dass der Bevölkerung bewusst ist, dass die Bundeswehr für die notwendige Sicherheit im außenpolitischen Raum sorgt", äußert t-online-Leser Lars Braune. Weiterhin findet er: "Das von vielen als normal empfundene, hohe Sicherheitsempfinden in unserem Land wird durch die Soldaten und Soldatinnen dauerhaft gewährleistet. Vielen Bürgern ist dies nicht bewusst und sie möchten sich damit auch nicht auseinandersetzen."

Lars Braune stört, dass gleichzeitig von der Bevölkerung ein hohes Sicherheitsniveau gefordert werde. "Die Frage, wie dies erreicht und gewährleistet werden soll oder wird, möchte die Bevölkerung allerdings nicht beantworten. Sie hofft auf eine Selbstlösung beziehungsweise erwartet, dass dies seitens der Politik schon 'irgendwie' gewährleistet wird", moniert er.

"Heute scheinen sich alle zu schämen, Uniform zu tragen"

t-online-Leser Thorsten Zok war selbst Zeitsoldat. Er diente als Oberfeldwebel d.R. Dennoch sieht er Zapfenstreiche kritisch: "Solche Veranstaltungen kann man ablehnen, sie sind meiner Meinung nach aus der Zeit gefallen." Damit will er die Rolle der Armee jedoch keinesfalls kleinreden, im Gegenteil: "Wichtiger wäre, die Bundeswehr wieder deutlich ins öffentliche Leben zu bringen. Zu meiner Zeit hat man ständig Soldaten in Uniform in Stadt und Eisenbahn gesehen. Heute scheinen sich alle zu schämen, Uniform zu tragen." Er findet es schade, dass – seiner Beobachtung zufolge – Soldaten freitagsmittags bloß schnell die Uniform ablegen und ab nach Hause fahren wollen. "Habe schon seit Jahren keinen Soldaten mehr in der Öffentlichkeit gesehen, außer im Fernsehen bei Einsätzen", bemängelt er.

"Ausgerechnet SO wollen wir Deutsche NICHT mehr erscheinen"

t-online-Leser Gerd Bruder äußert sie zum Thema wie folgt: "Auch ich als ehemaliger Reserveoffizier der Marine muss gestehen, mit den Bildern des Zapfenstreichs zu fremdeln. Bilder von Fackeln tragenden Frauen und Männern mit Stahlhelmen in langen grauen Mänteln. Mit unbewegten, wie versteinert wirkenden Gesichtern. Quasi wie Zinnsoldaten, die in exakt ausgerichteter Kolonne in gleichförmigem Schritt ('Gleichschritt') ähnlich vormals preußischen Grenadieren vor dem Reichstagsbau paradierten. Ausgerechnet SO wollen wir Deutsche doch gerade NICHT mehr erscheinen – und unsere inzwischen aus dem Ausland zugewanderten Mitbürger wohl ebenso wenig."

Verwendete Quellen
  • Einsendungen von t-online-Lesern
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