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Entscheidung in der CSU: Horst Seehofer regelt sein politisches Erbe


Entscheidung in der CSU
Seehofer regelt sein politisches Erbe

Von dpa, cwe

Aktualisiert am 23.11.2017Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer äußert sich am Donnerstag zu seiner politischen Zukunft.Vergrößern des BildesHorst Seehofer äußert sich am Donnerstag zu seiner politischen Zukunft. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)

Es ist der Tag der Entscheidung: Endet Horst Seehofers Karriere als CSU-Patriarch und Ministerpräsident? Eines will er auf jeden Fall vermeiden: am Ende als Verlierer dazustehen.

Nach dem Aus für Jamaika und wochenlangen parteiinternen Machtkämpfen will CSU-Chef Horst Seehofer am Donnerstag seine Zukunftspläne bekanntgeben. Nach der Sitzung der Landtagsfraktion am Mittag ist für 18.00 Uhr eine Sitzung des Parteivorstands angesetzt.

Der Vorstand sei "der richtige Platz" zur Bekanntgabe seiner Pläne und Vorschläge, hatte Seehofer zuletzt gesagt. Allerdings drang bereits am frühen Nachmittag nach außen, wie eine mögliche Lösung im CSU-Machtkampf aussehen könnte.

Nach der Fraktionssitzung berichtete der Bayerische Rundfunk, Seehofer wolle nicht erneut für das Amt des Ministerpräsidenten antreten, Parteichef wolle er bleiben. Neuer Regierungschef in München solle Seehofers parteiinterner Rivale Markus Söder werden. Allerdings kam aus der CSU umgehend ein Dementi. Die Entscheidung solle erst vor dem Parteitag Anfang Dezember fallen.

Weiter Parteichef, Bundesminister oder Politik-Aus?

In der CSU wird seit dem Absturz auf nur noch 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl mit Spannung erwartet, ob Seehofer noch einmal als Parteichef und Landtags-Spitzenkandidat antreten will - oder ob er eines seiner Ämter oder beide früher als geplant abgibt. Der Druck ist enorm: Die Junge Union etwa fordert offen den Rückzug des 68-Jährigen als Ministerpräsident spätestens zur Landtagswahl.

Die Wahl des Parteivorstands steht auf dem Parteitag im Dezember an. Als denkbares Szenario galt zuletzt vor allem, dass Seehofer noch einmal als Parteichef antreten und auch seine Amtszeit in Bayern bis Herbst 2018 ausfüllen will, aber nicht wieder Spitzenkandidat werden will. Die Spitzenkandidatur dürfte in einem solchen Fall auf Söder, zulaufen. Ausgeschlossen wurden aber auch andere Varianten nicht: etwa ein Wechsel Seehofers ins nächste Bundeskabinett - oder dass er ganz aufhört.

Seehofer will nicht als Verlierer dastehen

Selbst die heftigsten Provokationen seiner Kritiker hatten Seehofer während der Jamaika-Verhandlungen in Berlin nicht aus der Reserve locken können. "Ich fühle mich eigentlich pudelwohl, sauwohl, möchte ich fast sagen. Das kommt bei mir immer so: Wenn's etwas spannender wird, steigert sich meine Befindlichkeit noch zum Positiven", umschrieb der 68-Jährige am Tag nach der CSU-Wahlpleite seine Gemütslage.

"Ich bin ein freier Mensch, und als solcher agiere ich auch. Ohne Ängste oder Alpträume", erklärte Seehofer nach der Bundestagswahl. "Er ist in den Wochen in Berlin regelrecht aufgeblüht, das hat ihm gut getan", bestätigt einer seiner wenigen Vertrauten in München. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Druck und die Dauerkritik nicht spurlos an ihm vorbeigehen. "Es wäre ja schlimm, wenn das keine Spuren bei einem hinterlässt und einfach abperlt", räumte Seehofer ein.

Für ihn geht es jetzt um seine politische Zukunft und sein politisches Erbe. In den CSU-Geschichtsbüchern will er nicht als derjenige stehen, der nach der historischen Wahlpleite vom Hof gejagt wurde. In seiner mehr als 45-jährigen Laufbahn hat er schon viele Schlachten geschlagen. Oft war er es, der seine Gegner in die Ecke trieb und Positionen durchboxte.

Dafür zahlt er einen hohen Preis: "Ich gehe ständig an die Grenze dessen, was man sich körperlich zumuten kann", sagte er einmal. 2002 erlitt er eine Herzmuskelentzündung, die ihn fast das Leben kostete. Privat habe er kaum Zeit für Freunde oder Hobbys. "Das ist sehr, sehr schmerzhaft. Aber man kann nicht Ministerpräsident sein, Parteivorsitzender sein, in Berlin mitregieren, in München regieren und dann noch ein großes Ausmaß an Freizeit haben."

Erfolg der CSU als Machtgrundlage

Seine Gegner hat Seehofer nicht immer sanft behandelt, bis heute schreckt er auch vor lautstarkem Streit mit seinen eigenen Leuten nicht zurück. Seine Kritiker werfen ihm einen autokratischen Regierungsstil vor: dass er ein gnadenloser Populist sei und seinen Kurs ändere wie eine Fahne im Wind - der angeblichen "Koalition mit den Bürgern" zuliebe.

Seinen Habitus konnte sich Seehofer in den vergangenen Jahren nicht nur deshalb erlauben, weil er in der CSU die beiden wichtigsten Ämter innehat, sondern auch, weil er seit 2013 mit einer fast unerschöpflichen Autorität ausgestattet war. Immerhin war er es, der der CSU 2013 wieder zur absoluten Mehrheit verhalf. Jetzt könnte ihm genau dieser Anspruch der Partei zum Verhängnis werden, denn letztlich folgt die Basis nur dem Chef, dem die absolute Mehrheit zugetraut wird.

Hinzu kam eine bundespolitische Wirkungskraft, wie Seehofer es gerne selbst nennt, wie einst zu Zeiten von Franz Josef Strauß. Zu spüren bekam dies immer wieder auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), vor allem im Streit über die Flüchtlingspolitik und die Obergrenze. Unvergessen ist der CSU-Parteitag 2015, als er Merkel wie ein Schulmädchen aussehen ließ.

Seehofer wollte Söder verhindern

Doch Seehofers Machtarchitektur ist mit der Bundestagswahl stark ins Wanken gekommen. Für seine vielen Kritiker vor allem aus der Landtags-CSU ist die Ära Seehofer vorbei, ist es Zeit für einen Generationenwechsel. Das war einst auch Seehofers eigener Plan: 2015 kündigte er an, bis zur Landtagswahl 2018 einen geordneten Übergang der Macht organisieren zu wollen. Im April dieses Jahres kam dann der Rücktritt vom Rücktritt.

Über die Gründe wird viel spekuliert, am Ende dürfte es eine Mischung aus mehreren Faktoren sein: ein aus Seehofers Sicht ungeeigneter Bewerber um die Nachfolge namens Markus Söder, eigenes Machtinteresse, Sorge um die Partei. Und als reiche dies nicht aus, kommt im anstehenden Kampf um die Verteidigung der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl 2018 auch noch die Auseinandersetzung mit einer Partei hinzu, die der CSU schon bei der Bundestagswahl viele Wähler abgeluchst hat: die AfD.

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