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Tagesanbruch: Der größte Skandal Deutschlands


Tagesanbruch
Was heute wichtig ist

Meinung von Florian Harms

17.05.2018Lesedauer: 5 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
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Quelle: Ulrich Baumgarten/dpa-bilder

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

12.000.000.000.000. Erkennen Sie diese Zahl? Können Sie sie lesen? Ich gestehe: Ich nicht. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. So geht es leichter: Zwölf Billionen Euro. So viel, oder genauer: sogar noch etwas mehr besitzen die deutschen Privathaushalte jetzt in diesem Moment, während Sie vielleicht Ihren ersten Kaffee trinken oder schon in der Bahn sitzen und den Tagesanbruch lesen. Und sich dann vielleicht fragen: Wie viel besitze ich eigentlich?

Ich nehme jetzt einfach mal an, dass Sie nicht zu den 101 Milliardären in diesem Land gehören. Vielleicht besitzen Sie ja alles in allem, Kredite und so weiter abgezogen, rund 60.000 Euro. Dann entsprächen Sie exakt dem Durchschnitt der deutschen Bevölkerung. Sagt die Bundesbank.

Doch in Wahrheit ist diese Zahl krumm, wie mein Kollege Lars Wienand eindrucksvoll zeigt. In Wahrheit ist Deutschland ein Land, in dem sich die Schere immer weiter öffnet: zwischen wenigen Reichen und vielen Menschen, die zu wenig Geld für Wohnung, Essen, Kinder, Auto, Urlaub und das eine oder andere Vergnügen haben.

Das müsste nicht so sein. Deutschland geht es blendend, die Wirtschaft brummt. Aber wir Bürger profitieren in sehr unterschiedlichem Maße davon, und das liegt nicht nur daran, ob wir tüchtig oder träge, mehr oder weniger gescheit sind. Es liegt daran, dass viele Spielregeln in unserem Land ungerecht sind. Und die entscheidenden Spielregeln werden von der Bundesregierung und den Parteien in Bundestag und Bundesrat gemacht. Seit Jahren tut die Politik zu wenig gegen die Explosion der Mieten, die Steuertricks von Großkonzernen, die Benachteiligung von Familien, unterschiedliche Bildungschancen, die Altersarmut.

Wenn Sie jetzt denken: Das ist doch ein bodenloser Skandal!, dann werde ich Ihnen nicht widersprechen. Sondern noch eins draufsetzen: Dieses jahrelange Versagen ist der wohl größte Skandal in unserem Land.

Apropos: Wie aus Reichtum Macht wird, sehen Sie in diesem eindrucksvollen wdr-Film.

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Ach ja, und dann war da gestern noch dieser unsägliche Satz der AfD-Politikerin Alice Weidel im Bundestag. Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble hat ihn zum Glück gerügt. Und mein Kollege Daniel Schreckenberg hat alles gesagt, was es dazu noch zu sagen gibt.

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WAS STEHT AN?

Schon mehrfach habe ich im Tagesanbruch über die schlechte Luft in deutschen Großstädten geschrieben, über den Abgasskandal, über die Tricks der Autokonzerne, sich vor der Verantwortung zu drücken – und über die EU, die, anders als die Bundesregierung, versucht, die Interessen der Bürger zu wahren.

Heute ist es so weit: Die EU-Kommission will entscheiden, ob sie Deutschland wegen der schlechten Luft in vielen Innenstädten vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Sie belässt es aber nicht dabei, sondern macht zugleich konstruktive Vorschläge für den Klimaschutz:

Erstmals sollen Hersteller von Lastwagen verpflichtet werden, den CO2-Ausstoß zu senken. Und Europa soll eine eigene Batterieproduktion für E-Autos bekommen. Die Beamten in Brüssel machen also den Job, den die Politiker in Berlin nicht machen: uns Bürger zu schützen. Gut, dass es die EU gibt.

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Wie geht es nun weiter mit Trump und Kim? Platzt der geplante Gipfel in Singapur? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold sagt: Der Schlingerkurs in Sachen Nordkorea ist typisch für Trumps Außenpolitik: Mit riskanten Alleingängen bringt der US-Präsident zunächst Bewegung ins Spiel – doch der Teufel steckt dann eben im Detail. Und dabei ist Trumps Mannschaft aus zwei Gründen überfordert:

  • zum einen, weil Trump gleich mehrere komplizierte Fronten aufgemacht hat: Handelsstreit mit Europa und China, Eskalation im Nahen Osten mit neuer Israel- und Iran-Politik – und nebenbei auch noch die Gipfeldiplomatie mit Kim.
  • zum anderen, weil an entscheidenden Stellen im US-Regierungsapparat riesige Lücken klaffen: Es fehlen schlicht die Fachleute.

Welche gravierenden Folgen das hat, erklärt unser Korrespondent heute Vormittag auf t-online.de.

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Noch immer ist der Nahe Osten in Aufruhr, aber wir sollten nicht nur die Explosionen sehen, sondern genauer hinschauen. Die Geschichten hinter den Bildern wahrnehmen. Verstehen, wie es zur Gewalt kommt.

Vielleicht so: Wer einen Hammer hat, für den sieht alles wie ein Nagel aus. Schon bei der Wahl des Werkzeugs entscheidet man sich für ein Vorgehen. Das kann weitreichende Folgen haben – vor allem, wenn man eine Regierung ist und das "Werkzeug" die Einsatzkräfte in einer Krise. Wer Scharfschützen postiert, tut das, damit sie scharf schießen. Sagt ein israelischer Scharfschütze und weist auf das eigentlich Selbstverständliche hin: Mit Soldaten, die dazu ausgebildet sind, Präzisionsgewehr und Zielfernrohr zu benutzen, stoppt man keinen Protest. Ihre Aufgabe ist es, im Ernstfall zu töten. Die Einsatzregeln allerdings unterscheiden sich, erzählt der ehemalige Elitesoldat: Ein Palästinenser, der eine Bedrohung darstellt, wird sofort zum Ziel. Einen israelischen Siedler, der zur Gefahr für die Soldaten wird, lässt man am besten das Magazin leer schießen. Mehr in diesem Interview – einer kurzen Geschichte über das Töten.

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Heute Morgen in der beschaulichen Stadt Karlsruhe: Der ehrenwerte Bundesgerichtshof verhandelt über eine bemerkenswerte Frage: Darf eine Brauerei auf ihre Flaschenetiketten drucken, dass der Inhalt "bekömmlich" ist? Auf keinen Fall, sagt der Kläger (irgend so ein sozialer Verband), die Käufer könnten ja denken, dass Bier ungefährlich sei, dabei sei es doch gesundheitlich bedenklich, Alkohol drin und so. Der irgend so eine Verband ließ den Aufdruck per einstweiliger Verfügung verbieten.

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Ich meine: Gesundheitsschutz ist wichtig. Und Transparenz bei der Bewerbung von Lebensmitteln auch. Aber manchmal frage ich mich schon, ob wir in diesem Land vielleicht nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen müssen. Und ahne: Nicht nur ich finde ein Bierchen überaus bekömmlich.

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WAS LESEN?

Datenschutzgrundverordnung. Kompliziertes Wort, komplizierte Sache. Und ziemlich wichtig, weil sie eine ganze Menge im Verhältnis zwischen Bürgern, Unternehmen und Behörden verändert. Eines steht fest: Anwälte sind jetzt schon die großen Gewinner der DSGVO. Sage nicht ich, sagt ein Anwalt: Niko Härting ist ein scharfer Kritiker des neuen europäischen Gesetzes. Seiner Meinung nach öffnet es dubiosen "Abmahnkanzleien" Tür und Tor. Tatsächlich ist das Gesetz an vielen Stellen mehrdeutig formuliert und wirft zahlreiche Fragen auf. Den Blogger Enno Park treibt es schier zur Verzweiflung. Zugleich wabern allerlei Gerüchte über die DSGVO durchs Netz. Vielleicht fragen auch Sie sich, ob Sie künftig noch Fotos im öffentlichen Raum machen oder in sozialen Medien posten dürfen. Dann empfehle ich Ihnen die praktische Übersicht meiner Kollegin Laura Stresing.

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Die Idee ist ja grundsätzlich gut: Die Beamten des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf in Berlin wollten mit einer Broschüre "starke Frauen" ehren. Doch wie kamen sie dabei ausgerechnet auf Hilde Benjamin? Auch bekannt als "Rote Guillotine", "Rote Hilde" oder "Blutige Hilde", hat die DDR-Richterin drastische Zuchthaustrafen von insgesamt 550 Jahren, 15 Mal lebenslänglich und zwei Todesurteile ausgesprochen. Mein Kollege Stefan Rook ist der Sache nachgegangen.

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WAS AMÜSIERT MICH?

Im Internet tobt mal wieder ein Glaubenskrieg. Ausgelöst hat ihn ein Wort. Ein Name wie jeder andere. Wenn Sie ihn hören, kann es allerdings sein, dass Sie etwas vollkommen anderes hören als Ihre Frau, Ihr Mann, Ihr Freund, Ihre Kollegin oder jeder x-beliebige andere. Wie um Himmels willen kann das sein? Hören Sie es sich doch mal an – und lesen Sie die Erklärung des Rätsels von unserem Audio-Redakteur Marc Krüger.

Ich wünsche Ihnen einen Tag ohne Missverständnisse.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: harms.chefredaktion@t-online.de

Mit Material von dpa.

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