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Tagesanbruch: Europawahl – jetzt sind wir alle gefordert


Was heute wichtig ist
Jede Stimme zählt

MeinungVon Florian Harms

08.05.2019Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Demonstration pro Europa in Berlin.Vergrößern des Bildes
Demonstration pro Europa in Berlin. (Quelle: Ralf Hirschberger/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Mannomannomann, welch ein Spiel!

WAS WAR?

Da verlieren die das Hinspiel 0:3, müssen auf zwei ihrer besten Leute verzichten, haben den Zauberer Messi zum Gegner – und dann schaffen sie tatsächlich im Rückspiel ein 4:0! Gegen die Zaubermannschaft aus Barcelona! Welch eine herausragende Leistung des FC Liverpool. Jede Wette: In dieser Verfassung gewinnen die das Champions-League-Finale. Bleibt nur die Frage: Wann wird der Klopp endlich Bundestrainer und lässt unsere Nationalelf auch mal wieder zaubern?


WAS STEHT AN?

Die internationale Politik als Minenfeld zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Für Deutschland birgt sie derzeit allerdings besonders viel Sprengstoff. Der wichtigste Verbündete im Westen: so unberechenbar, dass dessen Außenminister einen lange geplanten Besuch absagt. Im Südosten: der Autokrat vom Bosporus. Noch weiter südlich: der Dauerbrandherd Naher Osten und das unsichere Nordafrika. Im Osten: ständiges Tauziehen mit Putin. Noch weiter östlich: China auf dem Weg zur totalitären Weltmacht.

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In so einer Lage kann Deutschland nicht alleine bestehen. Es braucht verlässliche Partner, die unsere Werte teilen, unsere Wirtschaft stärken, unsere politischen Pläne unterstützen. Es braucht eine starke Europäische Union. Ja, das Bündnis ist nicht in bester Verfassung und ja, immer wieder schütteln wir den Kopf über manche Entscheidungen in Brüssel. Natürlich wissen wir, dass die EU sich reformieren muss. Aber wir spüren auch die Angst, dass die Orbans, Salvinis, Baudets und Le Pens die Pfeiler der Union schleifen, bevor diese sich erneuern kann. Und das ist genau der richtige Moment, uns die Bedeutung der EU bewusst zu machen.

Einer, der dafür nur wenige Sätze braucht, ist Armin Laschet, Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens und als Kanzleranwärter vielleicht eine Alternative zu Annegret Kramp-Karrenbauer. “Europa – das ist unser Leben“, hat er meinem Kollegen Johannes Bebermeier und mir in den Block diktiert, als wir uns gestern mit ihm unterhielten. “Unser Wohlstand hängt von Europa ab. Der gemeinsame Binnenmarkt ist der Grund, warum Deutschland so stark dasteht.“ Das bestätigt eine heute Morgen veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung: Dank der EU haben wir höhere Einkommen.

Aber nicht nur darum geht es am 26. Mai. “Bei dieser Europawahl wird darüber entschieden, ob das, was in 70 Jahren gewachsen ist – Frieden, Sicherheit und der Wohlstand – auch in Zukunft bewahrt bleibt, oder ob Populisten es schaffen, dieses europäische Modell zu zerstören, so dass wir in den Nationalismus zurückfallen“, sagt Laschet in unserem Interview, das Sie heute Mittag auf t-online.de lesen. “Jeder Wähler muss sich vor der Wahl – nicht wie die Briten beim Brexit erst nach der Abstimmung – darüber im Klaren sein: Europa hat uns sehr viel Gutes gebracht, und wir müssen es verteidigen.“

Die Verteidigung beginnt in der Wahlkabine. Also nehmen wir doch diese Wahl ernst und unser demokratisches Stimmrecht wahr. 43 Prozent Beteiligung, wie vor fünf Jahren, sind viel zu wenig. Mit einer starken Teilnahme zeigen wir: Die EU ist uns etwas wert. Falls Sie noch rätseln, wo Sie Ihr Kreuzchen machen sollen, finden Sie hier eine Entscheidungshilfe. Dauert nur fünf Minuten.


Manche Tage im Kalender haben eine besondere Bedeutung in der Geschichte unseres Landes. Heute ist ein solcher Tag. Der Krieg, der Europa und die Welt ins Verderben stürzte, ging am 8. Mai 1945 zu Ende. Die Herrschaft der Nazis war gebrochen, die Menschen in Konzentrationslagern wurden befreit, die kruden Lehren vom Herrenmenschentum landeten auf dem Müllhaufen der Geschichte. An diesem Tag mischt sich die Freude über das Ende des Entsetzens mit dem Eingeständnis der Schuld, die Deutschland unter dem Hakenkreuz auf sich geladen hat.

Angesichts dieses epochalen Einschnitts könnte man fast vergessen, dass es nur wenige Jahre später ein zweites Ereignis gab, dem der heutige Tag Bedeutung verdankt. Am 8. Mai 1949 beschloss der Parlamentarische Rat die Leitlinien, die unserem Staat seine heutige Form gaben. Verfassung wollte man das Regelwerk nicht nennen, denn die Menschen im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands und im Saarland hatten an der Ausarbeitung nicht teilnehmen können. Also nannte man das Werk schlicht Grundgesetz. Kaum zu fassen, dass nur vier Jahre, nachdem Braunhemden, Blockwarte und Volksstürmer das Leben in Deutschland beherrscht hatten, eine dermaßen beeindruckende weltanschauliche Wende gelang.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes fackelten nicht lange. Schon im ersten Artikel schlugen sie Pflöcke ein, die für die Ewigkeit gemacht sind: "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Den Respekt in diesen Worten würde man sich heute in mancher hasserfüllten Diskussion auf Facebook wünschen. Keine Silbe im ersten Satz unserer Verfassung ist übrigens allein auf deutsche Staatsbürger zugeschnitten. Er gilt für jeden, auch wenn er auf einem Schlauchboot übers Mittelmeer gekommen ist.

Die Artikel unseres Grundgesetzes sind keine Sprüche fürs Poesiealbum. Und auch nicht bloß das Handwerkszeug für Gesetzgeber und Juristen. Wir können sie uns täglich zum Vorsatz nehmen. Hier eine Kostprobe: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Sätze wie ein Donnerhall. Heute dürfen wir sie feiern. Aber auch an jedem anderen Tag stolz auf sie sein.

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Südafrika galt einst als Hoffnung für den ganzen Kontinent. Doch 25 Jahre nach Überwindung der Apartheid kämpft das Land gegen den Absturz: Die Wirtschaft geht runter, Korruption und Arbeitslosigkeit gehen rauf. Entsprechend gereizt ist die Stimmung bei der heutigen Parlamentswahl. Die Regierungspartei ANC hofft auf einen erneuten Sieg, schließlich sollen ihre Abgeordneten Präsident Cyril Ramaphosa wiederwählen. Doch Oppositionschef Mmusi Maimane macht ihm das Leben schwer. Die Kollegen des “Tagesspiegel“ haben die Stimmung vor Ort eingefangen.


Die vorpommersche Kleinstadt Demmin hat eine düstere Geschichte. Beim Einmarsch der Roten Armee Ende des Zweiten Weltkriegs nahmen sich dort Hunderte Bürger das Leben (mehr dazu hier). Rechtsextremisten missbrauchen das Gedenken an den Massen-Suizid jedes Jahr für ihre widerwärtigen Kampagnen. Dagegen demonstriert heute Nachmittag ein Aktionsbündnis mit einem Friedensfest.


Die Kirchen tun sich schwer, junge Menschen zu begeistern. Die junge Generation könne “allein von der Kanzel aus nicht mehr erreicht werden“, verkündet das Erzbistum Köln. Soziale Medien hingegen hätten “ein großes Potenzial für die Gemeindearbeit“. Deshalb sollen werdende Priester ab sofort “Nachhilfe in Instagram, YouTube und Bloggen“ bekommen und in einem Workshop “zu Influencern ausgebildet“ werden. Nichts gegen die Kirche und nichts gegen soziale Medien, aber wenn ich mir so manchen Gottesdienst anhöre, habe ich den Eindruck: Da könnte ein bisschen mehr Ausbildung auch nicht schaden.


Es gibt Melodien, die brauchen wir nur einmal zu hören, um sie nie mehr zu vergessen. Der Mann, der heute 70 Jahre alt wird, hat so eine Melodie komponiert. 46 Jahre ist das jetzt her, aber in Wahrheit ist sie zeitlos. Sage ich – und behaupte, dass Sie das auch sagen, wenn Sie sich diese Aufnahme aus dem Jahr 1973 anhören.


WAS LESEN?

Ich gestehe: In Mathe bin ich eine Niete. Die Erinnerung an die Abiturprüfung bereitet mir noch heute Magengrimmen. Damit bin ich nicht allein: In mehreren Bundesländern haben jetzt Tausende Schüler protestiert, weil die Aufgaben im Mathe-Abi viel zu schwer gewesen seien. Wenn ich mir die Aufgabenzettel anschaue, kann ich nur sagen: Die haben sowas von Recht – so wahr sieben mal acht 55 ist!


Ich bin nicht nur eine Niete in Mathe, ich muss mich auch entschuldigen: Bei den Lesetipps im gestrigen Tagesanbruch waren die Verlinkungen nicht korrekt, daher trete ich zum zweiten Versuch an: Das Interview zu den Hintergründen von Donald Trumps Handelsstreit mit China lesen Sie hier. Und die Analyse unseres Kolumnisten Gerhard Spörl zu neuen politischen Impulsen in Merkels Spätphase finden Sie hier.


WAS AMÜSIERT MICH?

So eine Autokratie wie in der Türkei, die hat auch ihr Gutes.

Ich wünsche Ihnen einen optimistischen Tag.

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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