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Tagesanbruch: Der größte Verlierer beim FC Bayern ist Uli Hoeneß


Was heute wichtig ist
Der größte Verlierer ist Uli Hoeneß

MeinungVon Florian Wichert

04.11.2019Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Uli Hoeneß.Vergrößern des Bildes
Uli Hoeneß. (Quelle: Michael Weber/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Miese Ergebnisse, interne Querelen, falsche Personalentscheidungen, Endzeitstimmung, Zukunftsängste und ein schwaches Bild in der Öffentlichkeit – dafür standen in den vergangenen Wochen und Monaten in Deutschland eigentlich vor allem die CDU und die SPD.

Doch auch im Fußball gibt es einen taumelnden Riesen, der am Wochenende noch mal heftig stolperte: den FC Bayern München.

Gestern Abend um 20.52 Uhr veröffentliche der Deutsche Rekordmeister die Pressemitteilung zum Aus für Trainer Niko Kovac auf seiner Homepage – nachdem es den ganzen Tag über noch danach ausgesehen hatte, dass der 48-Jährige weitermachen darf. Trotz der 1:5-Niederlage bei seinem Ex-Verein Eintracht Frankfurt am Samstag und dem Negativtrend der vergangenen Wochen. Das darf er nun doch nicht.

Es ist eine Trennung im "gegenseitigen Einvernehmen" laut der Pressemitteilung (hier im Wortlaut), in der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Kovac selbst zitiert werden. Der Trainer hat offenbar seinen Rücktritt angeboten. Seine Worte zeugen von Größe: "Ich denke, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für den Klub ist." Schade, dass es der sympathische und ehrliche Kovac am Ende nicht geschafft hat.

Auffällig ist, dass nur einer in dieser Pressemitteilung nicht zitiert wird: Uli Hoeneß. Er ist der größte Verlierer der Kovac-Trennung. Hoeneß hatte Kovac als Trainer vor eineinhalb Jahren gegen Bedenken von Rummenigge durchgedrückt. Er war der Einzige, der Kovac immer wieder in Schutz nahm und "bis aufs Blut" verteidigen wollte, während Rummenigge den Trainer öffentlich infrage stellte und unter Druck setzte.

Für Hoeneß ist es ein bitteres Ende einer bitteren Amtszeit von 2016 bis 2019. In der kommenden Woche am 15. November wird Hoeneß sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender abgeben. Nach 40 Jahren als Manager und Klubboss – abzüglich seiner Zeit im Gefängnis. Umso wichtiger war es ihm, bis zum 15. November eines unbedingt zu vermeiden: eine Trainerentlassung.

Doch leider ist das symptomatisch für die vergangenen drei Jahre.

Denn Hoeneß hatte sein Gespür für die richtigen Aussagen zur rechten Zeit verloren. Seine einst gefürchteten Attacken kamen wie ein Bumerang zurück. Er bepöbelte auf einer völlig missglückten Pressekonferenz Ex-Bayern-Spieler Juan Bernat ("Er hat Scheißdreck gespielt und hätte uns fast die Champions-League-Saison gekostet") oder Weltmeister Mesut Özil ("Er hat seit Jahren einen Dreck gespielt") nach dessen Rücktritt aus der Nationalmannschaft.

Im November 2018 rechnete ein Bayern-Mitglied bei der Jahreshauptversammlung in einer elfminütigen Rede mit Hoeneß ab, warf ihm unter anderem falsche Personalentscheidungen vor. Ein schwerer Schlag, wie er später zugab.

Auch die großspurigen Ankündigungen von Hoeneß entpuppten sich als leere Worthülsen. Er kündigte eine Transfer-Offensive im TV an mit den Worten "Wenn Sie wüssten, wen wir schon sicher haben". Es folgte: nichts.

Er zettelte einen Streit mit dem Deutschen Fußball-Bund an und drohte, keine Spieler mehr abstellen zu wollen, weil er das Gefühl hatte, dass Bayern-Torwart Manuel Neuer nicht ausreichend Rückendeckung im Duell mit Herausforderer Marc-André ter Stegen bekam. Den DFB-Bossen rang das nur ein Schmunzeln ab, weil die Vereine verpflichtet sind, Spieler abzustellen. Selbst Bayern-Fans schlugen die Hände über dem Kopf zusammen.

Hoeneß wollte einen perfekt aufgestellten FC Bayern an seinen Nachfolger Herbert Hainer übergeben. Jetzt hat der Verein nicht mal mehr einen Trainer. Der Kader besteht aus nur 13 gestandenen Feldspielern, wenn man die Talente, die Verletzten und den am nächsten Wochenende gesperrten Boateng abzieht. Und die Frage, wie der Verein mit der übermächtigen und finanzkräftigen Konkurrenz in Europa in den nächsten Jahren mithalten soll, ist weiterhin unbeantwortet.

Womöglich wäre es für alle besser gewesen, wenn Hoeneß nach dem Gefängnis nicht zum FC Bayern zurückgekehrt wäre.


WAS STEHT AN?

Er war eine der wenigen Konstanten im Brexit-Theater der letzten drei Jahre. Seit mehr als zehn Jahren ist John Bercow britischer Parlamentspräsident. Heute legt er sein Amt offiziell nieder. Das Unterhaus stimmt über die Nachfolge ab. Von 10.30 bis 11.30 Uhr dürfen die Abgeordneten Kandidaten nominieren, gegen 15.30 Uhr ist Wahlbeginn. Ein Kandidat muss dabei mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten oder der letzte Kandidat sein, der im Verfahren übrig bleibt.

Wer hat die besten Chancen? Da die Regierung von Premierminister Boris Johnson keine Mehrheit im Unterhaus hat, wird es wohl wieder ein aus ihrer Sicht unangenehmer Parlamentspräsident. Der Labour-Abgeordnete Lindsay Hoyle, bisher Vize-Sprecher, und Harriet Harman, die dienstälteste Parlamentarierin, sowie die Konservative Eleanor Laing gelten als Favoriten.

Mal sehen, ob sie auch so inbrünstig "Order" brüllen können wie ihr Vorgänger.


Eigentlich sollte heute Abend der koalitionsinterne Streit über die Grundrente beigelegt werden. Eigentlich. Denn gestern wurde das geplante Spitzentreffen der Koalition kurzfristig auf den 10. November verschoben. Einigkeit besteht zwischen Union und SPD darüber, dass alle, die 35 Jahre Beitragszeit aufweisen, eine Rente zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung bekommen. Allerdings streiten Union und SPD seit Monaten darüber, wer genau den Rentenaufschlag erhalten soll. Die Union pocht auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit, die SPD lehnt dies ab.

Nachdem sich die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer optimistisch bezüglich einer Einigung gezeigt hatte, kommen aus der CDU ganz andere Töne. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bezeichnete gestern Abend in der ARD-Sendung "Anne Will" das Besprochene als "noch nicht ausgereift genug, dass wir es vertreten können. Deswegen brauchen wir jetzt noch Zeit." Klingt nach einer weiteren Runde. Mindestens.


Der Mauerfall vor 30 Jahren am 9. November 1989: Er wird die Berichterstattung in dieser Woche auf t-online.de maßgeblich prägen. Ab heute ist beispielsweise meine Kollegin Madeleine Janssen mit Außenminister Heiko Maas in Budapest und wird von dort berichten. Maas trifft seinen ungarischen Kollegen Peter Szijjarto sowie Zeitzeugen der Vorgänge um den Mauerfall. Ungarn hatte 1989 Zehntausende DDR-Bürger in den Westen ausreisen lassen. Der ungarische Malteser-Orden, dessen Mitarbeiter von damals Maas treffen will, half bei der Unterbringung von DDR-Bürgern. Heute ist das Verhältnis zwischen Berlin und Budapest abgekühlt. Ministerpräsident Viktor Orban ist gegen die Flüchtlings- und Asylpolitik der Bundeskanzlerin Angela Merkel.


Berlin erinnert mit einer Festivalwoche an den Fall der Mauer. Heute ab 17.30 Uhr spricht dazu Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller auf dem Alexanderplatz, wo vor genau 30 Jahren am 4. November 1989 Hunderttausende Ostdeutsche für Meinungsfreiheit und Demokratie demonstriert hatten. Das war wenige Tage vor dem Mauerfall die größte Massendemonstration in der DDR-Geschichte. Unter dem Motto "7 Tage – 7 Orte" sind bis zum 9. November an authentischen Berliner Orten der friedlichen Revolution Lesungen, Installationen, Zeitzeugen-Gespräche, Info-Pavillons, Filme und Ausstellungen geplant.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Tausende DDR-Bürger strömen zur Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße in Ost-Berlin – es ist der Abend des 9. November 1989. Dort trägt Oberstleutnant Harald Jäger die Verantwortung. Die Menschen verlangen Zutritt nach West-Berlin, wie es ihnen ZK-Mitglied Günter Schabowski gerade erst in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz verheißen hat.

Die Situation ist angespannt. Jäger, Mitarbeiter der Staatssicherheit und stellvertretender Leiter der Passkontrolleinheit an der Bornholmer Straße, ist auf sich allein gestellt. Und trifft eine Entscheidung. Er öffnet die Berliner Mauer, die Menschen strömen gen Westen. Der Eiserne Vorhang ist gefallen.

Wie hat es sich angefühlt, die Mauer zu öffnen? Das ist eine von vielen Fragen, die Harald Jäger nun für t-online.de beantwortet hat. Die Fragen haben wir vorab von Ihnen, unseren Lesern, über die Homepage, per E-Mail, Facebook und Instagram eingesammelt. Sandra Sperling, Marc von Lüpke, Arno Wölk und Axel Krüger haben Jäger daraufhin getroffen. Herausgekommen ist eine spannende Folge unseres Formats "Frag mich".


"Es hat furchbar genervt und sich alles nur noch im Kreis gedreht", so beschreibt Angelika Mann das Leben als Künstlerin in der DDR. Die 70-Jährige hat eine bewegte Vergangenheit. Sie unterschrieb damals die Biermann-Erklärung, sorgte mit ihrem Ausreiseantrag für Aufsehen in der DDR und verließ sie 1985. Heute steht sie noch immer und mittlerweile seit 50 Jahren auf der Bühne und spricht im Interview mit meinen Kollegen Martin Trotz und Nicolas Lindken über eine DDR, die sie "depressiv gemacht" hat – sowie über ihr Leben danach als gesamtdeutsche Künstlerin.


Und auch diese Geschichte befasst sich mit dem Mauerfall. Genauer: Mit der Revolution, die schließlich zur Wende führte und die nicht nur von Berlin und Leipzig ausging. Im tiefsten Sachsen, in Oschatz, setzten sich die Menschen ebenso für die Freiheit ein. 30 Jahre später fühlen sie noch immer die Euphorie jener Tage im Herbst 1989, die alles veränderten. David Ruch hat sie getroffen und ihre Geschichte aufgeschrieben.


DIE GUTE NACHRICHT

Von dieser Souveränität können die Fußballer derzeit nur träumen. Die deutschen Hockey-Nationalteams haben ihre letzte Qualifikationshürde genommen und sich für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio qualifiziert. Die Männer mit Interims-Bundestrainer Markus Weise setzten sich deutlich mit 5:0 und 5:3 gegen Österreich durch, die Frauen gegen Italien mit 2:0 und 7:0. Der Weg ist frei für erneute Medaillen in diesem tollen Sport.


WAS AMÜSIERT MICH?

Das 1:5 des FC Bayern München bei Eintracht Frankfurt in einem Bild?


Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Start in die Woche. Morgen schreibt an dieser Stelle wie gewohnt Florian Harms für Sie.

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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