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Das Schicksal von Prinzessin Latifa von Dubai: Grauen hinter Glitzerfassaden


Tagesanbruch
Die Abgründe hinter den Glitzerfassaden

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 18.02.2021Lesedauer: 5 Min.
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Die Abgründe hinter den Glitzerfassaden: In einem Video soll Prinzessin Latifa heimlich aus ihrer Haft berichten. (Quelle: Reuters)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es war einmal... So geht es im Tagesanbruch selten los, aber heute ist es so weit. Es war einmal eine Prinzessin, die Tochter eines unglaublich reichen Scheichs, die sehr unglücklich war. Eines Tages packte sie heimlich ihre Siebensachen, um gegen den Willen ihres Vaters in die Fremde zu ziehen. Sie schlich sich auf ein Boot und fuhr weit aufs Meer hinaus, doch die Häscher des Herrschers folgten ihr und holten sie bald ein. Der böse Scheich ließ die aufsässige Tochter in einen seiner Paläste werfen. Dort hielt er sie gefangen, und die Jahre gingen ins Land. Während ihr Vater rauschende Feste feierte und sich überall auf der Welt mit großem Pomp empfangen ließ, fiel die eingesperrte Prinzessin dem Vergessen anheim. Bis vorgestern.

Nein, ein Märchen ist das nicht. Die Prinzessin, die Flucht per Boot, der sagenhafte Reichtum des Potentaten, die Gefangenschaft: Alles echt. Entsprechend erreichen uns die Neuigkeiten über das Schicksal der eingesperrten Frau nicht von den Gebrüdern Grimm, sondern per herausgeschmuggelter Videobotschaft. Latifa, Prinzessin von Dubai, Tochter des Herrschers über das Emirat, hatte sich 2018 vor ihrer Familie auf eine Jacht gerettet. Vor der indischen Küste kaperten Kommandokämpfer das Boot und verschleppten die Entflohene zurück nach Dubai. In heimlich gedrehten Videoschnipseln schildert sie nun ihre Gefangenschaft: ohne Perspektive auf Befreiung und unter permanenter Überwachung. Nach Angaben der Vereinigten Arabischen Emirate befindet sich die Prinzessin hingegen in der liebenden Obhut ihrer Familie.

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Latifa ist nicht die erste Frau aus der Herrscherfamilie, die unter dramatischen Umständen das Weite suchte, dann entführt und zurück nach Dubai verschleppt worden ist. Schon ihrer älteren Schwester Schamsa erging es so. Des Herrschers sechste Gattin, die Tochter des Königs Hussein von Jordanien, rettete sich 2019 mit zwei Kindern nach Großbritannien. Wie es aus ihrem Umfeld hieß, fürchtete sie dabei um ihr Leben. Glanz, Glamour und Reichtum täuschen über brutale Verhältnisse und ein Klima der Angst hinweg, könnte man meinen und dabei an die vornehme Familie denken. Doch das wäre viel zu kurz gegriffen.

Dubai, das Emirat mit den Glitzertürmen, den schicken Hotels und dem höchsten Wolkenkratzer der Welt, hat sich einen Ruf als moderner, weltoffener Golfstaat erarbeitet: ein wichtiger Finanzplatz, investitionsfreudig, technologieaffin. In der arabischen Welt haben sich die Emirate zum wichtigsten Exportmarkt für deutsche Produkte gemausert. Hin kommt man mit den Fliegern von Emirates, die in den Listen der besten Airlines regelmäßig auf den vorderen Plätzen landen. Auch für den Urlaub präsentiert sich Dubai als Top-Destination. Welch ein Erfolg für die PR-Kampagnen! Das saubere Image ist eine propagandistische Meisterleistung – und eine große Lüge. Die Wahrheit erkennt, wer genauer hinschaut und sieht, was man in den Vereinigten Arabischen Emiraten sonst noch so macht.

Wo fangen wir da bloß an? Beim Schmuggel harter Drogen nach Europa? Bei den Berichten über Menschen, die für ihre Tweets unbefristet ins Gefängnis wandern und es allenfalls per Gnadenakt wieder verlassen? Bei den gefürchteten Geheimgefängnissen, die von den Emiratis und ihren Handlangern im Jemen betrieben wurden? Bei der Kampagne zur Ermordung politisch unbequemer Personen, für die US-Söldner im Auftrag der Emirate im Jemen wüteten? Oder sollten wir eher auf andere Söldnertruppen schauen: zum Beispiel die berüchtigten Janjaweed-Milizen aus dem Sudan, die dort einst für Massaker in der Darfur-Region verantwortlich waren, Berichten zufolge inzwischen aber im Auftrag der Emirate in Libyen zuschlagen? Staunen wir darüber, dass die Emirate nach US-Informationen dort auch noch Putins russische Söldner finanzieren? Dass sie in Deutschland Panzer kaufen und sie in den Krieg im Jemen schicken? Oder gehen wir lieber den vielen Hinweisen auf Folter in emiratischen Gefängnissen nach?

Das Verschwinden einer Prinzessin hinter Dubais glitzernden Palastmauern mag da noch als das geringste Problem erscheinen. Oder als Beispiel dafür, dass ein skrupelloses Gebaren auch vor dem engsten Kreis der Familie nicht haltmacht. Ins Reich der Märchen gehört das Schicksal der Prinzessin leider nicht – aber eine Moral hat die Geschichte doch: Wir sollten das Glitzern und Funkeln nicht bestaunen, sondern die Abgründe hinter den Fassaden sehen. Und eine humane Entscheidung treffen: Nach Dubai fährt man weder in den Urlaub noch zum Shopping. Für Menschenfreunde ist dieser Flecken Erde tabu. Jedenfalls dann, wenn man nicht an Märchen glaubt.


WAS STEHT AN?

Noch sind die politischen Scharmützel eher klein, aber hier und da ist bereits zu bemerken, dass ein Superwahljahr begonnen hat. In normalen Zeiten wäre das ein Fest für die Parteien, doch in der Pandemie müssen sie improvisieren: nix mit Massenveranstaltungen auf Marktplätzen und Wählerbespaßung in Kneipen. Das ist vor allem für die Herausforderer ein Problem, namentlich die Grünen, die der Union das Kanzleramt streitig machen wollen. Unser Reporter Johannes Bebermeier hat sich vom grünen Oberstrategen Michael Kellner erklären lassen, wie er trotz Corona Vollgas geben will: mit einer Digitaloffensive und so viel Geld wie nie zuvor. "Die Grünen sind bereit fürs Kanzleramt", meint Kellner, "weil auch die Gesellschaft bereit für etwas Neues ist." Schauen wir mal.


Die deutschen Einreisebeschränkungen an den Grenzen zu Tirol und Tschechien sorgen nicht nur für Staus und bibbernde Lkw-Fahrer, sie verärgern auch unsere Nachbarländer und provozieren Kritik der EU, die die Freizügigkeit wie einen heiligen Gral verteidigt. Innenminister Horst Seehofer (CSU) beteuert zwar unablässig, dass er Grenzkontrollen im Herzen Europas als "absoluten Ausnahmefall" sieht, und hat die Einreiseverbote für einige Berufspendler gelockert. Aus Furcht vor den Corona-Mutationen hält er dennoch grundsätzlich an den Blockaden fest. Heute macht er sich gemeinsam mit Sachsens CDU-Innenminister Roland Wöller am deutsch-tschechischen Grenzübergang bei Bad Gottleuba ein Bild der Lage.

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Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien beraten mit den USA über den Atomstreit mit Iran. Dessen Chefdiplomat Dschawad Sarif hat eine Vermittlerrolle der EU angeregt und die Bereitschaft signalisiert, das von Donald Trump gekündigte Atomabkommen wieder in Kraft zu setzen. Noch hat der Machtwechsel im Weißen Haus zwar keine greifbare Entspannung zwischen Washington und Teheran gebracht – aber allein die Tatsache, dass man wieder miteinander spricht, statt sich per Twitter zu beschimpfen oder einander zu bombardieren, ist ja schon ein Fortschritt.


WAS LESEN?

Das Elend im Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos soll niemand sehen. Griechische Polizisten halten Wache, Journalisten ist der Zutritt verboten. Meine Kollegen Sandra Sperling und Arno Wölk haben trotzdem einen Weg gefunden, Bilder von Europas Schandfleck zu bekommen. Hier zeigen sie Ihnen, was die zynische EU-"Migrationspolitik" anrichtet.


Frankfurt an der Oder hat es geschafft: Der Inzidenzwert liegt dort schon weit unter 35. Wie lange tragen die Bürger den Lockdown dann noch mit? "Die Stimmung kippt", berichtet Oberbürgermeister René Wilke im Interview mit unserem Reporter Tim Kummert.


Viele Familien bringt der Lockdown an ihre Grenzen. Was kann die Regierung tun, um Familien stärker zu unterstützen? Bundesministerin Franziska Giffey hat meiner Kollegin Andrea Zschocher vom Portal Familie.de Rede und Antwort gestanden.


Die Mehrheit der Journalisten steht politisch links – und das ist ein Problem, sagt Christian Hoffmann, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig. Im Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" warnt er vor Aktivismus in Redaktionen. In den publizistischen Richtlinien von t-online heißt es übrigens: "Wir rechnen uns keinem politischen oder weltanschaulichen Lager hinzu, wir sind weder links noch rechts, wir stehen in der Mitte der Gesellschaft und auf dem Boden der demokratischen, freiheitlichen und rechtsstaatlichen Grundordnung."


WAS AMÜSIERT MICH?

Im Winter kann man richtig feine Sachen machen.

Ich wünsche Ihnen einen feinen Tag.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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