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Verhandlungen im Ukraine-Konflikt: Die Ampel hat keine Zeit mehr


Die Ampel hat keine Zeit mehr

  • David Schafbuch
Von David Schafbuch

Aktualisiert am 11.01.2022Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung ΓΌbernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Russische Soldaten am Bahnhof von Sewastopol auf der besetzten Krim: Zuletzt wurden vermehrt russische Soldaten in das ukrainische Grenzgebiet verlegt.
Russische Soldaten am Bahnhof von Sewastopol auf der besetzten Krim: Zuletzt wurden vermehrt russische Soldaten in das ukrainische Grenzgebiet verlegt. (Quelle: Konstantin Mihalchevskiy/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Diplomatie ist manchmal widersprΓΌchlich: Das, was ΓΆffentlich von den Verhandlern vieler LΓ€nder gesagt wird, ist die eine Sache. Was dann getan wird, wirkt jedoch bisweilen wie das genaue Gegenteil davon.

Das jΓΌngste Beispiel konnte man erst gestern in Genf erleben. "Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht die europΓ€ische Sicherheit ohne unsere VerbΓΌndeten und Partner diskutieren werden", hatte US-Vizeaußenministerin Wendy Sherman verkΓΌndet – und dann: Sherman traf sich in der Schweiz mit ihrem russischen Kollegen Sergej Rjabkow. Man suchte nach Kompromissen im Ukraine-Konflikt, nachdem Russland bis zu 100.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen hat und im Westen ein Einmarsch befΓΌrchtet wird. Russland wiederum fΓΌhlt sich von der Nato durch die Osterweiterung provoziert. Einen Durchbruch brachten die rund achtstΓΌndigen Verhandlungen nicht: Beide Seiten wollten nicht zurΓΌckweichen. Dabei ist die Lage brisant, sie kΓΆnnte zu einem Krieg in Europa fΓΌhren.

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Es ging gestern also auch um die Sicherheit vor unserer HaustΓΌr. Dennoch waren europΓ€ische oder gar deutsche Vertreter nicht in Genf eingeladen. Die Bundesregierung als respektierte Vermittlerin zwischen Moskau und Kiew wird gegenwΓ€rtig wohl nicht gebraucht. Oder anders formuliert: Sie hat sich noch nicht als brauchbar erwiesen.

Die Ampelkoalition aus SPD, GrΓΌnen und FDP ist außenpolitisch unerfahren – im Gegensatz zur bisherigen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre Stimme hatte weltweit Gewicht. Die Ampel dagegen hat noch nicht einmal eine einheitliche Stimme gefunden, wenn es um Russland und den Ukraine-Konflikt geht. Je nachdem, wen man gerade in den Regierungsparteien fragt, hΓΆrt man ganz unterschiedliche Ideen und Haltungen. Wladimir Putin weiß das und testet nun, wie weit er mit seinen Provokationen gehen kann.

Dass die neue Bundesregierung noch nach ihrer Haltung sucht, liegt vor allem an der Gaspipeline Nord Stream 2. Im Wahlkampf hatten die GrΓΌnen deren Baustopp verlangt. Mittlerweile ist die Leitung fertig und wartet auf die letzten Genehmigungen. Bei einer weiteren Eskalation in der Ukraine kΓΆnnte sie diese allerdings nie erhalten. So sieht es etwa Vizekanzler Robert Habeck: Einen "geopolitischen Fehler" hat er das Projekt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" genannt. Bei einem russischen Einmarsch in die Ukraine dΓΌrfe es "keine Denkverbote" geben.

Allerdings wird die Außenpolitik aus dem Kanzleramt gesteuert, heißt es zumindest von der SPD – und dort findet Olaf Scholz zu der UnterwasserrΓΆhre ganz andere Worte. Ein "privatwirtschaftliches Vorhaben" hat der Kanzler die Gasleitung genannt. Und SPD-GeneralsekretΓ€r Kevin KΓΌhnert forderte jΓΌngst, man mΓΌsse jetzt seinen "politischen Frieden" mit dem Projekt machen.

(Quelle: Heike Aßmann)

Frieden hΓ€tte auch gerne die Ukraine – doch Russland hindert das Land daran. Das liegt nicht nur an den Tausenden von Soldaten im Grenzgebiet der von Russland annektierten Halbinsel Krim oder dem Krieg mit den russischen Separatisten im Osten des Landes. Russland kann die Ostseepipeline auch als wirtschaftliches Druckmittel gegen die Ukraine nutzen. Denn nur ohne Nord Stream 2 bleibt die Ukraine ein wichtiges Transitland fΓΌr russische Gaslieferungen. Wer diese Perspektive vollstΓ€ndig ausblendet, spielt Wladimir Putin wissentlich in die Karten.

GÀnzlich geklÀrt haben die Sozialdemokraten ihre Haltung zur Pipeline allerdings noch nicht. Der Außenpolitiker Michael Roth sagte dem Deutschlandfunk, bei einer weiteren Eskalation in der Ukraine müssten "alle Optionen auf den Tisch".

Alle Optionen auf den Tisch bedeutet: Die RΓΆhre kΓΆnnte doch noch beerdigt werden. Das wΓ€re ein Weg, um den Provokationen des Kremls ein rasches Ende zu bereiten. Die Bundesregierung sollte nun schnell ihre Haltung finden.

Holen wir nun auf?

Eine "ErΓΆffnungsbilanz" zum Klimaschutz will Robert Habeck von den GrΓΌnen heute prΓ€sentieren. Bisherige Γ„ußerungen des Wirtschafts- und Klimaschutzministers lassen nichts Gutes vermuten: Deutschland habe einen "drastischen RΓΌckstand" im Kampf gegen die Erderhitzung. Nicht nur 2022 werde Deutschland seine eigenen Klimaziele verfehlen, sondern auch 2023.

Robert Habeck (GrΓΌne): Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister will mit einem Sofortprogramm gegen den Klimawandel vorgehen.
Robert Habeck (GrΓΌne): Der Wirtschafts- und Klimaschutzminister will mit einem Sofortprogramm gegen den Klimawandel vorgehen. (Quelle: Political Moments/imago-images-bilder)

Habeck will den Trend umkehren: Mit mehreren Sofortmaßnahmen soll die Kurskorrektur gelingen. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll künftig von "überragendem âffentlichen Interesse" sein: Denn bis 2030 soll sich deren Anteil in Deutschland auf 80 Prozent erhâhen. Dafür sollen zwei Prozent der deutschen LandesflÀche gesetzlich für Windkraft genutzt werden. Ist das realistisch, ist das machbar? Meine Kollegen Lisa Becke und Nils Kâgler haben sich den Plan genauer angeschaut. Jedenfalls soll das Paket der Auftakt sein, um das große Ziel der deutschen KlimaneutralitÀt bis 2045 zu erreichen. Robert Habeck spricht dabei nicht von einem Marathon, sondern gleich von einem "Ultra-Lauf". Bleibt zu hoffen, dass Deutschland in dem Rennen nicht die Puste ausgeht.


WidersprΓΌche, so weit das Auge reicht

Die "vollstÀndige Ordnung" in seinem erschütterten Staat sei wiederhergestellt, beteuert Kasachstans PrÀsident Tokajew. Heute will er eine Rede im Parlament halten und eine neue Regierung vorschlagen. Von vollstÀndiger Ordnung war allerdings in den vergangenen Tagen trotz vielfÀltiger Beteuerungen nichts zu spüren: Laut offiziellen Angaben kam es durch die Unruhen zu fast 8.000 Festnahmen, der PrÀsident erteilte zudem den Schießbefehl gegen Demonstranten. Meine Kollegen Carl Exner und Nicolas Lindken haben mit der kasachischen Oppositionspolitikerin Zhanna Bota sprechen kânnen: Sie erhebt schwere Vorwürfe gegen das Regime. Sollten ihre Angaben stimmen, ist bisher nur ein kleiner Teil des ganzen Ausmaßes der Proteste bekannt.


Was lesen?

Wir haben zwar erst die zweite Januarwoche, doch schon jetzt gibt es die erste Bewerbung fΓΌr die kurioseste Pressekonferenz des Jahres. Familie Djokovic will diesen Titel wohl haben. Denn Papa, Mama und Bruder von Tennis-Superstar Novak Djokovic prΓ€sentierten sich am Montag in Belgrad angriffslustig, als es um das Einreise-Chaos in Australien ging. Meine Kollegen Melanie Muschong und Christoph CΓΆln haben Ihnen dieses denkwΓΌrdige Ereignis hier zusammengefasst.


Die Hinzuverdienstgrenze fΓΌr FrΓΌhrentner soll dauerhaft auf einem hohen Niveau bleiben: Das hatten wir exklusiv recherchiert. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer spricht sich nun dafΓΌr aus, die RentenabschlΓ€ge anzuheben. "Wer vor der Regelaltersgrenze in Rente geht, sollte das stΓ€rker spΓΌren", hat sie meinem Kollegen Mauritius Kloft gesagt.

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Nach Omikron sorgt die nΓ€chste Corona-Variante fΓΌr Schlagzeilen: Deltakron. Doch Experten hegen Zweifel an dem auf Zypern entdeckten Virus. Meine Kollegin Melanie Rannow hat die Details.


Deutschland ist ΓΌberhastet aus der Atomenergie ausgestiegen. Nun rΓ€chen sich Angela Merkels Fehler, schreibt unser Kolumnist Christoph Schwennicke.


Was amΓΌsiert mich?


Ich wΓΌnsche Ihnen einen schΓΆnen Tag. Morgen schreibt an dieser Stelle wieder Florian Harms fΓΌr Sie.

Herzliche Grüße

Ihr

David Schafbuch
Redakteur Politik und Panorama
Twitter @Schubfach

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Mit Material von dpa und Reuters.

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