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Salman Rushdie: Iranische Medien feiern Messerangriff


Iranische Medien feiern Messerangriff auf Salman Rushdie

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 13.08.2022Lesedauer: 4 Min.
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Der Autor Salman Rushdie wird auf der Bühne versorgt: Er wurde bei einer Lesung angegriffen. (Quelle: Reuters)
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Bei einer Lesung in den USA hat ein Mann den Schriftsteller Salman Rushdie mit einem Messer angegriffen. Der Zustand des 75-Jährigen ist besorgniserregend.

Eigentlich wollte der Autor Salman Rushdie am Freitag in den USA über verfolgte Künstler sprechen. Doch plötzlich wird er auf offener Bühne zum Opfer eines brutalen Angriffs. Ein 24-Jähriger sticht in dem Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaates New York mehrmals auf den 75-Jährigen ein und verletzt ihn schwer.

Rushdie wird in ein Krankenhaus gebracht, operiert und seinem Manager Andrew Wylie zufolge an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Neue Informationen zu seinem Zustand gab es am frühen Samstag zunächst nicht.

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Der mutmaßliche Täter wird wegen versuchten Mordes und Körperverletzung angeklagt, teilte der Bezirksstaatsanwalt von Chautauqua County, Jason Schmidt, mit. Er sei in Untersuchungshaft genommen worden.

"Die Nachrichten sind nicht gut"

Er könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren, schrieb Wylie nach Angaben der "New York Times". Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber beschädigt worden. "Die Nachrichten sind nicht gut." Der mutmaßliche Täter, ein Mann aus dem Bundesstaat New Jersey, wurde festgenommen. Er habe wohl allein gehandelt, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Ob der Angriff im Zusammenhang mit der vor Jahrzehnte gegen Rushdie ausgesprochenen Fatwa steht? Unklar.

Rushdie war im Iran vor mehr als 30 Jahren per Fatwa zum Tode verurteilt worden. Wegen seines Werks "Die satanischen Verse" aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini das religiöse Rechtsdokument veröffentlicht, das zur Tötung des Autors aufforderte. Der Fatwa folgte damals eine dramatische Flucht Rushdies und zeitweise jahrelanges Verstecken, um dem Todesurteil zu entkommen. Seit mehr als 20 Jahren lebt er nun in New York.

Von Arzt aus dem Publikum behandelt

Die Tat geschah nun bei einer Vorlesung Rushdies in der sogenannten Chautauqua Institution, einem Erziehungs- und Kulturzentrum in einem ländlichen Gebiet des Bundesstaates. Die Veranstaltung habe im Rahmen einer Serie unter dem Titel "Mehr als Schutz" («More than Shelter») stattgefunden, bei der über die USA als Zufluchtsort für Schriftsteller im Exil und über die Verfolgung von Künstlern diskutiert werden sollte.

Nach Darstellung der Polizei stürmte der junge Mann die Bühne der von Hunderten Menschen besuchten Veranstaltung gegen 11.00 Uhr örtlicher Zeit (17.00 Uhr MESZ) und stach auf Rushdie ein. "Mehrere Mitarbeiter der Veranstaltung und Zuschauer stürzten auf den Verdächtigen und brachten ihn zu Boden", sagte ein Sprecher. Ein Polizist habe den 24-Jährigen daraufhin festgenommen.

Unterdessen wurde Rushdie von einem Arzt aus dem Publikum behandelt, bis Rettungskräfte eintrafen und der Autor schließlich per Helikopter in eine Klinik gebracht wurde. Nach Informationen des US-Senders CNN soll das Institut noch zwei Tage zuvor abgelehnt haben, die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Unklar sei aber, ob mit den empfohlenen Maßnahmen das Attentat auf Rushdie habe verhindert werden können, schrieb der Sender.

Iranische Medien feiern Attentat

Die Attacke löste weltweit Entsetzen aus. "Diese Gewalttat ist entsetzlich", sagte der nationale Sicherheitsberater Jack Sullivan laut Mitteilung des Weißen Hauses. UN-Generalsekretär António Guterres reagierte ebenfalls mit Entsetzen auf den Angriff. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein "Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit". Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb, Rushdie sei von "Hass und Barbarei" getroffen worden. Der deutsche Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei "natürlich ein Schlag für mich" gewesen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser gab dem Iran eine Mitverantwortung für das Attentat. "Für diese schreckliche Bluttat tragen auch die Verantwortung, die Salman Rushdie seit Jahrzehnten verfolgt und mit dem Tod bedroht haben", schreibt die SPD-Ministerin auf Twitter. Der Mordanschlag sei ein furchtbares Verbrechen.

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Kanzler Scholz verurteilte die Tat als abscheulich und wünschte Rushdie viel Kraft für die Genesung. "Die Welt braucht Menschen wie Sie, die sich vom Hass nicht einschüchtern lassen und furchtlos für die Meinungsfreiheit eintreten."

In iranischen Medien ist der Messerangriff hingegen begrüßt worden. In der regierungsnahen Zeitung "Kayhan", deren Chefredakteur von Irans weltlichen und geistlichen Oberhaupt Ali Chamenei ernannt wird, hieß es am Samstag: "Tausend Bravos (...) für die mutige und pflichtbewusste Person, die den abtrünnigen und bösen Salman Rushdie in New York angegriffen hat". Weiter hieß es: "Die Hand des Mannes, der dem Feind Gottes den Hals umgedreht hat, muss geküsst werden."

Die Schlagzeile der Hardliner-Zeitung "Vatan Emrooz" lautete: "Messer im Nacken von Salman Rushdie". Die Zeitung "Chorasan" brachte die Schlagzeile: "Satan auf dem Weg zur Hölle". Die Nachrichtenseite Asr Iran veröffentlichte ein Zitat von Chamenei, in dem es heißt, der vom ehemaligen iranischen Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Chomeini abgeschossene "Pfeil" werde eines Tages das Ziel treffen. Von der Führung in Teheran lag noch keine Stellungnahme vor.

Keine Bodyguards mehr

Vor wenigen Tagen noch hatte Rushdie dem Magazin "Stern" gesagt, dass er sich in den USA sicher fühle. "Das ist lange her", sagte Rushdie im Interview Ende Juli auf die Frage, ob er noch immer um sein Leben bange. "Für einige Jahre war es ernst", sagte Rushdie weiter. "Aber seit ich in Amerika lebe, hatte ich keine Probleme mehr." Der Autor habe dabei aber auch vor dem politischen Klima und möglicher Gewalt in den USA gewarnt: Das Schlimme sei, "dass Morddrohungen alltäglich geworden sind".

Auch nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Alias benannten Autobiografie "Joseph Anton" aus dem Jahr 2012.

Geboren wurde Rushdie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch "Mitternachtskinder" («Midnight's Children»), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Er erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire anhand der Lebensgeschichte von Protagonisten, die genau zur Stunde der Unabhängigkeit geboren werden und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind.

Rushdie veröffentlichte mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Sein Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben.

Verwendete Quellen
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