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"Reichsbürger"-Razzia: Vieles liegt noch im Schatten


Was kann nachgewiesen werden?
"Reichsbürger"-Razzia: Vieles liegt noch im Schatten

Von dpa, t-online
09.12.2022Lesedauer: 3 Min.
imago images 196289859Vergrößern des BildesLandespolizei und BKA verladen Kisten mit Material und Computern in Chemnitz: Nun müssen die vielen Beweismittel ausgewertet werden. (Quelle: IMAGO/Harry Haertel)
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Nach der Festnahme der Beschuldigten aus dem "Reichsbürger"-Milieu ist vieles noch unklar. Warum die Beweisführung nicht einfach werden dürfte.

Wie gefährlich sind die mutmaßlichen "Reichsbürger", die jetzt in Untersuchungshaft sitzen? Was kann man ihnen nachweisen? Beantworten lässt sich das frühestens nach der Auswertung der vielen Beweismittel, die seit Mittwoch sichergestellt werden.

Wochenlang liefen die Vorbereitungen für die Beweissicherung und Festnahme der mutmaßlichen Verschwörer. Beamte der Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer wurden eingeweiht. Intern trug die Operation den Namen "Schatten". Tatsächlich liegt auch nach der Festnahme der Hauptbeschuldigten noch manches im Schatten.

Zwar sind die Ermittler überzeugt, dass Mitglieder der Gruppe gewaltbereit sind und sich als eine Art Vorhut sahen, die bei einem Umsturz Führung übernehmen würde. Dennoch deutet vieles darauf hin, dass die Beweisführung, wenn es zum Prozess kommt, nicht einfach werden dürfte. Denn einige der Ideen, die in der Gruppe kursierten, waren so merkwürdig, dass die Grenze zwischen Wahrnehmung und Realität oft schwer zu ziehen ist. Das gilt vor allem für ihre Vermutung, eine Allianz ausländischer Akteure werde in Deutschland eingreifen. Hier lesen Sie mehr zu den Plänen und Vorstellungen der Gruppe.

Zwei dienten gemeinsam bei der Bundeswehr

Bei einigen der Verdächtigen soll es Überschneidungen mit der Szene der radikalen Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen geben, beispielsweise in Pforzheim. Zum Kreis der Festgenommenen gehört auch ein Polizist, der bei "Querdenker"-Protesten aufgetreten war und sich gegen seine Entlassung aus dem Polizeidienst juristisch zur Wehr setzt. Fest steht: Die während der Pandemie beschlossenen Einschränkungen spielten auch in Verlautbarungen von Mitgliedern der Gruppe in den sozialen Medien eine Rolle.

Einige der Beschuldigen kennen einander schon sehr lange. So hatten zwei der Festgenommenen in den 90er Jahren gemeinsam bei der Bundeswehr gedient, im Fallschirmjägerbataillion 251, das später teilweise im Kommando Spezialkräfte (KSK) aufging.

Nicht genügend Ausrüstung für Umsturz

Während der Durchsuchungen am Mittwoch sind zwar etliche Waffen gefunden worden. Das waren allerdings laut einer ersten Aufstellung hauptsächlich Signalschuss- oder Schreckschusswaffen sowie Schwerter und Armbrüste. Mit anderen Worten: nicht genügend Ausrüstung für das Umsturz-Szenario, auf das sich die Gruppe vorbereitet haben soll.

Dass direkt nach dem Zugriff lediglich eine Kurzwaffe und zwei Langwaffen, die scharfe Munition verschießen, entdeckt wurden, wirft dennoch Fragen auf: Gibt es vielleicht noch geheime, bislang unentdeckte Waffendepots? Und haben Verdächtige womöglich Wind von der geplanten Razzia bekommen und rechtzeitig Waffen verschwinden lassen? Die Unionsfraktion im Bundestag will die Durchstechereien im Vorfeld der Razzia aufklären lassen.

"Durchgestochene Ermittlungsinterna gefährden die Ermittlungen und schaden dem Rechtsstaat", sagte dazu Günter Krings, der rechtspolitische Sprecher der Union, zu t-online. "Sofern Medienvertreter von den durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen vorab informiert gewesen sein sollten, muss dies untersucht und aufgeklärt werden." Mehr dazu lesen Sie hier.

Liste gefunden

Mehrere der Verdächtigen besaßen nach Angaben aus Sicherheitskreisen eine waffenrechtliche Erlaubnis, etwa als Sportschützen. Bei einem Beschuldigten sei eine Liste mit Namen von Abgeordneten gefunden worden, heißt es. Ohne Anmerkungen, so dass die Bedeutung dieser Liste unklar ist. Die betroffenen Politiker und Politikerinnen seien aber informiert worden, hieß es. Hier lesen Sie mehr dazu.

Martina Renner, Obfrau der Linksfraktion im Innenausschuss des Bundestages, sagt, für sie sei es nicht erstaunlich, dass mit Birgit Malsack-Winkemann eine AfD-Politikerin unter den Verdächtigen sei. Mehr zu der Berliner Richterin lesen Sie hier. Renner meint: "Man sollte die Diskussion beginnen über ein Verbot der AfD, juristisch und politisch."

Die Voraussetzungen dafür sind allerdings hoch. Gewaltbereitschaft alleine reicht wohl nicht aus. Hinzukommen muss laut Bundesverfassungsgericht "eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt, sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint".

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"Müssen wehrhaft bleiben"

"Dass sich unter den Verdächtigen eine ehemalige AfD-Abgeordnete und Richterin, sowie jetzige und frühere Mitglieder der Sicherheitsbehörden befinden, zeigt, dass wir als Gesellschaft und Staat wachsam und wehrhaft bleiben müssen", sagt Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss. Er meint: "Wir müssen genauer hinsehen, wer für diesen Staat arbeitet und Recht spricht."

So sieht das auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, dessen Behörde die Gruppe über Monate beobachtet hat. Er wünscht sich, dass der Sicherheitscheck bei Menschen, die in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern arbeiten, in Zukunft noch gründlicher und lückenloser wird. Damit Extremisten dort keinen Platz – und womöglich Zugang zu Waffen – haben.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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