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Amoklauf in Florida: Der alltägliche Waffen-Wahnsinn in den USA


Jeden Tag eine Schießerei
Der alltägliche blutige Wahnsinn in den USA

t-online, Daniel Schreckenberg

Aktualisiert am 15.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Amoklauf in Parkland (Florida): Schüler rennen mit erhobenen Händen vom Schulgelände.Vergrößern des BildesAmoklauf in Parkland (Florida): Schüler rennen mit erhobenen Händen vom Schulgelände. (Quelle: John Mccall/South Florida Sun-Sentinel/ap-bilder)
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Das Blutbad an einer Highschool in Florida war bereits die 30. Schießerei in diesem Jahr. Mittlerweile ist in den Vereinigten Staaten ein Tag mit Amoklauf nicht mehr die Ausnahme, sondern Normalität.

Die Schule ein Blutbad. 17 Teenager tot. Der Schütze 19 Jahre jung, selbst kaum schon ein Mann, Einzelgänger, Ex-Schüler. Erst löste er den Feueralarm im Gebäude aus, dann richtete er mit seinem halbautomatischen Gewehr ein Massaker an. Die Bilder aus der Highschool in Parkland, Florida, zeigen Angst: Bei den Schülern, die panisch über den Schulhof rennen. Bei ihren Eltern, die sich weinend in den Armen liegen und hoffen, dass ihre Kinder die Schießerei überlebt haben. Doch die Bilder zeigen auch: Alltag. Normalität.

Die Schießerei am Mittwochnachmittag in Florida ist bereits das 30. "Mass-Shooting" in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr. Bei 19 von ihnen wurden Menschen getötet, auch bei denen ohne Todesopfer immer mindestens vier Personen verletzt. Das Massaker in Florida ist mit seinen 17 Toten und 15 Verletzten der bisherige Höhepunkt. Doch wer glaubt, so viele so tödliche Schießereien seien eine außergewöhnliche Momentaufnahme, der irrt. Zum gleichen Zeitpunkt waren in den USA im vergangenen Jahr bereits 44 Amokläufe verübt worden.

Der Tag nach der Tat: Vor Ort in Florida sind die Behörden schockiert. Es ist eine Katastrophe, sagte der zuständige Sheriff Scott Israel auf Twitter. Bestürzt teilte er die Zahl der Toten mit. Im Fernsehen dann Emotionen pur: Philipp Mudd, Terrorexperte des Fernsehsenders CNN, brach vor laufenden Kameras in Tränen aus. "Können wir in diesem Land nicht endlich anerkennen, dass wir das nicht akzeptieren können?" Anschließend brach er das Gespräch ab.

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Doch sonst blieb es ziemlich still. Ein paar Kommentare von Promis gegen das lasche Waffenrecht, ein Mädchen, deren Tweet gegen geheucheltes Mitleid ätzt und ein härteres Waffenrecht fordert. Immerhin: Zehntausende Likes.

Ansonsten: Ein Präsident, der eine harte Strafverfolgung ankündigt und sich dann doch nur an der Psyche des Angreifers abarbeitet. Krank war der, das wussten ja alle, da hätte eingeschritten werden müssen. Über Waffen spricht Trump nicht.

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2017 gab es 346 Schießereien in den USA. Bei mehr als der Hälfte davon starb mindestens eine Person. Auf CNN sagte Jim Himes, Abgeordneter im Repräsentantenhaus, es sei so vorhersehbar: "Ein Moment der Stille, die Leute schicken allen gute Gedanken und Gebete – und dann unternimmt der Kongress wieder absolut nichts." Eine solche Tat in Deutschland: Man stelle sich alleine die wochenlangen Debatten zum Thema vor.

Neu sind Mass-Shootings in den USA nicht. Aber sie werden häufiger: Gab es solche Tragödien zwischen 1981 und 2011 noch im Schnitt alle 200 Tage, waren es von 2012 bis 2014 schon alle 64 Tage. Wird etwas anders gezählt – so wie die Internetseite "Gun Violence Archive" es tut – findet sich kaum noch eine Woche ohne Massaker.

Trägt man jede einzelne Tat im letzten Jahr in einen Kalender ein, ist dieser ziemlich voll: fünf freie Tage im Februar, sechs im November. Das sind Ausnahmen. Teilweise zählt die Seite bis zu sechs Shootings. An einem einzelnen Tag. Mehr Routine geht kaum.

Und nicht nur bei Mass-Shootings sterben Menschen. 2017 hatten die USA 15.590 Tote wegen Schusswaffen zu beklagen, 31.181 Personen wurden verletzt. Darunter: 732 tote Kleinkinder und 3.234 Teenager.

Schon oft wurde verdeutlicht, was das für die Menschen in den USA bedeutet. Zuletzt versuchte das die "New York Times" im November des vergangenen Jahres. Der Amoklauf von Sutherland Springs, bei dem ein Mann in einer Kirche 27 Personen tötete und 20 verletzte, war da gerade ein paar Tage her.

Der Befund der Zeitung: Die Wahrscheinlichkeit, als Opfer eines Amoklaufs zu sterben, war zwischen 2000 und 2014 in Amerika nicht viel höher als in der Schweiz oder in Finnland. Aber: Gab es in den europäischen Ländern sehr wenige, dafür aber sehr todbringende Schießereien, begingen in den Vereinigten Staaten in diesem Zeitraum 133 Amokläufer ihre Tat.

54 Mal so wahrscheinlich, in den USA bei Überfall zu sterben

Trotz mehreren Dutzend Angriffen in Schulen starben in China zwischen 2010 und 2012 nur 25 Kinder. In den USA waren es 78 – bei fünf Schießereien. Der Unterschied zwischen den Taten: In China benutzten die Täter Messer, in den USA Pistolen und Gewehre. Amokläufe in Amerika sind damit zwölf Mal so tödlich wie in China.

2013 gab es in den USA 32.888 Tode, die etwas mit Pistolen oder Gewehren zu tun hatten. In Japan, das circa ein Drittel der Bevölkerung zählt, waren es 13, so die "New York Times". Und: Überfallen zu werden ist in New York City und in London in etwa gleich wahrscheinlich. Doch bei einem Überfall erschossen zu werden, ist in den USA 54 Mal so wahrscheinlich wie im Vereinigten Königreich.

In Deutschland braucht es einen Waffenschein, um eine Pistole führen zu dürfen. Die USA sind neben Mexiko und Guatemala eines von drei Ländern auf der Welt, die anders ticken: Bürger haben ein Recht auf Schusswaffen. Und während andere Länder nach schlimmen Amokläufen ihre Waffengesetze verschärft haben, ändert sich in Amerika nichts. Wohl auch nicht nach dem 30. Amoklauf in diesem noch sehr kurzen Jahr.

Verwendete Quellen
  • dpa
  • New York Times
  • Gun Violence Archive
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