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Grundsteuerreform: Eigentümern und Mietern droht starke Belastung


Tagesanbruch
Dann geht das Chaos von vorne los


Aktualisiert am 24.05.2024Lesedauer: 6 Min.
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Lästige Pflicht: Die Grundsteuererklärung hat Millionen Eigentümer Nerven gekostet.Vergrößern des Bildes
Lästige Pflicht: Die Grundsteuererklärung hat Millionen Eigentümer Nerven gekostet. (Quelle: Herrmann Agenturfotografie/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

im Basketball würde man sagen: Es ist Crunchtime. Jetzt entscheidet sich, wie das Spiel ausgeht. Jetzt braucht es alle Konzentration. Jetzt übernehmen die besten Leute die Verantwortung. Nur leider ist die Grundsteuerreform kein Spiel, und in der Verantwortung stehen eher die Leute, die am wenigsten für das bisherige Chaos können.

Man möchte nur ungern tauschen mit den Bürgermeistern, Kämmerern und Stadträtinnen, die bei der Höhe der Grundsteuer das letzte Wort haben und in Kürze eine Entscheidung treffen müssen: Senken sie den sogenannten Hebesatz so stark, dass auch Hausbesitzer und Mieter nicht über Gebühr belastet werden? Oder haben sie diesen Spielraum gar nicht, weil dann zu viel Geld im Haushalt fehlen würde? Es ist ein Dilemma, bei dem sie nur verlieren können. Und das Bund und Länder schon viel früher aus dem Weg hätten räumen müssen.

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Sechs Jahre reichten offenbar nicht

Ich erinnere mich noch genau, wann ich das erste Mal davon hörte, dass die Grundsteuer Probleme macht. Ich war auf dem Rückweg von einem Trip an die Nordsee und wartete mit einem Podcast im Ohr auf die Bahn. Die Art, wie die Grundsteuer erhoben wird, sei verfassungswidrig, hörte ich da. Viel zu alt seien die sogenannten Einheitswerte, auf deren Grundlage sich die Steuer berechnet. Das habe mit dem tatsächlichen Wert der Grundstücke nichts mehr zu tun, urteilte das Bundesverfassungsgericht und entschied: Eine Reform müsse her. Das war im April 2018.

Sechs Jahre später zeichnet sich ab, dass sechs Jahre offenbar zu wenig Zeit sind, um es richtig zu machen. Denn während Gewerbetreibende in vielen Städten künftig Steuern sparen dürften, müssen Wohnungs- und Hauseigentümer draufzahlen. Auch viele Mieterinnen und Mieter werden über die Nebenkostenabrechnung eine höhere Steuerlast tragen. Einige Bundesländer, allen voran Nordrhein-Westfalen, forderten daher vom Bund, die Regelungen für die neue Grundsteuer so zu ändern, dass die Kommunen unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Gewerbeeigentum festlegen können. Was manche Landesregierungen dabei offenbar vergessen haben: Es stand ihnen schon vor Jahren frei, die Steuerberechnung so anzupassen, dass Schieflagen in ihrem Bundesland vermieden werden. Jetzt so zu tun, als sei allein der Bund schuld an der Misere, ist unehrlich.

Grundsteuerreform beschäftigt schon den Bundesfinanzhof

Dass es auch anders geht, haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen bewiesen. Statt eins zu eins dem Bundesmodell zu folgen, haben sie für die Grundsteuerreform ihre eigenen Landesgesetze erstellt oder das Bundesmodell verändert. In diesen Ländern sind derzeit auch keine Klagen gegen die Grundsteuerreform anhängig, sehr wohl aber bei Finanzgerichten in Berlin, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.

Unterstützt werden die klagenden Eigentümer von den Lobbyverbänden Haus & Grund sowie dem Bund der Steuerzahler. Ziel ist der Gang bis vors Bundesverfassungsgericht – dorthin also, wo 2018 alles begann. Erste Erfolge haben die Kläger schon erzielt: Im vergangenen November hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz den Steuerzahlenden in zwei Fällen recht gegeben und ihnen damit den Weg zur nächsthöheren Instanz, dem Bundesfinanzhof, geebnet. Eine Entscheidung steht in beiden Verfahren noch aus.

Sicherheit sieht anders aus

Nordrhein-Westfalen hat sich derweil dazu durchgerungen, selbst das zu tun, was es vom Bund verlangt hat, und den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, verschiedene Hebesätze für verschiedene Gebäudearten einzuführen. Das ist zwar richtig, kommt aber viel zu spät und wirft so manche Planung in den Kommunen wieder über den Haufen. So dürften Eigentümer noch länger als ohnehin schon darauf warten, was ab 2025 auf sie zukommt. Mit einem Bescheid über die genaue Höhe der neuen Grundsteuer ist wohl erst gegen Jahresende zu rechnen – wenn überhaupt. Denn nach dem Grundsteuergesetz des Bundes können die Kommunen ihre Hebesätze noch bis Ende Juni 2025 festlegen oder ändern. Sicherheit sieht anders aus.

Lediglich in Berlin können sich Haus- und Wohnungsbesitzer schon mal ein Bild davon machen, wie ihre künftige Steuerlast aussieht. Zwar ist der neue Hebesatz auch dort noch nicht beschlossen, aber immerhin angekündigt: Er soll sich ab 2025 fast halbieren – von 810 Prozent auf 470 Prozent. Je nach Lage müssten Eigentümer dann trotzdem dreimal so viel zahlen wie bisher, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler, der "Wirtschaftswoche".

Wer es genau wissen will, kann seinen Grundsteuerwertbescheid zurate ziehen, den die Finanzämter im vergangenen Jahr verschickt haben. Die Grundsteuer berechnet sich per einfacher Multiplikation: Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz. Berliner setzen also den Grundsteuerwert aus ihrem Bescheid ein und multiplizieren ihn mit 0,00031 (Steuermesszahl laut Bundesmodell) und 4,7 (Hebesatz, den die Stadt angekündigt hat). Mehr dazu, wie Sie die Grundsteuer berechnen, lesen Sie hier.

Geht wieder alles auf Anfang?

Für alle anderen Eigentümer heißt es weiter warten. Nicht nur auf den endgültigen Hebesatz ihrer Kommune, sondern auch auf den Ausgang vor Gericht. Denn sollte es in den kommenden Jahren ein Verfahren bis zum Verfassungsgericht schaffen und die Richter würden die Grundsteuerreform kippen, wären alle Grundsteuerbescheide hinfällig – egal, ob Sie dagegen Einspruch eingelegt oder geklagt haben oder nichts von beidem unternommen haben.

Das würde allerdings auch bedeuten, dass Millionen Eigentümer sich umsonst durch die komplizierten Grundsteuererklärungen gequält haben, die nicht nur die Steuerzahlenden genervt, sondern auch die Finanzämter an die Belastungsgrenze gebracht haben. Und das Chaos ginge von vorne los.


Zu rechts für die Rechten

Wenn einen selbst die anderen Rechtsaußen-Parteien verstoßen, sollte man sich Gedanken machen. Die italienische Lega, der französische Rassemblement National, der belgische Vlaams Belang und die tschechische Partei Freiheit und direkte Demokratie haben die AfD im EU-Parlament aus der rechten Fraktion Identität und Demokratie (ID) hinausgeworfen. Zusammen mit der Enthaltung der Dänischen Volkspartei reichte es am Donnerstag für den Ausschluss.

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Im Antrag des ID-Chefs Marco Zanni (Lega), der t-online vorliegt, werden als Gründe eine "Reihe von Vorfällen" genannt, "an denen Herr Maximilian Krah und damit auch die deutsche Delegation der Gruppe beteiligt waren". Diese hätten dem Zusammenhalt und dem Ruf der Fraktion geschadet. Jüngster Anlass waren verharmlosende Äußerungen des AfD-Spitzenkandidaten Krah zur SS. Wie die AfD reagiert hat und was noch hinter dem Ausschluss steckt, berichten meine Kollegen Annika Leister und Julian Seiferth.


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Ohrenschmaus

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Zum Schluss

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Freitag! Morgen schreibt Christoph Schwennicke für Sie.

Herzliche Grüße

Christine Holthoff
Redakteurin Finanzen
X: @c_holthoff

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Mit Material von dpa.

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