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AfD-Politiker gründet mit Lawrow neue Russland-Bewegung: "Gegen Satanisten"


"Russophile" organisieren sich
AfD-Politiker gründet mit Lawrow neue Russland-Bewegung


Aktualisiert am 16.03.2023Lesedauer: 5 Min.
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Russophile: Auf der Bühne bei der Gründung einer neuen Bewegung sitzt auch der AfD-Politiker Waldemar Herdt, als Außenminister Sergej Lawrow spricht.Vergrößern des Bildes
"Russophile": Auf der Bühne bei der Gründung einer neuen Bewegung sitzt auch der AfD-Politiker Waldemar Herdt, als Außenminister Sergej Lawrow spricht. (Quelle: IMAGO/Sergei Savostyanov/imago-images-bilder)

Russland schmiedet sich ein neues Bündnis zur Stimmungsmache: Bei der Gründung teilte sich ein AfD-Politiker die Bühne mit Russlands Außenminister und einem Hollywood-Star.

Alina Lipp freute sich: Sie, die Putin-Propagandistin aus Deutschland auf einem Foto mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow: "Ich wette, dass die deutschen Medien sich wilde Verschwörungstheorien zu unseren Fotos ausdenken werden", schrieb sie. Lawrow selbst spekulierte ebenfalls über Reaktionen: Er erwarte, dass der Westen eine breite Kampagne gegen die "russophile Bewegung" starte. Menschen würden jetzt geächtet, "nur weil sie Russland lieben oder auch nur an öffentlichen Orten Russisch sprechen".

Man braucht aber keine Verschwörungstheorien, und es ging bei dem Treffen auch nicht darum, dass Menschen nur "Russland lieben". Bei dem Treffen hat Moskau eine neue gesellschaftliche Allianz an den Start gebracht, die den liberalen Westen als gottlos und verdorben darstellt und in Russland die Rettung sieht.

Daran wirken knallharte und schwerreiche russische Nationalisten mit, die schon häufiger in Deutschland Einfluss genommen haben. Ganz vorne dabei sind ein bulgarischer Politiker unter Spionageverdacht, der Hollywood-Schauspieler Steven Seagal und ein früherer AfD-Bundestagsabgeordneter aus der Spitze der "Christen in der AfD". Am Dienstag war die Geburtsstunde der "Internationale Russophilen-Bewegung". Vertreter aus 42 Ländern sind angereist und reisen zurück, um in der Heimat "russophile" Verbände aufzubauen. So wurde es dort verkündet.

Russland als Verteidiger christlicher Werte

"Russophil", das kann Liebe zu Russland bedeuten und zur reichen Kultur des Landes. Wenn es denn darum ginge. Und nicht um Machtpolitik, um das Schüren von Konflikten und Vorurteilen gegen Minderheiten. Die Botschaft bei der Gründungsversammlung: Auf Russlands Seite ist Gott, weil Russland vermeintlich christliche Werte verteidigt.

Zur Eröffnung des Forums verbreitete der Ideengeber, Nikolai Malinow von der bulgarischen Nationalbewegung "Russophile", eine einfache Sicht. Gegen Malinow, der 2019 bei einem Treffen mit Putin die Idee für die "Russophilen"-Weltorgansiation vorgestellt haben will, wird in seiner Heimat wegen Spionageverdachts für Russland ermittelt. Er sagte jetzt: "Die Welt ist heute in Gut und Böse, in die helle und die dunkle Seite gespalten."

Russland, und die, die zu Russland halten, stehen demnach auf der hellen Seite. Der russische Sender Tsargrad-TV fand sogar einen noch biblischeren Vergleich: Russland sei die "Arche", die Gründung der Vereinigung sei die Geburtsstunde einer "Weltbewegung des gesunden Menschenverstands", die "alle gesunden Kräfte der Welt um sich vereinen" wollten gegen finstere Pläne von Globalisten. Seit der Invasion in der Ukraine vor einem Jahr prangert der Kreml noch offensichtlicher liberale westliche Werte an.

Auf der Bühne und am Mikro bei der Gründungsveranstaltung stand Waldemar Herdt. Der 60-Jährige war in Kasachstan Leiter einer Kolchose, ehe er 1993 nach Deutschland auswanderte. Vom Futtermeister in einem Schweinemastbetrieb stieg er um zum Bauunternehmer und ging in die Politik: Bis 2021 gehörte er für die AfD dem Bundestag an. Herdt beschäftigte in seinem Büro einen Mann, der für den KGB gearbeitet haben soll und 2016 die Proteste wegen der angeblichen Vergewaltigung des russlanddeutschen Mädchens Lisa durch einen Afghanen entfacht hatte.

Herdt im TV bei Wladimir Solowjow und Olga Skabejewa

Dieser Mitarbeiter stand an der Spitze des "Internationalen Konvents der Russlanddeutschen" und gab Herdt Vollmacht, für die Russlanddeutschen zu sprechen. Bei einem "Volksrat der Russlanddeutschen" wurde Herdt gleich selbst Vorsitzender.*

Herdt ist auf Propagandatour in Russland und geht bei den bekanntesten und berüchtigsten Gesichtern von Putins Gehirnwäsche ein und aus: Einmal war er zugeschaltet, einmal am vergangenen Sonntag selbst im Studio Gast bei dem Einpeitscher des Kremls schlechthin, Wladimir Solowjow. Der TV-Moderator wurde etwa mit Forderungen nach einem Atomschlag im Westen bekannt.

Im gleichen Kanal 1 war er in der Talk-Show "60 Minuten" des zweiten international bekannten TV-Gesichts der Putin-Propaganda: Olga Skabejewa. Sie erzählte dem Millionenpublikum auch schon mal, wegen Nahrungsknappheit müssten britische Restaurants Eichhörnchen servieren.

Herdt grüßte aus Russland mit der Verkündung, der Regenbogen der Schwulenbewegung sei "die Flagge des Satanismus. Und das muss verstanden werden, darüber muss gesprochen werden und es muss von allen gehört werden". Die "Russophilen" sollen dafür in ihrer Heimat sorgen und Russland als Gegenentwurf darstellen.

Eindringlich bestätigt das ein Satz, den ein einflussreicher ultraorthodoxer Oligarch sagte: Konstantin Malofejew prophezeite, "dass wir, Russen und Russophile, definitiv gewinnen werden. Denn Gott ist mit uns!" Es gehe um eine "multipolare Welt freier Völker und traditioneller Werte" anstelle des "Diktats eines Landes, das antichristliche, antimenschliche, satanische Abscheulichkeiten auferlegt" – er meint die USA.

Noch mehr MIR

Bei der Veranstaltung prangte der Schriftzug MIR: für die Abkürzung der französischen Bewegung "Mouvement International Russophile". Das russische Wort "Mir" hat die Bedeutungen "Welt", "Einheit", "Reich" oder "Frieden". Das erinnert an eine zentrale Idee russischer Außenpolitik – "Russki Mir". Den Begriff hat Wladimir Putin ab 2001 für eine Strategie genutzt, Russischsprachige in aller Welt als russische Einflusssphäre zu verstehen und zu instrumentalisieren.

Malofejew ist ein ultrakonservativer Milliardär mit Zugang zum Kreml, der sagt, dass die Ukrainer kein eigenes Volk sind und der als einer der Wegbereiter und Finanzierer der russischen Einmischung in der Ukraine 2014 galt. Führende Köpfe auf separatistischer Seite waren vorher bei ihm beschäftigt – und er landete auf Sanktionslisten von USA und EU.

Orthodoxe Kirche ebenfalls eingebunden

Bei den "Russophilen" war er in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des "Weltrussischen Volksrats" und brachte die Grüße von Patriarch Kyrill, dem Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche und Mann an der Spitze des Volksrats. Malofejew ist Gründer der größten russisch-orthodoxen Privatstiftung "St. Basilius der Große", die Gelder in erzkonservative Familienrechtsorganisationen gepumpt und europaweite Vernetzung der Gleichstellungsgegner ermöglicht hat. Gerade siegte der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch vor Gericht: Malofejew muss sich nachsagen lassen, dass er Proteste wie die "Demo für Alle" aus dem Umfeld von Beatrix von Storch organisiert hat.

Auf Kosten von Malofejews Stiftung wurde 2015 auch eine AfD-Delegation um Alexander Gauland nach St. Petersburg eingeladen. Und mittelbar war für den Milliardär auch Manuel Ochsenreiter tätig, früherer Mitarbeiter im Büro des AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier und großer Strippenzieher. Ochsenreiter organisierte "Wahlbeobachtungen" westlicher Politiker in russisch kontrollierten Gebieten, er schrieb selbst und vermittelte Autoren für ein Portal von Malofejew namens "Katehon".

Chefredakteur bei Katehon und bei dem Sender Tsargrad, der in Russland die "Arche" des gesunden Menschenverstands sieht, ist der neofaschistische Ideologe Alexander Dugin. Dugin war für den verstorbenen Ochsenreiter ein väterlicher Freund, er hat schon in Deutschland auf Deutsch vorgetragen und er verfolgt erbittert ein Ziel: "Eurasien": Damit meint er ein Europa autokratischer Nationalstaaten von Lissabon bis Wladiwostok unter russischer Führung nach russischen Werten.

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Seine Tochter, die seine Ideen ebenfalls verfolgte, ist im vergangenen Jahr Opfer eines Autobombenanschlags geworden, der durchaus auch ihm gegolten haben könnte. Gerade soll auf Malofejew ein ähnlicher Anschlag von Ukrainern geplant gewesen sein, behauptete der russische Geheimdienst FSB.

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Dugin saß bei der Versammlung auch in der ersten Reihe, allerdings ein paar Sitze entfernt von Malofejew und dessen Sitznachbarn, Außenminister Lawrow: der Hardliner und der Diplomat.

Malofejew fasste zusammen, Russland und die Russen führten den "Widerstand gegen den neuen, liberalen Faschismus an, der in seiner Russophobie und Menschenfeindlichkeit mit Hitlers Nazismus vergleichbar ist". In Lawrows Statement bekam die "Internationale RussophileInternationale Russophilen-Bewegung" ein freundlicheres Mäntelchen. "Alle sind daran interessiert, Freunde zu sein und einfach gutnachbarliche Beziehungen zu pflegen, gemeinsame Projekte zum gegenseitigen Nutzen umzusetzen", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass Lawrow.

Und im Logo der neuen Organisation ist eine Balletttänzerin.

*Wir hatten an dieser Stelle berichtet, Herdt habe in Berlin den Verein VADAR "gegen die Diskriminierung Russischsprachiger" mitgegründet. Das war nicht zutreffend. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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