t-online - Nachrichten fΓΌr Deutschland
Such IconE-Mail IconMenΓΌ Icon

MenΓΌ Icont-online - Nachrichten fΓΌr Deutschland
Such Icon
HomePolitikUkraine

Wladimir Putins Nachfolge: "Niemand glaubt mehr an einen Sieg"


"Der Krieg der Clans um Putins Thron hat begonnen"


Aktualisiert am 26.05.2023Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr fΓΌr Sie ΓΌber das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Wladimir Putin: Die Kosten für seine Luftangriffen sollen hoch sein, oft werden WohnhÀuser getroffen. Welche Strategie verfolgt er?Vergrâßern des Bildes
Wladimir Putin: Laut dem russischen Journalisten Roman Anin hat das Ringen um seine Nachfolge bereits begonnen. (Quelle: IMAGO/Grigory Sysoev/imago images)

Es ist vΓΆllig unklar, ob Wladimir Putin seinen Angriffskrieg in der Ukraine gewinnen kann. Deshalb tobt laut dem Kremlkritiker Roman Anin in Russland bereits ein Kampf um seine Nachfolge.

Er gerΓ€t immer stΓ€rker unter Druck. Wladimir Putin hat Russland in einen folgenschweren Angriffskrieg in der Ukraine gesteuert. Was vom russischen PrΓ€sidenten wahrscheinlich als kurze militΓ€rische Operation geplant war, um in Kiew eine kremlfreundliche Regierung einzusetzen, ist zu einem langen Krieg geworden. Dabei ist vΓΆllig unklar, ob die russische Armee diesen ΓΌberhaupt gewinnen kann.

Die Folgen dieser Fehlkalkulation wiegen fΓΌr Russland schwer: Immer mehr russische Soldaten und Reservisten sterben an der Front in der Ukraine, Putins Armee scheint nicht ausreichend schwere Waffen fΓΌr einen langen Feldzug zu haben und die SchΓ€den der wirtschaftlichen Entkopplung vom Westen sind im Land bisher nur in AnsΓ€tzen spΓΌrbar.

Doch was bedeutet das für die russische Führung? Der kremlkritische Journalist Roman Anin ist sich sicher, dass in Putins Machtkreis bereits ein Kampf um die Nachfolge des russischen PrÀsidenten tobt. Doch selbst für Experten ist es Àußerst schwierig, einen Blick hinter die Mauern des Kreml zu werfen. Bisher gibt es vor allem kleine Anzeichen dafür, dass an Putins Stuhl gesÀgt wird.

Putsch aus Putins innerem Zirkel?

"Putin ist ΓΌber 70 Jahre alt. Er ist kein junger Mann mehr. Das bedeutet, dass sein Umfeld versteht, dass er eher frΓΌher als spΓ€ter sterben oder zurΓΌcktreten wird", sagte Anin dem georgischen Dienst vom US-Radiosender "Radio Free Europe". "Ihnen ist klar, dass sie an verschiedenen Szenarien fΓΌr die Zeit nach seinem Tod arbeiten mΓΌssen."

imago images 153644425
(Quelle: IMAGO/Vit Simanek)

Roman Anin ist ein russischer Investigativjournalist, der fΓΌr die "Nowaja Gaseta" arbeitete. Im Jahr 2021 bezeichneten ihn russische BehΓΆrden als "auslΓ€ndischen Agenten" und er floh ins Ausland.

Klar: Die durchschnittliche Lebenserwartung von russischen MΓ€nnern betrug im Jahr 2022 64,7 Jahre, Putin ist 70 Jahre alt und immer wieder gibt es Spekulationen ΓΌber mΓΆgliche schwere Erkrankungen des russischen PrΓ€sidenten.

Die GerΓΌchte ΓΌber Putins Gesundheitszustand waren in der Vergangenheit vielmehr ein Ausdruck der Hoffnungslosigkeit, denn es erschien nicht wirklich denkbar, dass es in Russland zu einem politischen Machtwechsel kommt. Die Opposition ist noch immer schwach, Putins Gegner sind ins Ausland geflohen oder sitzen wie der Kremlkritiker Alexei Nawalny im GefΓ€ngnis.

Viele Russland-Experten sind sich deshalb einig: Ein Machtwechsel in Russland kânnte nur von Putins innerem Kreis angestoßen werden.

"Der Krieg der Clans um Putins Thron hat begonnen"

Doch durch den Ukraine-Krieg kΓΆnnte dieser Anstoß nun gekommen sein, zumindest geht Kremlkritiker Anin davon aus. "Der Krieg der Clans um Putins Thron hat begonnen. Das bedeutet nicht, dass sie ihn stΓΌrzen werden", erklΓ€rte er. Der Journalist bezog sich auf die russische Machtelite, den engen Kreis um Putin. "Sie wollen ihr Leben, ihr VermΓΆgen und das Leben ihrer AngehΓΆrigen retten. Sie verstehen, dass Russland den Krieg verloren hat – weil niemand mehr an den Sieg glaubt."

Deshalb wΓΌrden sie nun versuchen, ihre Macht und ihr VermΓΆgen zu retten und nach einem potenziellen Machtwechsel nicht als Verbrecher angeklagt zu werden.

Es ist in der Tat erkennbar, dass die Unruhe innerhalb der russischen FΓΌhrung wΓ€chst. So etwa gehen sich der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin oder auch der Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine, Waleri Gerassimow, gegenseitig in der Γ–ffentlichkeit an. Anin sieht dahinter einen Machtkampf, in dem fΓΌhrende Akteure in Putins Kreis mit ihren AnhΓ€ngern um die Nachfolge an der Spitze kΓ€mpfen. "Wir alle hoffen, dass die Ukraine auf dem Schlachtfeld siegen wird. Es wΓΌrde den Beginn des Chaos in Russland und den Beginn dieses 'Krieges der Clans' bedeuten."

In der Vergangenheit hat Putin von diesen KÀmpfen innerhalb seines Machtgefüges profitiert, weil die Personen in seinem Machtkreis vor allem von seiner Gunst abhÀngig waren. Das festigte stets Putins Macht. "Er liebt es, in den KÀmpfen des inneren Kreises als Richter aufzutreten", meinte Anin. "Heute ist dies offensichtlich nicht der Fall, denn diese âffentlichen Zusammenstâße festigen Putins Macht definitiv nicht. Es ist umgekehrt. Sie machen ihn schwÀcher."

Loading...
Symbolbild fΓΌr eingebettete Inhalte

Embed

Wer kΓΆnnte nach Putin kommen?

Bislang scheint Putin den Streitereien nicht Einhalt gebieten zu wollen oder zu kΓΆnnen. Vielleicht ist es seine Strategie, um die Aufmerksamkeit fΓΌr die anhaltenden RΓΌckschlΓ€ge im Ukraine-Krieg auf die Schultern seiner Untergebenen zu verteilen und sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen. Doch fΓΌr den Kremlchef ist die Lage ohne jeden Zweifel gefΓ€hrlich.

"Die Dinge kΓΆnnen sich sehr schnell Γ€ndern und weiterentwickeln, und ich fΓΌrchte, dass wir nur einen Schritt von dem Beginn des echten Chaos in Russland entfernt sind", sagt Anin. "Es sei denn, Putin beschließt, die Truppen abzuziehen, Russland abzuriegeln, eine MilitΓ€rdiktatur auszurufen, alle seine Feinde zu verhaften und das Land wirklich in ein Nordkorea zu verwandeln." Er ist sich sicher: "Entweder handelt Putin selbst – das heißt, er beginnt mit Repressionen gegen seine ehemaligen VerbΓΌndeten – oder es wird zu spΓ€t sein." Das sei fΓΌr den russischen PrΓ€sidenten eine "sehr schwierige Entscheidung".

Doch die Analyse des Journalisten stΓΌtzt sich vor allem auf Indizien. Er sieht beispielsweise den Abzug der Wagner-SΓΆldner aus Bachmut als Zeichen dafΓΌr, dass Prigoschin sich fΓΌr einen mΓΆglichen Machtwechsel in Stellung bringt. "Wenn Sie ΓΆffentliche Γ„ußerungen von Prigoschin und vielen anderen MeinungsfΓΌhrern – sogenannten Patrioten – lesen, haben sie bereits begonnen, Putin zu kritisieren", so Anin. "Sie sagen bereits, dass er das Land verrΓ€t."

Doch bislang fiel Prigoschin vor allem mit Kritik an der ArmeefΓΌhrung auf, auf direkte Angriffe auf Putin verzichtete er bisher. Denn auch der Wagner-Chef ist vom russischen PrΓ€sidenten abhΓ€ngig, ohne Putin bekommen seine SΓΆldner keine Waffen und keine Munition.

Loading...
Loading...
Loading...

Fest steht nur: Es gibt MachtkÀmpfe im Kreml, aber es ist von außen schwer ersichtlich, wie gefÀhrlich diese für Putin werden kânnen.

Bei Oppositionellen wie Anin schwingt in den Analysen oftmals die Hoffnung mit, dass sich in Russland politisch etwas Àndern kânnte. Trotzdem gibt es im Führungskreis von Putin keinen potenziellen Nachfolger, der für einen Kurswechsel in Russland steht. Darüber macht sich auch Anin keine Illusionen. "Ich fürchte, dass jemand, der noch schlimmer ist, diesen Machtkampf gewinnen kânnte. Stellen Sie sich vor, Prigoschin gewinnt und das Land mit dem zweitgrâßten Atomwaffenarsenal ist in den HÀnden eines berüchtigten Verbrechers", sagte er. Eines "verrückten Verbrechers", der noch schlimmer sei als Putin. "Ich hoffe, dass der Westen einen Plan hat, wie er dann vorgehen wird."

Verwendete Quellen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

t-online - Nachrichten fΓΌr Deutschland


TelekomCo2 Neutrale Website