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Ukrainischer Fluss Desna verseucht: Putins neue Strategie?


"Alles ist tot"
Vergiftet Putin mit Absicht ukrainische Flüsse?

Von t-online, jaf

02.10.2024Lesedauer: 3 Min.
Wladimir Putin in einem Boot auf dem Jenissei-Fluss: Neben den Bergen erkundete der russiche Präsident die Region auch auf dem Wasser.Vergrößern des BildesWladimir Putin in einem Boot auf dem Jenissei-Fluss (Archivbild): Russland soll angeblich zwei ukrainische Flüsse absichtlich kontaminiert haben. (Quelle: KREMLIN/dpa)

30 Tonnen tote Fische, kein Sauerstoff mehr: In der Ukraine sind zwei Flüsse extrem verseucht. Umweltexperten vermuten dahinter eine russische Kriegstaktik.

Zehntausende Menschen sind bereits im Ukraine-Krieg gestorben, viele weitere verletzt. Zahlreiche Städte wurden zerstört, und die Energieversorgung wurde stark beeinträchtigt. Weniger im Fokus stehen Schäden an der Natur. Doch auch die sind erheblich. So soll Russland einen Fluss absichtlich kontaminiert haben, um die ukrainische Wasserversorgung zu stören. Die Folge sind unzählige tote Fische und eine Natur, die Jahre benötigen wird, um sich zu erholen.

So wurde am 17. August ein giftiger Ölteppich auf dem Fluss Seim kurz vor der ukrainischen Grenze entdeckt. Schnell war klar, woher die Verunreinigung kam. Nach Angaben Kiews wurden große Mengen chemischer Abfälle einer Zuckerfabrik in den Seim gekippt. Darin enthalten waren Ammoniak, Magnesium und andere giftige Nitrate. Wolodymyr Osadtschy, Hydrochemiker an der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine, schätzte anhand von Satellitenbildern, dass rund 5.600 Tonnen kontaminiertes Wasser aus der Zuckerfabrik in den Seim gelangt seien.

"Der Gestank war schrecklich"

Die ukrainische Grenze ist weniger als zwei Kilometer entfernt, und so gelangte der Ölteppich in die Region Sumy und floss in die Desna. Das natürliche Ökosystem des Flusses brach zusammen. Fische, Weichtiere und Flusskrebse erstickten, der Sauerstoffgehalt sank auf fast null. Siedlungen entlang des Flusses meldeten ein Massensterben von Tieren. In nur drei Wochen wurden laut ukrainischem Umweltministerium mehr als 30 Tonnen toter Fische aus dem Seim und der Desna entfernt.

"Alles ist tot, vom kleinsten Elritzen bis zum größten Wels", berichtet Erhiy Kraskow, Bürgermeister des anliegenden Dorfes Slabyn, dem britischen "Guardian". Die toten Fische hätten sich am Ufer gestapelt. "Der Gestank war schrecklich. Man konnte kaum atmen."

Serhiy Zhuk, der Leiter der Umweltinspektion von Tschernihiw, sagte dem "Guardian", es werde Jahre dauern, bis sich der Fluss erholt. Solange die Kämpfe in der russischen Oblast Kursk andauerten, bestehe wenig Aussicht darauf, sagte er. Notfallteams haben nach seinen Angaben Kompressoren eingesetzt, um Sauerstoff in die Desna zu pumpen, um den verbleibenden Fischen eine bessere Überlebenschance zu geben.

"Russlands ökologischer Genozid"

Umweltinspekteur Zhuk glaubt, Russland habe die Flüssse mit Absicht vergiftet, um die Trinkwasserversorgung anzugreifen. Die Desna fließt in einen Stausee in der Region Kiew, aus dem Millionen Menschen ihr Trinkwasser beziehen. "Es gibt einen Unterschied zwischen einer Naturkatastrophe und einer von Menschen verursachten Katastrophe. Dies war ein Ablenkungsmanöver. Russlands ökologischer Genozid wird nicht enden, bis der Krieg endet", sagt Serhiy Zhuk. Auch die ukrainische Ministerin für Umweltschutz sieht einen absichtlichen Angriff Russland hinter der Verschmutzung: Diese sei Teil eines düsteren Musters, zitiert sie der "Guardian".

Beweisen lassen sich die Vorwürfe aber nicht. Auch ein Unfall ist möglich. So habe es wegen Ableitungen aus der Fabrik in Russland bereits in der Vergangenheit zwei Fischsterben gegeben, erklärt der Ökologe Mykhailo Khorew der "Kyiv Post". "Der Unterschied ist, dass es sich dabei um lokale Vorfälle handelte, während dieser Vorfall weitreichendere Folgen hatte."

Kiew gibt Entwarnung: Trinkwasser nicht kontaminiert

Vertreter des Kiewer Wasserversorgers warnten zeitweise, im schlimmsten Fall könne es zu einer Unterbrechung der zentralen Trinkwasserversorgung Kiews kommen. Das konnte bisher allerdings abgewendet werden. Der Wasserverbrauch in Kiew sei weiterhin sicher, erklärte Umweltschutzministerin Hrynchuk. So seien 120 Tonnen Reinigungsmittel importiert und Netze über die Desna gespannt worden, um tote Fische abzufangen.

Außerdem werde das Wasser routinemäßig gereinigt, bevor es für den Hausgebrauch entnommen werde, sagte sie und fügte hinzu: "Wir haben keine Fischplage." Zwar sei der Seim stark in Mitleidenschaft gezogen worden, die wasserreichere und schnelle Desna habe sich allerdings selbst reinigen können, sagt Yevhen Dykyj, Biologe und Direktor des Nationalen Antarktisforschungszentrums, der "Kyiv Post". Das Wasser habe daher bereits mehrere Hundert Kilometer vor Kiew einen normalen Sauerstoffgehalt aufgewiesen.

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