"Das ist unglaublich" Trump droht eine Revolte im MAGA-Lager
Im Fall des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein witterte das Trump-Lager eine Verschwörung – und versprach Aufklärung. Nun ist davon keine Rede mehr. Doch an der Basis rumort es gewaltig.
Donald Trump könnte eigentlich zufrieden sein. Sein umstrittenes Haushaltsgesetz ist vom Kongress verabschiedet worden, der Supreme Court hat den Weg für die geplanten Massenentlassungen von Staatsbediensteten freigemacht und Benjamin Netanjahu hat dem US-Präsidenten ein großzügiges Geschenk gemacht: Der israelische Regierungschef nominierte Trump am Dienstag für den Friedensnobelpreis.
Man könnte meinen, es läuft glänzend für den 79-Jährigen im Weißen Haus. Doch im Hintergrund brodelt es. Insbesondere die Gründung der "America Party" durch Trumps neuen Widersacher Elon Musk dürfte dem Republikaner und seinen Strategen Kopfzerbrechen bereiten. Aber auch an der Basis der von Trump initiierten MAGA-Bewegung wird das Rumoren lauter. Erst im Mai hatte der US-Präsident viele seiner Anhänger mit einem geschenkten Luxusflieger aus Katar verprellt. Nun braut sich erneut eine Revolte im MAGA-Lager zusammen: Es geht um Sex, Lügen und Verschwörungstheorien.
Angeblich Namen von Hollywood-Prominenz auf Kundenliste
Viele Trump-Anhänger sind derzeit empört, weil die neue Regierung ihrer Meinung nach ein Versprechen nicht eingehalten hat: Licht in den Skandal um den Milliardär Jeffrey Epstein zu bringen. Dem ehemaligen Investmentbanker war schwerer sexueller Missbrauch von Minderjährigen, Zwangsprostitution und der Aufbau eines illegalen Sexhandelsrings vorgeworfen worden. Während der Untersuchungshaft wurde er im August 2019 tot in seiner Gefängniszelle in Manhattan aufgefunden. Dies erschien als besonders brisant, da Berichte darüber zirkulieren, dass Epstein auch Mädchen und junge Frauen Prominenten zugeführt haben soll. Darunter sollen Mitglieder der höchsten Gesellschaftsschichten gewesen sein: Milliardäre, Adlige und auch hochrangige Politiker.
Insbesondere das Lager der Trump-Anhänger hatte unmittelbar nach Epsteins Tod über angebliche Verschwörungen zur Beseitigung des Milliardärs diskutiert. Manche Trump-Fans raunten sogar, Epstein sei vom sogenannten "tiefen Staat" (deep state) eliminiert worden, mit dem Einverständnis der Demokraten. Trumps Justizministerin Pam Bondi und der Chef der Bundespolizei FBI, Kash Patel, hatten Spekulationen befeuert, es gebe eine geheim gehaltene "Kundenliste" Epsteins, auf der prominente Namen aus der Demokratischen Partei und Hollywood zu finden seien.
Mike Benz, ein Mitarbeiter der US-Administration während Trumps erster Amtszeit, sagte in der Talkshow "Real America's Voice", hinter der Epstein-Verschwörung stecke außerdem ein globales Geheimdienstnetzwerk. Involviert seien nicht nur der US-Auslandsgeheimdienst CIA, sondern auch der britische Geheimdienst MI6, der israelische Mossad und saudi-arabische Dienste. Wie er zu dieser These kam, sagte er nicht. Die Hoffnung der konservativen Verschwörungstheoretiker hatte stets einen Namen: Donald Trump. Von ihm versprachen sie sich endlich Aufklärung im Fall Epstein.
Rechte Influencer schäumen vor Wut
Am Montag veröffentlichten die Trump-Vertrauten Pam Bondi und Kash Patel dann allerdings ein überraschendes Memo: Es sei keine "belastende 'Kundenliste'" gefunden worden, hieß es darin – und Epstein habe, wie bisher angenommen, im Gefängnis Suizid begangen. Weitere Informationen in dem Fall gebe es nicht. Das sorgte unter vielen Trump-Anhängern für Unmut, gerade auch unter den prominenten Stimmen der MAGA-Bewegung.
"Das ist über alle Maßen widerlich", twitterte etwa der Radiomoderator und bekannte Verschwörungstheoretiker Alex Jones. Als Nächstes werde das Justizministerium behaupten, Epstein habe nie existiert, fügte er sarkastisch hinzu. Der konservative Onlineaktivist Robby Starbuck nahm vor allem Justizministerin Pam Bondi ins Visier. "Entschuldigung, aber das ist vollkommen inakzeptabel", sagte Starbuck in einem Video. "Entweder hat sie damals gelogen, oder sie lügt jetzt. Wir verlangen Antworten".
Bondi hatte noch im Februar angekündigt, den Fall Epstein endlich aufklären zu wollen. In einem Interview mit dem Sender Fox News hatte sie gesagt, dass die berüchtigte "Kundenliste" Epsteins bereits auf ihrem Schreibtisch liege und man sich nun an deren Auswertung mache. Nun aber behauptet sie das Gegenteil.
Trump fordert Reporter auf, über seine Erfolge zu berichten
"Die systematische Überprüfung ergab keine belastende 'Kundenliste'. Es wurden auch keine glaubwürdigen Beweise dafür gefunden, dass Epstein prominente Personen im Rahmen seiner Handlungen erpresst hat", heißt es in dem neuen Memo. "Wir haben keine Beweise gefunden, die eine Untersuchung gegen nicht angeklagte Dritte rechtfertigen würden."
Die Rechtsaußen-Influencerin Laura Loomer, der ein großer Einfluss auf Trump nachgesagt wird, forderte daraufhin die Entlassung von Justizministerin Bondi. Der Präsident solle sie "feuern, weil sie seine Basis belogen hat und eine Belastung für die Regierung ist", forderte Loomer im Onlinedienst X.
Trump selbst zeigte sich überrascht über die Aufregung. "Redet ihr immer noch über Jeffrey Epstein?", fragte er einen Reporter, die ihn bei einer öffentlichen Kabinettsitzung am Dienstag zu dem Fall befragte. "Reden die Leute immer noch über diesen Typen, diesen Widerling? Das ist unglaublich", empörte sich Trump. Mit der Flutkatastrophe in Texas habe das Land wahrlich andere Probleme. Die Medien sollten lieber über seine – also Trumps – Erfolge reden, etwa in der Zollpolitik, riet er den Journalisten.
Trump: Hatte mit Epstein "viel Spaß"
Trump-Kritiker meinen, der Präsident werde nun von einer Kampagne heimgesucht, die er einst selbst mit ins Leben gerufen hatte. Chris Cillizza, ein ehemaliger Kommentator des US-Fernsehsenders CNN, sagte, Trump habe selbst immer wieder vom "tiefen Staat" gemunkelt. Nun dürfe er sich nicht wundern, wenn seine Anhänger Antworten forderten.
Auch frühere Trump-Aussagen zu Epstein sind schlecht gealtert. Der Immobilienmogul hatte Epstein 2002 in einem Interview mit dem Magazin "New York" als "formidablen Burschen" bezeichnet, mit dem man stets "viel Spaß" habe. Trump fügte hinzu, dass Epstein "schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele von ihnen sind von der jüngeren Sorte". Zu dieser Zeit war Epstein noch Trumps Nachbar in Palm Beach in Florida.
In später freigegebenen Dokumenten zur Epstein-Affäre tauchte auch Trumps Name auf, ein Fehlverhalten wurde dem amtierenden Präsidenten allerdings nicht vorgeworfen. Der US-Präsident bestreitet, in engerem Kontakt zu Epstein gestanden zu haben.
Für Musk ist die Epstein-Affäre ein gefundenes Fressen
Der Trump-Biograf Michael Wolff warf im Jahr 2024 etwas mehr Licht auf die Beziehung zwischen Trump und Epstein. Da veröffentlichte der Investigativjournalist mehr als 100 Stunden Audioaufnahmen, die bei Interviews mit Epstein entstanden waren. Epstein schildert darin nicht nur erstaunlich detailliert die Zustände im Weißen Haus während Trumps erster Amtszeit, er weiß auch pikante Episoden aus Trumps Sexualleben zu berichten. Und er sagt im Gespräch mit Wolff auch: "Ich war mehr als zehn Jahre lang einer der engsten Freunde von Trump."
Mit sichtbarer Schadenfreude reagierte Elon Musk auf die Unruhen im MAGA-Lager. Wie könnten Menschen "Vertrauen in Trump haben, wenn er die Epstein-Akten nicht veröffentlicht?", fragte der Tech-Unternehmer in seinem Onlinedienst X.
Der in Ungnade gefallene Trump-Berater Musk hatte dem Präsidenten bereits Anfang Juni unterstellt, Trumps Name finde sich in den Epstein-Akten. Nun will Musk den Skandal für den Wahlkampf nutzen. Mit seiner neu gegründeten "Amerika-Partei" will der Tesla-Chef den Republikanern bei den Zwischenwahlen zum Kongress im Herbst 2026 wichtige Stimmen abjagen.
- npr.org: Here's why conspiracy theories about Jeffrey Epstein keep flourishing
- nbcnews.com: DOJ memo dismissing Epstein conspiracy theories sparks conservative anger
- hollywoodreporter.com: Jeffrey Epstein "Client List" Doesn’t Exist, No More Files to Be Released, Justice Dept. Says
- bbc.com: Jeffrey Epstein: Prince Andrew and Bill Clinton named in court files
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP