Gespräche mit Russland in Istanbul Diese Forderungen waren für die Ukraine "inakzeptabel"

Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine bleiben zunächst ohne Ergebnis. Kiew kritisiert Maximalforderungen der Russen. Nun berichten Medien über die Bedingungen Russlands.
Die ersten direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine seit rund drei Jahren sind am Freitag in Istanbul ohne Fortschritte bezüglich einer Waffenruhe zu Ende gegangen. Die ukrainische Delegation warf Russland vor, bei den Verhandlungen "inakzeptable Forderungen" erhoben zu haben, um die Gespräche scheitern zu lassen. Welche Forderungen das waren, erklärte die Ukraine zunächst nicht. Die Nachrichtenagentur Bloomberg jedoch berichtet, dass es sich dabei um Maximalforderungen handelte.
Bloomberg beruft sich auf Quellen, die mit den Inhalten des Treffens vertraut sein sollen. Demnach hat Russland im Kern fünf Forderungen aufgestellt:
- Die Ukraine soll ein neutraler Staat werden,
- sie soll weder über ausländische Truppenpräsenz noch Massenvernichtungswaffen verfügen,
- Kiew soll von der Forderung nach Kriegsreparationen an Russland abrücken,
- die Ukraine soll die von Russland annektierten Gebiete als russisch anerkennen und
- der Kreml wird erst einer Waffenruhe zustimmen, wenn die Ukraine ihre Truppen aus den entsprechenden Regionen abzieht.
Kremlsprecher: "Verhandlungen laufen noch"
Die Forderungen sind bisher weder von ukrainischer noch von russischer Seite bestätigt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete später jedoch über dieselben Bedingungen der Russen. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte laut staatlichen russischen Nachrichtenagenturen am Samstag lediglich, dass Russland eine Liste mit Bedingungen für einen Waffenstillstand erstellen und an die Ukraine weiterleiten werde. Kiew werde seinerseits das gleiche tun. "Die Verhandlungen laufen noch und sollten hinter verschlossenen Türen stattfinden", sagte Peskow laut Tass.
- Trump droht Putin: "Für Russland wäre das zerstörerisch"
Der Bloomberg-Bericht scheint die Einschätzung von Beobachtern zu bestätigen, dass Russland mit seinen Forderungen an die früheren Verhandlungen in Istanbul im Jahr 2022 anknüpft. Russland hatte damals zusätzlich eine weitgehende Entmilitarisierung der Ukraine gefordert. Auch die Delegation die Kremlchef Wladimir Putin bereits am Donnerstag in die Türkei geschickt hatte, bestand vorrangig aus Mitgliedern der Verhandlungsgruppe aus dem Jahr 2022.
Die Ukraine hatte in den letzten Monaten mehrfach Forderungen nach einer Anerkennung der besetzten Gebiete als russisch abgelehnt. Dabei handelt es sich um die bereits 2014 völkerrechtswidrig annektierte Krim sowie die 2022 annektierten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Letztere Gebiete kontrolliert Russland jedoch nicht vollständig. Kiew verweist auf die Verfassung des Landes, die Gebietsabtretungen ausschließt.
Ukraine: "Wir haben uns darauf vorbereitet"
Der ukrainische Außenamtssprecher Heorhij Tychyj bestätigte Medienberichte, wonach es harte Differenzen bei den Gesprächen gegeben habe. "Bei den Verhandlungen gab es tatsächlich Forderungen, die wir für unannehmbar halten", sagte Tychyj, nannte aber keine Details.
Zuvor hatten Berichte kursiert, wonach die russische Seite weiterhin einen vollständigen Rückzug der Ukraine aus den von Russland beanspruchten Provinzen sowie eine Anerkennung der Annexionen fordere. Tychyj sagte: "Wir haben uns darauf vorbereitet. Die ukrainische Delegation wusste, dass das kommt. Daher hat sie einen sehr zurückhaltenden Ton eingehalten und ruhig ihre Linie verteidigt, ihre Position ausgesprochen. Wir finden, dass die ukrainische Delegation hinreichend effektiv gearbeitet hat."
Russland und Ukraine einigten sich auf Gefangenenaustausch
Am Freitag hatten Vertreter Moskaus und Kiews unter türkischer Vermittlung knapp eineinhalb Stunden über ein mögliches Ende des russischen Angriffskrieges gesprochen. Über eine Waffenruhe wurde keine Einigkeit erzielt. Einzig greifbares Ergebnis war die Vereinbarung, jeweils 1.000 Kriegsgefangene auszutauschen. Das wäre der bisher größte Austausch dieser Art seit Kriegsbeginn im Februar 2022. Ein genauer Zeitpunkt wurde nicht öffentlich genannt. Der Austausch solle aber "in nächster Zeit" erfolgen, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Putin am vergangenen Wochenende öffentlich zu einem persönlichen Treffen in Istanbul aufgefordert. Putin hatte darauf nicht geantwortet und stattdessen eine rangniedrigere Delegation zu Gesprächen in die Türkei geschickt.
Putin ist nach Angaben seines Sprechers jedoch nur unter Bedingungen zu einem Treffen mit Selenskyj bereit. Detailforderungen nannte Peskow zwar nicht. Er deutete jedoch an, dass die russische Führung wie bereits früher geäußert Selenskyj nicht als legitimen Vertreter der Ukraine ansieht. Falls sich beide Seiten in Verhandlungen auf gemeinsame Positionen verständigten, bleibe "die wichtigste und grundlegende Frage" aus russischer Sicht, "wer genau auf ukrainischer Seite diese Dokumente unterzeichnen wird".
- bloomberg.com: "Europe Waits to Find Out Where Trump Swerves to Next on Russia" (englisch, kostenpflichtig)
- tass.ru: "Песков: РФ подготовит и передаст Украине перечень условий для прекращения огня" (russisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP