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Kandidatencheck zur NRW-Landtagswahl: Wüst sagt russischem Gas den Kampf an


NRW-Kandidatencheck
Wüst sagt russischem Gas den Kampf an


30.04.2022Lesedauer: 7 Min.
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Der amtierende NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst soll bei der Landtagswahl am 15. Mai als Spitzenkandidat für die CDU ins Rennen gehen.Vergrößern des Bildes
Der amtierende NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst soll bei der Landtagswahl am 15. Mai als Spitzenkandidat für die CDU ins Rennen gehen. (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Am 15. Mai wählt NRW einen neuen Landtag. t-online hat die Spitzenkandidaten der großen Parteien zu den drängendsten Fragen im bevölkerungsreichsten Bundesland befragt. Dieses Mal: Der amtierende Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Sechs Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, davon fünf bereits im Landtag: t-online hat die drängendsten Themen in NRW ausgemacht und CDU, SPD, Grüne, FDP, AfD und Linke damit konfrontiert. Alle sechs Politikerinnen und Politiker müssen sich denselben Fragen stellen.

Als Nachfolger von Armin Laschet soll Hendrik Wüst nach der Wahl erneut für die CDU in den Landtag ziehen – und erneut den Posten als Ministerpräsident besetzen. Doch einfach wird das nach aktuellen Umfragen nicht. Im Kandidatencheck erklärt Wüst, mit welchen Themen er bei der Wahl punkten will.

t-online: Herr Wüst, Klimaschutz steht in Ihrem Wahlprogramm ganz oben auf der Agenda. Gleichzeitig wollen Sie der Industrie den Rücken stärken. Geht nachhaltige Wirtschaft in NRW überhaupt?

Hendrik Wüst: Arbeitsplätze krisensicher machen durch eine starke Wirtschaft – darum geht’s gerade ganz besonders. Beim Klimaschutz ist die Industrie nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Wir müssen mit Mut und Innovationen international konkurrenzfähige Technologien auch für energieintensive Prozesse hervorbringen, die eine klimaneutrale Produktion ermöglichen.

Nachhaltigkeit hat aber noch andere Facetten. Wir setzen auch auf finanzielle Nachhaltigkeit, also solide Haushalte, auf nachhaltigen Tourismus und Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft. Unser Wald ist der beste Klimaschützer überhaupt.

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Wie gelingen Kohleausstieg und Strukturwandel, ohne Arbeitsplätze zu gefährden?

Nordrhein-Westfalen ist Industrieland und soll es bleiben – aber klimaneutral. Mit mehr als einer Million Beschäftigten erwirtschaftet das produzierende Gewerbe in unserem Bundesland über 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts, schafft soziale Sicherheit und garantiert eine Produktion mit weltweit führenden Sicherheits-, Klima- und Umweltstandards.

Wir wollen die Akzeptanz für unsere Industrie sichern. Es bringt dem Klima gar nichts, wenn unsere energieintensiven Unternehmen in andere Länder abwandern, kostet aber Hunderttausende gut bezahlte Arbeitsplätze.

Bis wann wird NRW spätestens klimaneutral? Und wie?

Wir halten an dem Ziel fest, möglichst bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Wir haben ermöglicht, dass die deutsche Premiere von Wasserstoffstahl bei ThyssenKrupp in Duisburg stattfand.

Mit unserer Wasserstoff-Strategie werden wir auch anderen energieintensiven Branchen den Umstieg auf klimaneutralen Wasserstoff bei der Produktion ermöglichen, zum Beispiel Glas in Herzogenrath.

Wie wird die Energieversorgung in NRW zukünftig aussehen?

Wir müssen so schnell wie möglich unabhängig werden von russischen Energieimporten. Für eine sichere Versorgung brauchen wir Erdgas aus möglichst unterschiedlichen Quellen. Vor allem energieintensive Unternehmen in Nordrhein-Westfalen brauchen hier Preisstabilität und Versorgungssicherheit.

Ich spreche mich zusätzlich dafür aus, Kohlekraftwerke, die abgeschaltet wurden oder bald abgeschaltet werden sollen, in unsere Kraftwerksreserve aufzunehmen. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine müssen wir unsere Industriearbeitsplätze bei uns krisensicher machen.

Vom Klimaschutz zur Mobilität: Wie werden Menschen mobiler und besser angebunden – insbesondere auf dem Land?

Zuverlässig und flexibel von A nach B zu kommen, ist für die Lebensqualität der Menschen entscheidend. Es ist auch eine Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum.

Dabei darf es keine Rolle spielen, ob man in Ballungsräumen oder auf dem Land lebt. Mobilität muss bezahlbar sein, ihre Kosten dürfen nicht zur sozialen Frage werden.

Und: Mobilität muss nachhaltig sein. Wir haben eine ÖPNV-Offensive mit einem Volumen von vier Milliarden Euro für Reaktivierungen von Bahnstrecken, Elektrifizierung, mehr Züge, weniger Verspätungen, mehr Schnellbusverbindungen und On-Demand-Angeboten auf den Weg gebracht.

Wir wollen den ÖPNV zu einer echten Alternative ausbauen – einfacher zugänglich, leistungsstärker, flexibler, barrierefreier, innovativer und klima- und umweltfreundlicher. Jede Kommune ab 20.000 Einwohnern soll eine Schienen- oder Schnellbusanbindung bekommen und mit mehr Direktverbindungen auf nachfragestarken Strecken müssen Pendler künftig weniger umsteigen.

Wie wird NRW sich in puncto E-Mobilität entwickeln?

Damit der Umstieg auf Elektromobilität schneller gelingt, ist eine attraktive und flächendeckende Ladeinfrastruktur erforderlich. Dies wollen wir für alle Menschen ermöglichen – unabhängig davon, ob sie im Eigenheim oder zur Miete, in der Stadt oder auf dem Land wohnen.

Von der Vorgängerregierung wurde E-Mobilität mit genau null Euro gefördert, wir haben über 200 Millionen Euro in die Hand genommen. Wir haben seit 2017 rund 9.800 öffentlich zugängliche und 64.000 private und betriebliche E-Ladestationen gefördert und werden das weiter ausbauen.

Nur so kann E-Mobilität für jeden im Alltag funktionieren. Daneben werden wir die Forschung und Entwicklung von weiteren alternativen Antrieben der verschiedenen Verkehrsträger wie E-Fuels und Brennstoffzellen technologieoffen fördern.

Von der Mobilität auf den Straßen zur Mobilität im Netz. In welchen Bereichen wird NRW bis wann digitaler?

Die Potenziale der Digitalisierung müssen wir in allen Lebensbereichen heben. Digitalisierung des Schienensystems sorgt zum Beispiel dafür, mehr Züge auf die Strecken zu bekommen.

Planungs- und Genehmigungsprozesse müssen noch schneller, digitaler und innovativer werden. Wir haben das E-Government-Gesetz novelliert und damit die vollständige Digitalisierung der Landesverwaltung auf das Jahr 2025 vorverlegt.

Die Digitalisierung der Verwaltung ermöglicht Behördengänge von zu Hause aus, flächendeckende Digitalisierung im Gesundheitswesen sichert uns allen beste medizinische Versorgung und Know-how überall im Land.

Im Bereich Schule haben wir einen erheblichen Rückstand geerbt und mit viel Geld aufgeholt, 700.000 Endgeräte für bedürftige Kinder und 200.000 Geräte für Lehrkräfte beschafft. Wir werden in den kommenden fünf Jahren dafür sorgen, dass jedes Schulkind ein mobiles Endgerät, also in der Regel ein Tablet, bekommt.

Wer bekommt in NRW schnelles Glasfaserinternet und Zugang zu 5G?

Eines der Hauptthemen im Wahlkampf 2017 waren fehlende Breitbandanschlüsse in Schulen und Gewerbegebieten. Ende 2022 wird jede Schule und jedes Gewerbegebiet Zugang zum Giga-Netz haben.

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Wir haben Wort gehalten! Nordrhein-Westfalen ist heute das am besten mit gigabitfähigem Netz versorgte Flächenland: 98 Prozent der Schulen, 95 Prozent der Gewerbegebiete und 76 Prozent der Haushalte haben Zugang zum gigabitfähigen Netz.

Nachdem wir diese Schritte erfolgreich gegangen sind, machen wir weiter: Jeder Haushalt wird nun Zugang zum Breitband bekommen und 5G soll bis Ende 2024 flächendeckend der Standard werden, mit mindestens 10.000 Mobilfunkstandorten.

2025 wollen wir flächendeckend double Gigabit haben – also Glasfaser und LTE. Und weil wir nie wieder hinterherlaufen wollen, gehen wir bereits jetzt an die Erforschung des nächsten Mobilfunkstandards 6G.

Nicht nur in puncto Digitalisierung haben einkommensschwache Haushalte bislang ein Nachsehen. Wie bekommt NRW mehr und bezahlbare Wohnungen?

Noch nie ist so viel gebaut worden wie aktuell. Noch nie hatten wir so viele Wohnungen in Nordrhein-Westfalen wie heute. Ob eigene Wohnung, Doppelhaushälfte oder Einfamilienhaus – wir wollen die Eigentumsbildung gerade für Familien erleichtern.

Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer auf 6,5 Prozent durch Rot-Grün hat den Eigentumserwerb erheblich verteuert. Deshalb werden wir ermöglichen, dass Familien beim Kauf eines selbstgenutzten Hauses einen Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer bekommen.

Als Übergangslösung haben wir 400 Millionen Euro für ein Förderprogramm bereitgestellt. Mehr Familien sollen ihren Traum von den eigenen vier Wänden leben können, damit das Land der Mieter auch ein Land der Eigentümer wird.

Wir haben die Bürokratie im Bereich Bauen weitestgehend reduziert, soweit ein Land das machen kann. Heute haben wir 180.000 Wohnungen mehr in Nordrhein-Westfalen als zu Zeiten von Rot-Grün.

Welches Problem auf dem Wohnungsmarkt in NRW ist das drängendste und muss als Erstes angegangen werden?

Nordrhein-Westfalen ist Familienland und daher gilt für mich: "Family first!". Ich bin überzeugt, dass vor allem junge Familien eine echte Chance auf Wohneigentum haben müssen.

An diesem Punkt muss sich Wohnungspolitik messen lassen und dafür haben wir in den vergangenen fünf Jahren viel getan. Wir stellen beispielsweise Rekordsummen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro jährlich für die Wohnbauförderung zur Verfügung, damit mehr gebaut werden kann.

Wie wird in NRW mehr Chancengleichheit zwischen armen und reichen Kindern herrschen?

Kinderarmut – gemessen an Leistungen der Mindestsicherung – ist in Nordrhein-Westfalen seit 2017 rückläufig. Das ist gut, das ist der richtige Trend. Kinderarmut ist aber mehr als finanzielle Knappheit, sie bedeutet oft auch Armut an Bildung, an Betreuung, an Chancen.

Deshalb stehen die gut drei Millionen Kinder in unserem Land im Mittelpunkt unserer Politik. Sie sollen alle Chancen haben, sich zu entfalten und gefördert zu werden: Die besten Schulen für jene Kinder, die vor den größten Herausforderungen im Leben stehen.

Alle Schulen, die vor besonderen sozialen Herausforderungen stehen, will ich zu Talentschulen ausbauen, damit Kinder ihr Potenzial entdecken und entfalten, damit sie Vertrauen für den eigenen Lebensweg finden.

1,3 Milliarden Euro zusätzlich im Jahr haben wir für das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) in die Hand genommen, das die Kindertagesbetreuung und frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen regelt. Wir haben 100.000 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen. So muss es weitergehen.

Wie werden Beruf und Familie besser vereinbar?

Zum Beispiel durch bessere Betreuungsangebote in den Randzeiten und eine Garantie für den Ausbau von Betreuungsplätzen. Wir setzen da an, wo die Unterstützung am wirkungsvollsten ist – für eine stärkere Teilhabe der Eltern am Erwerbsleben und für einen chancengerechten Bildungsweg unserer Kleinsten.

Denn Bildung beginnt schon in der Kita. Deshalb will ich nach der Wahl die Elternbeiträge für alle Kinder über drei abschaffen. Und wir schaffen eine gute frühkindliche Bildung mit ausreichend Plätzen und flexiblen Betreuungszeiten. Nur so ist echte Vereinbarkeit möglich.

Ein wesentlicher Aspekt: Das Wissen und das Können von Frauen in der Arbeitswelt sind unverzichtbar. Sie müssen genauso wie Männer die Chance haben, nach der Familiengründungszeit wieder voll im Beruf durchstarten zu können.

Seiner eigenen Familie ebenso gerecht werden zu wollen, wie den Anforderungen im Beruf, auch eines öffentlichen Amtes, das muss übrigens auch in der Politik möglich sein.

Was sind im Hinblick auf innere Sicherheit die drängendsten Probleme in NRW?

Für uns gilt: maximale Sicherheit für die Menschen und null Toleranz gegenüber Kriminellen. Wir haben 2017 eine sicherheitspolitische Wende vollzogen. Seit 35 Jahren ist unser Land nicht mehr so sicher wie jetzt.

Wir dürfen nicht nachlassen bei der Bekämpfung der Clankriminalität, bei der Bekämpfung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch. Kriminalität verlagert sich immer mehr in den digitalen Raum.

Wir werden Kriminalität im Internet künftig mit Cybercops bekämpfen. Sie sollen im Internet Streife gehen und sich umfassend um Kriminalität im Internet kümmern, von Hasskriminalität über Betrugsfälle bis hin zu Straftaten im Darknet. Besonders wichtig ist uns dabei der Kampf gegen die Verbreitung von Videos oder Bildern von Kindesmissbrauch.

Die Cybercops sprachen Sie bereits an, wie steht es um die echten Cops? Braucht NRW mehr Stellen für Polizisten?

Polizistinnen und Polizisten sind die Garanten der Sicherheit der Menschen in unserem Land, sie leisten hervorragende Arbeit. Wir werden eine Einstellungskampagne starten, um Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger sowie Spezialistinnen und Spezialisten für die Polizei zu gewinnen.

Von 2017 bis 2022 haben wir über 15.000 Polizisten eingestellt. Die Polizei wächst erstmals wieder. Wir setzen unsere Null-Toleranz-Strategie gegenüber Kriminellen fort und wollen jährlich 3000 neue Polizistinnen und Polizisten ausbilden und sorgen dafür, dass die Zahl der Polizistinnen und Polizisten von heute rund 40.000 auf mindestens 45.000 steigt.

Verwendete Quellen
  • Fragebogen von t-online an Hendrik Wüst
  • Eigene Recherchen
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