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Stefan Effenberg: Das 1:1 gegen Augsburg war ein Warnschuss für FC Bayern


Bundesliga-Zwischenbilanz
Warnschuss für Bayern und Rat an Kovac

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 28.09.2018Lesedauer: 6 Min.
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t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg. Im Hintergrund: Die Allianz Arena in München. Der FC Bayern ist einer der Schwerpunkte des Ex-Nationalspielers. 2001 führte er den Verein als Kapitän zum Sieg in der Champions League.Vergrößern des Bildes
t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg. Im Hintergrund: Die Allianz Arena in München. Der FC Bayern ist einer der Schwerpunkte des Ex-Nationalspielers. 2001 führte er den Verein als Kapitän zum Sieg in der Champions League. (Quelle: imago-images-bilder)

Am Wochenende geht es für Schalke und Stuttgart schon um alles – und in Dortmund kämpft Mario Götze um seine Zukunft. Zeit für eine erste Zwischenbilanz in der Bundesliga.

Fünf Spiele liegen in der Bundesliga hinter uns – und schon brennt es bei einigen Klubs so richtig.

Bevor ich zu den größten Brennpunkten komme, noch ein paar Sätze zum FC Bayern: Das 1:1 gegen Augsburg unter der Woche war natürlich kein Beinbruch. Aber es war vielleicht ein Warnschuss. Man hat gesehen: Niko Kovac muss die Rotation in den nächsten Wochen ein Stück weit einstellen – trotz der möglicherweise vorhandenen Müdigkeit einiger Spieler.

Er hat mit fünf Änderungen im Vergleich zum Spiel zuvor auf Schalke einfach zu viele vorgenommen. Allein das Fehlen von Lewandowski hat sich extrem bemerkbar gemacht – und gezeigt, dass sie in der aktuellen Situation einen Striker brauchen.

Der Fokus muss darauf liegen, den Vorsprung in der Liga auszubauen und die Gruppe in der Champions League für sich zu entscheiden. Die Verfolger sind nur einen Sieg entfernt. Das muss man jetzt einfach mal bis zur Länderspielpause durchziehen – danach kann man immer noch rotieren.

Nun zu den brisanten Themen.

Brennpunkt Dortmund: Der Kantersieg gegen Nürnberg war ganz sicher Gold wert und wird dem BVB einen Schub geben für die nächsten Wochen. Trotzdem gibt es viele Diskussionen – um Mario Götze. Er saß zum zweiten Mal hintereinander in der Bundesliga nur auf der Tribüne. Und dann sagte Favre auch noch auf die Frage, warum er nicht im Aufgebot stehe: "Es wäre unfair den anderen Spielern gegenüber." Das sind herbe Rückschläge für ihn und auch der klare Sieg seiner Mannschaft ohne Götze ist einer. Wenn das Spiel 1:1 ausgeht, ist er schneller wieder eine Option als so. Das ist bitter, aber das ist Fußball.


Ich möchte das mal mit der Situation von Renato Sanches bei Bayern vergleichen – weil man daran sehen kann, wie wichtig das Vertrauen des Trainers ist. Das ist der Schlüssel zu den Spielern und zu deren Leistungen. Sanches und Götze sind beides sensible Spieler mit herausragenden Anlagen.

Wie Götze hat auch Sanches extrem auf die Ohren bekommen in den letzten zwei Jahren – allein in seinem halben Jahr in der Premier League bei Swansea, mit denen er abgestiegen ist. Zurück bei Bayern galt er gleich als Verkaufskandidat – wurde aber nicht abgegeben. Jetzt bekommt er das Vertrauen von Niko Kovac und zahlt auf einmal zurück. Endlich sieht man seine Anlagen, die den Bayern vielleicht sogar gefehlt haben. Er treibt den Ball über 50, 60 Meter, weshalb Kovac auch den Vergleich zu Lothar Matthäus angestellt hat. Der hat das genauso beherrscht.

Jetzt macht auch der Transfer von Rudy zu Schalke Sinn – weil sie Sanches vertrauen und auf ihn setzen.

Bei Mario Götze ist das Gegenteil der Fall. Auch er hat Anlagen, die Borussia Dortmund gebrauchen kann. Ihm fehlt allerdings das Vertrauen. Zumal er es braucht, wie kaum ein anderer. Bei Klopp hatte er es zu hundert Prozent. Bei Bayern und auch bei Dortmund nach seiner Rückkehr nicht mehr – zumindest nicht in dem Maße. Die Erwartungen an ihn sind heute hoch – aber nicht aufgrund seines Siegtores im WM-Finale, sondern weil er unter Klopp so sensationell gespielt hat.

In der Vorbereitung war er mal Kapitän und hat gespielt. Ich hatte gehofft, dass er jetzt einen ganz entscheidenden Schritt macht. Leider ist der ausgeblieben.

Was nun? Götze wird 27 Jahre alt. Er hat dann noch fünf, sechs Jahre vor sich. Er sollte versuchen, die so hinzubekommen, dass er hinterher sagen kann: "Da war nicht nur der Siegtreffer bei der WM – ich habe auch vorher und hinterher noch einige Titel gewonnen."

Eine Flucht im Winter wäre aber ein Fehler. Ein bisschen kämpfen für seine Position muss er schon noch. Er muss alles versuchen, sich das Vertrauen von Favre zu erarbeiten. Und wenn das bis zum Frühjahr nicht funktioniert, dann sollte er darüber nachdenken, im Sommer den Schritt ins Ausland zu machen.

Wenn er sich in Dortmund nicht durchsetzt, in seiner fußballerischen Heimat, dann kann es nur noch ins Ausland gehen. Ein Wechsel innerhalb der Liga ist aus meiner Sicht undenkbar. Götze hat ja auch selbst einen gewissen Anspruch. Da kommt außer Bayern und Dortmund kein Verein in Deutschland in Frage.

Brennpunkt Schalke: Die Situation ist extrem schwierig. Wir reden über den Vizemeister, der seine Leistungen aus der Vorsaison bestätigen wollte – und nun mit null Punkten auf dem 18. Tabellenplatz liegt. Sie haben ein Problem. Das Erfolgsrezept in der vergangenen Saison waren eine stabile Defensive mit nur 37 Gegentoren, mit 27 so viele Standardtore wie kein anderer Klub und mit Goretzka und Meyer eine gewisse Kreativität im Mittelfeld. Die haben sie aktuell aus meiner Sicht nicht mehr. Deshalb ist es für sie auch so schwierig, das Spiel zu gestalten.

Die Spieler fangen jetzt natürlich an, darüber nachzudenken. Und mit Heidel und Tedesco spüren jetzt die Bosse den Druck – gerade auch persönlich. Sie stehen nicht bei Aue oder Mainz in der Verantwortung, sondern bei einem deutschen Champions-League-Vertreter und Vizemeister. Natürlich hatten sie auch schon schwierige Situationen in ihren Karrieren, aber die waren nicht im Ansatz vergleichbar mit der aktuellen. Das ist jetzt die schwierigste Situation überhaupt für die beiden. Und es ist für mich die spannendste Frage: Kriegt Schalke die Kurve? Bekommen Heidel und Tedesco das hin?

Was Heidel in den vergangenen Jahren hinbekommen hat: Er hat Ruhe in den Verein gebracht. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies mischt sich nicht mehr überall ein – es wird nicht mehr durcheinander geredet. Das ist ähnlich wie früher bei Borussia Mönchengladbach. Da hat sich Präsident Rolf Königs zunächst auch zum Sportlichen geäußert. Kontinuität und Ruhe sind erst eingekehrt, als er damit aufgehört hat. Das Schlimmste auf Schalke wäre natürlich ein Rückfall in alte Zeiten.

Wie geht es jetzt weiter? Jupp Heynckes hat immer gesagt: „Das Glück musst du dir erarbeiten“ – und damit hat er recht. Schalke braucht einfach das Quäntchen Glück, das sie in der vergangenen Saison hatten – und das Leverkusen nun hatte, um aus einer ähnlichen Situation herauszukommen. Die haben ihr Spiel in der Euro League und somit auch die Stimmung gedreht.

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Schalke spielt jetzt gegen Mainz, Moskau und Düsseldorf. Das sind drei Spiele, die sie gewinnen müssen – ohne Wenn und Aber. Wenn das nicht gelingt, dann wird es sehr laut auf Schalke.

Brennpunkt Stuttgart: Die Erwartungen an den VfB waren natürlich riesig. Sie haben 35 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Mit Gomez, Zieler, Castro oder Didavi haben sie im letzten Jahr richtig Qualität geholt – rufen sie aber nun irgendwie nicht ab. Trainer Tayfun Korkut war vergangene Saison gleich unter Beschuss, hat dann aber geliefert. Ich hoffe, dass er sich damit so viel Vertrauen erarbeitet hat, dass der VfB an ihm festhält.

Es wäre aus meiner Sicht ein Fehler, ihm das Vertrauen schon wieder zu entziehen. Sie müssen einfach erstmal gemeinsam von den Abstiegsplätzen wegkommen und versuchen, die Fans mitzunehmen. Denn in Stuttgart gab es auch schon schwierige Situationen, in die man nicht wieder reingeraten sollte.


Bei all den Brennpunkten gibt es natürlich auch endlich mal wieder einen richtigen Grund zur Freude: Die EM 2024 findet in Deutschland statt. Wir haben tolle Stadien, sind von der Logistik und Infrastruktur her perfekt aufgestellt. Ich bin mir sicher, dass wir wieder ein großes Fußballfest für alle erleben werden. Wie bei der WM 2006 – nur wäre es schön, wenn das Turnier diesmal ohne bitteren Nachgeschmack ablaufen würde.

t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg ist am Sonntag ab 11 Uhr als Experte im "Doppelpass" bei Sport 1 zu Gast.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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