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Thomas Anders schenkt Russland reinen Wein ein – und sagt Tournee ab


"Da muss ich doch aufklären"
Wie Thomas Anders den Russen reinen Wein einschenkt

  • Lars Wienand
InterviewVon Jennifer Doemkes, Lars Wienand

Aktualisiert am 05.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Thomas Anders: Der Sänger klärt seine russischen Fans über den Krieg in der Ukraine auf.Vergrößern des Bildes
Thomas Anders: Der Sänger klärt seine russischen Fans über den Krieg in der Ukraine auf. (Quelle: IMAGO / STAR-MEDIA)

Erst hat Thomas Anders seine geplante Tournee in Russland abgesagt, dann den Fans dort Klartext geschrieben. Im Interview erklärt der Musiker, wie er die russischen Anhänger aufklärt und was das für ihn mit Kampf für die Demokratie zu tun hat.

Schon mit Modern Talking feierte er in Russland riesige Erfolge und auch als Solokünstler füllt Thomas Anders dort die Hallen. Seine für März geplante Russland-Tour hat der Musiker nach dem Angriff Putins auf die Ukraine abgesagt.

Und das nicht nur, weil die Anreise kaum möglich ist. Thomas Anders hat diese Entscheidung auch unter "moralischen Gesichtspunkten" getroffen, wie er t-online im Interview erzählt. Mit der Absage allein war es für den 58-Jährigen aber nicht getan. Er suchte den direkten Austausch mit seinen russischen Fans.

t-online: Herr Anders, Sie haben Ihre Fans in Russland in Mails angeschrieben, um sie über die aktuelle Lage in der Ukraine aufzuklären. Wie kam es dazu?

Thomas Anders: Zu meinem Geburtstag hatten mir gerade einige Fanclubs aus Russland gratuliert. Da kam aber auch Bedauern, dass die Tour in Russland ja verschoben wird, "aufgrund eines Konflikts" und es gebe ja "Manöver", sie würden sich aber auf die nächsten Shows freuen. Da war für mich klar: So will ich das nicht stehen lassen. Da muss ich doch aufklären und sagen: Nein, wir haben keinen Konflikt, wir haben Krieg!

Was haben Sie den Fans dann geschrieben?

Ganz klar, dass Russland einen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Städte werden bombardiert und Russland wird weltweit mit Sanktionen belegt. Tausende Soldaten und Zivilisten sterben. Dies ist mehr als ein Konflikt.

Hatten Sie Bedenken, damit Fans zu verprellen?

Mir war dabei ganz wichtig zu sagen, dass es nicht "die Russen" sind, die die Ukraine angegriffen haben. Es ist die russische Regierung. Das russische Volk kann nichts dafür. Es ist kein Kriegstreiber. Und bei meinen Konzerten trete ich ja nicht für die russische Regierung auf. Ich trete für die Menschen auf, die meine Musik lieben. Dieses Publikum – egal ob in Jekaterinburg, Tyumen, Nishni Novgorod oder in den anderen Städten – hat andere Informationen und kann nichts für die politischen Entscheidungen.

Und da bitte ich auch wirklich alle Menschen im Westen: Wir dürfen nicht kollektiv die Russen verurteilen, denn die Russen wollen den Krieg nicht. Sollte ich durch meine "Aufklärungsmail" Fans verprellen, dann ist das leider so. Aber ich lasse mir nicht nehmen, für meine Werte und Einstellung einzustehen.

Sollten das mehr Menschen tun?

Es ist wichtig, das zu tun. Demokratie ist in unserer Wahrnehmung selbstverständlich geworden, dabei merken wir gerade ganz schmerzlich in der westlichen Welt, dass dem nicht so ist. Ich bin mit der Demokratie groß geworden und bin mir bewusst, dass sie ein wertvolles Gut ist.

Wie schätzen Sie die Lage aktuell ein?

Ich glaube, es wird böse, es wird blutig und es wird ganz grausam. Es werden viele Zivilisten und Soldaten getötet. Putin wird eine russlandfreundliche Führung einsetzen, die wiederum von den Ukrainern nicht angenommen wird. Dies wird in einem Guerilla-Krieg enden, der viel, viel länger sein wird als der Krieg, in dem wir uns jetzt befinden. Ich hoffe, ich irre mich! Nach vielen Toten und Kriegsmüdigkeit werden dann Friedensverhandlungen geführt. Ein Teil der Ukraine wird russisch und der andere Teil politisch neutral.

Das klingt nicht nach Hoffnung, dass es auch schnell vorbei sein könnte.

Ohne erkennbaren Erfolg wird und kann Putin nicht aufhören. Er braucht ja eine Rechtfertigung für sein Land. Ein Erfolg Putins für die russische Bevölkerung kann eigentlich nur sein, zu sagen: Ich habe unsere Brüder wieder zurückgeholt.

In der Lage rüttelt die Politik jetzt an vielen Gewissheiten und Prinzipien. Macht sie das richtig?

Wir haben schon mal einiges gut gemacht und ich bin positiv überrascht, dass unser Bundeskanzler mit seiner Rede im Bundestag aus dem Winterschlaf aufgewacht ist. Wir haben eine Zäsur in unserer Weltpolitik. Es wurde versucht – auch teilweise von China – Europa und Amerika zu spalten. Auch Europa unter sich. Ich habe den Eindruck, dass durch diesen "Kriegsschock" die Nato und das "Wir-Gefühl" Amerikas und Europas eine Frischzellenkur erhalten hat. Wir sind geeinter als in den 30 Jahren zuvor. Genau das ist jedoch das Gegenteil von dem, was Putin wollte.

Gehört dazu auch, dass einer Anna Netrebko das Engagement von der Bayerische Staatsoper gekündigt wird, weil sie sich nicht von Putin distanzieren will?

Es ist traurig, dass Kunst und Kultur und auch Sport, darunter zu leiden haben. Anna Netrebko ist russische Staatsbürgerin, von der wir verlangen, dass sie sich öffentlich gegen ihren Präsidenten stellt. In unserem Grundgesetz steht das Recht auf Meinungsfreiheit. Das ist in Russland nicht so. Wenn Anna Netrebko Putin jetzt öffentlich kritisiert, wäre sie zwar in den Weltmedien, aber bei Putin Persona non grata. Was passiert dann mit ihr und ihrer Familie?

Ist es denn aktuell die richtige Zeit für Unterhaltungssendungen wie "Let's Dance" oder den ESC-Vorentscheid?

Wir haben ja schon einiges abgesagt, wie zum Beispiel den Karneval. Jeder muss es für sich empfinden. Ich persönlich hätte jetzt keine Lust, auf eine lustige Veranstaltung zu gehen. Aber Fernsehen und Unterhaltung muss ja trotzdem weitergehen. Wir Menschen brauchen auch mal die Zeit, um Kraft zu tanken.

Ich bin jemand, der abends, wenn ich mit der Familie zusammensitze, sagt, ich brauche jetzt mal Abwechslung. Sonst haben wir 24 Stunden nur Kriegsberichterstattung. Es ist gut, dass die Menschen sensibilisiert werden, aber wir müssen auch mal verschnaufen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Thomas Anders
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