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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verliert die AfD den Kampf? Sie könnte bald von den Bildschirmen verschwinden

Werden ARD und ZDF ihren Umgang mit der AfD ändern? Die Partei geht juristisch gegen die vom Verfassungsschutz vorgenommene Einstufung als "gesichert rechtsextremistisch" vor. Doch im TV gelten andere Gesetze.
Die AfD wehrt sich gegen die Einstufung, "gesichert rechtsextremistisch" zu sein. Am Montag reichte die Partei Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ein. Das zuständige Verwaltungsgericht Köln bestätigte, sich nun mit dem Papier zu beschäftigen. Vergangene Woche hatte der Inlandsnachrichtendienst die Alternative für Deutschland "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft.
In der Folge wird viel über den Umgang mit der Partei diskutiert. Sollte die AfD jetzt verboten werden? Müssen Beamte mit entsprechendem Parteibuch aus dem Staatsdienst verbannt werden? Und wie sieht es mit den finanziellen Zuwendungen für eine Partei aus, die laut dem Verfassungsschutz die Demokratie zerstören will? Antworten auf die drängendsten Fragen finden Sie hier.
"Keine Bühne für Verfassungsfeinde"
Neben den politischen Punkten wird teils hitzig diskutiert, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit der AfD zu verfahren hat. Schließlich kommt ARD und ZDF bei der Berichterstattung eine besondere Verantwortung zu. Denn die Sender werden über den Rundfunkbeitrag, also von der Allgemeinheit finanziert, und sollen im Auftrag der Gesellschaft berichten. Journalisten und Medienschaffende fordern daher, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Umgang mit der AfD anpassen.
So ließ der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Mika Beuster, zur AfD mitteilen: "Sie ist keine normale Partei aus dem demokratischen Spektrum, daher erfordert sie einen angepassten Umgang in der Berichterstattung." Wie ARD und ZDF darauf reagierten, lesen Sie hier.
Der Gegenwind hält an. "Keine Bühne für Verfassungsfeinde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk", lautet der Name einer Petition, die im Internet Unterschriften sammelt und seit Freitag auf mehr als 5.300 Unterstützer kommt. Darin heißt es etwa: "Wir fordern von den Verantwortlichen in öffentlich-rechtlichen Anstalten und der Medienaufsicht: Einen sofortigen Stopp der Einladung von Vertreter:innen verfassungsfeindlicher Parteien in öffentlich-rechtliche Formate."
Zuvor hatten sich ARD und ZDF dagegen ausgesprochen, aufgrund der neuen Verfassungsschutzeinordnung pauschale Konsequenzen zu ziehen. Die AfD sei nicht verboten worden und demokratisch gewählt, dementsprechend müsse man ihre Positionen im Programm abbilden und mit Parteiverantwortlichen sprechen. Zudem sei es die unabhängige Aufgabe der jeweiligen Redaktionen, zu entscheiden, was gesendet wird und was nicht. So müssten etwa Talkshows wie "Markus Lanz" oder "Caren Miosga" eigenständig prüfen, welche Gäste sie einladen.
Tatsächlich scheiden sich besonders an dieser Frage die Geister – vermutlich aufgrund der großen Reichweite politischer Talkshows. Sollen AfD-Politiker noch als Talkgäste auftreten dürfen? Woche für Woche laden ARD und ZDF zum Kräftemessen in ihren Gesprächsrunden. Auf den öffentlich-rechtlichen Hauptkanälen der Sender laufen insgesamt fünf solcher Formate: "Markus Lanz" und "Maybrit Illner" im ZDF, "Caren Miosga", "Hart aber fair" und "Maischberger" im Ersten.
Nur 2,6 Prozent waren AfD-Politiker
Doch selbst wenn die Redaktionen künftig aufgrund der neuen Einstufung ihre Gästeauswahl anpassen, bliebe kaum Spielraum nach unten. Denn wie Erhebungen aus dem Jahr 2024 zeigen, sind AfD-Politiker ohnehin unterrepräsentiert in den öffentlich-rechtlichen Talkshows.
Laut Statista, die auf Basis einer "Meedia"-Analyse die personelle Zusammenstellung bei den Talkshows "Caren Miosga", "Hart aber fair", "Maischberger", "Maybrit Illner" und "Markus Lanz" ausgewertet haben, rangierte die AfD vergangenes Jahr auf dem letzten Platz – noch hinter Die Linke und BSW. Demnach entfielen nur 2,6 Prozent aller Einladungen auf AfD-Politiker.
Zum Vergleich: 17,2 Prozent der Gäste kamen aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen, 25,9 Prozent aus der SPD. Mehr als 31 Prozent der Gäste waren Vertreter der Union. Damit führen CDU und CSU diese Aufstellung nicht nur an, sie sind auch überproportional zur Wählerzustimmung vertreten. Wie t-online berechnet und in der obigen Grafik dargestellt hat, ist die Union um 17 Prozentpunkte häufiger mit ihrem Personal in den Formaten von ARD und ZDF zu Gast, als es der Verteilung im Bundestag 2024 angemessen gewesen wäre.
Sahra Wagenknecht überrepräsentiert
Noch extremer fiel dieser Wert beim Bündnis Sahra Wagenknecht aus. Das BSW übertraf diese Rechnung um 300 Prozentpunkte. Die Parteichefin Wagenknecht gilt seit Jahren als eine der am häufigsten eingeladenen Politikerinnen des Landes. Dieser überproportionale Effekt konnte also auch im vergangenen Jahr beobachtet werden.
Bei allen Auftritten in den fünf großen Talkshows von ARD und ZDF stellte die AfD nur 2,6 Prozent der Gäste. Damit blieb die AfD in den Talkshows deutlich unterrepräsentiert – um 75 Prozentpunkte gemessen an ihrem Sitzanteil. Falls die Talkshows sie künftig noch weniger berücksichtigen, könnte die neue Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" die Partei daher in Zukunft fast gänzlich von der Bildfläche verschwinden lassen.
- Anfragen bei ARD und ZDF
- innn.it: "Keine Bühne für Verfassungsfeinde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk"