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Prokon und Co.: Darum ist der graue Kapitalmarkt so gefährlich


Prokon und Co.
Das ist so gefährlich am grauen Kapitalmarkt

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 14.01.2014Lesedauer: 3 Min.
Acht Prozent Rendite trotz Niedrigzinsen sind verdächtigVergrößern des BildesAcht Prozent Rendite trotz Niedrigzinsen sind verdächtig (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Zehntausenden Anlegern des wackelnden Windkraft-Finanzierers Prokon drohen derzeit hohe Verluste. Sie alle könnten in eine Geldfalle getappt sein auf dem sogenannten grauen Kapitalmarkt.

Etwas Gutes für die Umwelt tun, das Geld in alternative Energien stecken und dafür auch noch bis zu acht Prozent Zinsen pro Jahr kassieren. Da kann man ja nichts falsch machen, dachten sich zehntausende Kleinanleger, die ihr Geld in Genussrechte des Windkraftspezialisten Prokon investiert haben. Nun drohen dem Itzehoer Unternehmen das Aus und den Investoren hohe Verluste.

Dreiste Zocker teilen sich den Markt mit seriösen Anbietern

Bei geplatzten Anlagemodellen rückt regelmäßig der lange kaum regulierte "graue Kapitalmarkt" in den Fokus, auf dem sich neben seriösen Anbietern auch dreiste Zocker und leichtgläubige Laien tummeln. Der Ruf nach dem Staat und strengeren Regeln wird nun wieder laut.

Dabei hat es an Warnungen vor Prokon-Genussrechten und dem Finanzgebaren des Unternehmens nicht gemangelt. Zudem ist davon auszugehen, dass die schwarz-rote Koalition schon bald Genussrechte als wichtige Finanzierungsquelle vor allem aufstrebender Unternehmen genauer unter die Lupe nimmt. Weitere schärfere Vorgaben für den "grauen Kapitalmarkt" sind möglich. Doch Regulierer wie Finanzexperten sind sich auch einig: Gegen Gier von Anlegern und windige Geschäfte nützen letztlich auch mehr Gesetze nur wenig.

Acht Prozent Rendite trotz Niedrigzinsen sind verdächtig

Mancher Prokon-Privatanleger hat sich offenbar nicht über die immer noch vorhandenen Fallen auf dem "grauen Kapitalmarkt" schlaugemacht sowie Werbebroschüren und Prospekte nur oberflächlich gelesen. Schließlich handelt es sich bei Genussrechten generell um hoch riskante Papiere, bei denen Privatanlegern schlimmstenfalls ein Totalverlust droht. Ganz abgesehen davon, dass angesichts des derzeitigen Leitzins-Tiefs von nur 0,25 Prozent bei Renditeversprechen von bis zu acht Prozent eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen müssten.

Experten raten Privatanlegern, die eine sichere Geldanlage suchen, grundsätzlich von Genussrechten ab. Denn diese ließen den Anbietern große Freiheiten, unterlägen keiner staatlichen Kontrolle und keiner Einlagensicherung, klärt etwa "Finanztest" auf. Anleger hätten keine Mitbestimmungsrechte und könnten ihre gesamten Einlagen verlieren.

"Finanztest" warnte schon im Jahr 2010

Die "Stiftung Warentest" warnt Verbraucher seit langem, Genussrechte von Prokon zu erwerben, weil sie für Privatanleger zu riskant seien. Schon im Jahr 2010 wurden die Papiere, mit denen der Windkraftspezialist über Jahre mehrere Milliarden Euro einwerben wollte, auf die Warnliste von "Finanztest" gesetzt. Im August befanden die Tester dann: "Zu riskant für Privatanleger".

In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber den bis dato weitgehend unkontrollierten "grauen Kapitalmarkt" durchaus stärker an die Kandare genommen. Im Juni 2012 etwa trat das "Graumarktgesetz" in Kraft. Es schrieb Anbietern von Graumarktprodukten unter anderem einen "Beipackzettel" vor, auf dem leicht verständlich, kompakt und übersichtlich über Risiken informiert werden muss. Zuvor wurden die Auflagen für Vermittler verschärft. Lücken gibt es aber weiterhin.

Genussrechte fielen bisher durchs Regulierungs-Raster

"Prokon ist tatsächlich durch alle Lücken geschlüpft, die es gab", sagt Renate Daum von "Finanztest". Viele Anlageformen, insbesondere geschlossene Fonds, würden inzwischen sehr viel strenger reguliert. "Aber ausgerechnet Genussrechte sind außen vor geblieben." Auch seien die Beratungspflichten gegenüber Anlegern strenger gefasst worden - nicht aber für den Direktvertrieb von Genussrechten.

Genussrechte seien nicht per se schlecht, räumt Daum ein. Jungen Firmen sollte diese Finanzierungsform auch keinesfalls durch überbordende Regulierung verbaut werden. Und wer sich gut auskenne, Bilanzen lesen und Genussrechte gut beurteilen könne, solle weiter auf diese Weise sein Geld investieren können. Wenn aber ein einzelner Anbieter Genussrechte in einer Größenordnung von einer Milliarde Euro und mehr einsammle, sollten Grenzen eingezogen werden.

Große Koalition muss Spreu vom Weizen trennen

Die vor fast einem Monat gestartete große Koalition war bisher vor allem mit sich selbst beschäftigt. Angesichts der Tragweite des Prokon-Falles werden sich Finanz- und Verbraucherpolitiker des Regierungsbündnisses aber wohl schon in Kürze mit Konsequenzen befassen. Dabei dürfte es vor allem darum gehen, einerseits Genussrechte als eine Form der Unternehmensfinanzierung weiter zu ermöglichen - aber gleichzeitig Zockern das Handwerk zu legen und die Spreu vom Weizen zu trennen.

In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, Regulierungsmaßnahmen zusammen mit der Finanzaufsicht BaFin "auf Praktikabilität und Zielgenauigkeit" zu überprüfen. Zugleich heißt es aber: "Dauerhaftes Wachstum braucht langfristig orientierte Investitionen. Deshalb werden wir bei allen Finanzmarktregulierungen auf diese Notwendigkeit achten."

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