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Die Rente ist nicht sicher: Die Scheinblüte der Versicherung


Trotz voller Kassen
Die Rente ist nicht sicher

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 15.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Besorgte Frau: Das Paradoxon der vollen Rentenkasse erklärt t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld.Vergrößern des Bildes
Besorgte Frau: Das Paradoxon der vollen Rentenkasse erklärt t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld. (Quelle: Pekic)

Die Finanzen der Rentenversicherung entwickeln sich besser als erwartet. Reformiert werden muss die Alterskasse trotzdem.

Es gibt gute Nachrichten. Die Rentenkasse wird nicht schon 2025 in die Klemme geraten, sondern erst 2029. So berichten es die Chefs der Rentenkasse. Es gibt also mehr Zeit für Reformen – und mehr Zeit zu lernen. Denn an einer Schraube des Rentensystems wird gerade ordentlich gedreht.

Die heißt: mehr Einwanderung. Wenn das Land bereit ist, ein Einwanderungsland zu werden, müssen die Rentner der Zukunft weniger verzichten, und die Beitragslast für die Einzahler wird nicht so schnell wachsen.

Im Prinzip ist die Sache seit Jahren klar: Die Babyboomer gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Für ihre Altersbezüge müssen die aktiven Erwerbstätigen aufkommen. Weil es davon aber immer weniger gibt, wird der Aufwand jedes Einzelnen für die Rentenbeiträge immer größer, die Beiträge zur Versicherung steigen. Vom Jahr 2025 an, so lauteten die bisherigen Berechnungen, müssen entweder die Steuerzahler die Renten immer stärker finanzieren, oder aber die Beitragszahler.

Einwanderer sorgen für volle Kassen

Im Wesentlichen sorgen heute die vielen Migrantinnen und Migranten dafür, dass die Rentenkasse auch in den kommenden Jahren noch zahlungsfähig sein wird. Wenn sie eine Stelle gefunden haben, zahlen sie brav in die Versicherung ein, und werden erst in den kommenden Jahrzehnten eine Auszahlung erwarten.

Dazu kommt die gute Arbeitsmarktlage – auch die Arbeitslosenversicherung erwartet im kommenden Jahr einen Milliardenüberschuss. Die Lohnentwicklung trägt ebenfalls unerwartet stark zur Stabilisierung der Finanzen bei. Weil die Bundesregierung von einem Lohnplus von rund fünf Prozent in der nächsten Runde ausgeht, fließen mehr Beiträge. Und, zynischerweise: Die überhohe Sterblichkeit vor allem älterer Menschen in der Corona-Pandemie entlastet die Rentenversicherung natürlich auch. Wer tot ist, braucht keine Rente mehr.

Das alles kann kurzfristig die Rettung für ein umlagefinanziertes Rentenversicherungssystem bedeuten. Je mehr Beitragszahler zur Verfügung stehen, und je weniger Ältere eine Rente benötigen, desto geringer die Belastung für die Einzelnen.

Viel Ungewissheit über künftige Finanzlage

Und doch ist es eine Scheinblüte. Denn erstens kann man nicht wissen, ob dauerhaft genügend Migrantinnen zur Verfügung stehen werden, die dem deutschen Arbeitsmarkt helfen wollen. Zweitens erwerben auch diese Versicherten Ansprüche und erwarten irgendwann eine Rente – die Krise des Systems ist also nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.

Drittens kann niemand sagen, wie sich die Löhne in Zukunft entwickeln. Und viertens dürfte die Lebenserwartung nach dem Ende der Pandemie wieder steigen. Von diesen Faktoren aber hängt ab, wie groß der Druck auf das Sozialsystem in den kommenden Jahren wird.

Die Politik macht zu häufig Fehler

Die gute Nachricht ist: Schon eine vergleichsweise kleine Schar von unerwarteten Beitragszahlern heilt viele Beschädigungen, die in den vergangenen Jahren entstanden sind.

Die schlechte ist: Das bewahrt niemanden vor weiteren Fehlern. Eine Langfristsimulation sei gerade besonders kompliziert, deshalb verzichte man lieber darauf, sagt die Rentenversicherung.

Sie hätte auch sagen können, dass man nicht weiß, auf welche Ideen Politiker noch so kommen. Oder ob sich irgendwann doch einmal eine Bundesregierung die Reform des Rentensystems zutraut. Oder wie die Inflation sich entwickelt. Oder der Arbeitsmarkt.

Wenn sich aber ausgerechnet die Institution, auf deren langfristige Solidität alle Sozialversicherten vertrauen müssen, keinen Blick in die Zukunft mehr zutraut, besteht Grund zu Sorge – selbst wenn die Kassenlage im Augenblick stimmt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt: Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche.

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