"Peng" bekennt sich Aktivisten legten Wirtschaftsbosse mit Fake-Amt rein
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Was verraten Wirtschaftsbosse, wenn die Politik nach Strategien für die Zukunft fragt und mit Geld winkt? Mit einer gefälschten Webseite haben Aktionskünstler unverblümte Antworten bekommen.
Mit einer professionell wirkenden Webseite eines vermeintlichen "Bundesamts für Krisenschutz und Wirtschaftshilfe" ("BAKW") haben Mitglieder des "Peng"-Kollektivs offenbar Zugang zu Wirtschaftsbossen bekommen. Die Aktivistengruppe hat in der Vergangenheit unter anderem schon den Bundeswahlleiter mit einer gefälschten Seite in helle Aufregung versetzt. Jetzt wurden Chef-Etagen großer Unternehmen getäuscht.
Die neue Seite des nicht existierenden Bundesamts war zunächst ein Rätsel, nachdem der heute in der Krisen-PR tätige frühere "Bild"-Chef Kai Diekmann darauf aufmerksam gemacht hatte. Sie wirkte sehr echt, das Wirtschaftsministerium selbst vermutete zunächst sogar Betrüger, die in der Corona-Krise Geld machen wollen. Recherchen von Netzpolitik.org legten nahe, dass es anders ist.
"Klingelstreich beim Kapitalismus"
Das hat sich jetzt bestätigt: "Peng" hat sich bekannt und nennt die Aktion einen "Klingelstreich beim Kapitalismus". Es ging der Gruppe von Aktionskünstlern und Journalisten offenbar darum, mit dieser Tarnung die Einstellung von führenden Managern für "radikalen Wandel" abzufragen.
Was sagt ein Wirtschaftsboss zu der Frage, ob vermeintlich immerwährendes Wachstum nicht auf Kosten der Zukunft geht? Und wie steht er zu dem Gedanken, dass eine Beteiligung des Staats wichtig sein könnte, um das Gemeinwohl stärker zu berücksichtigen? Vom vermeintlichen Bundesamt, das künftige Förderstrategien entwirft, wurden Unternehmen mit derartigen Fragen konfrontiert.
Das (echte) Bundeswirtschaftsministerium berichtete, dass dort mehrere Unternehmen die Kontaktaufnahme gemeldet hatten. Peng hat es nach eigenen Angaben bei 30 Großunternehmen und Konzernen versucht, "etliche" hätten Telefontermine vereinbart. Nach Informationen von t-online.de sind darunter mehrere Dax-Unternehmen. Auf der gefälschten Internetseite waren die Befragungen angekündigt worden.
RWE-Chef ein "Wachstumsaktivist"
Antworten hatte etwa der Vorstandsvorsitzende von RWE, Rolf Martin Schmitz, gegeben. Das hat der reingelegte Wirtschaftsboss selbst danach der "Welt" gesagt. Das Gespräch habe nach Fragen von Umweltaktivisten geklungen, berichtete die Zeitung. "Peng" ist allerdings zu vielen gesellschaftlichen Themen aktiv. Jean Peters von "Peng" erklärte gegenüber t-online.de: "Der Aktivist ist hier der RWE-Vorsitzende, er ist ein Wachstums-Aktivist."
Das würden die Inhalte des Gesprächs zeigen, die "Peng" am Mittwoch mit Infos zu weiteren Gesprächen veröffentlichen werde. Man habe die Unternehmen damit erst konfrontieren wollen. Unter einer ähnlichen Adresse wie die der vom Netz genommenen Seite des falschen Bundesamts BAKW soll es dann die Einblicke geben. Die neue Adresse setzt sich aus der alten Adresse und einem angehängten "hahaha" zusammen, das gemeinhin für Lachen steht.
Auch RWE-Seite gefälscht
Möglicherweise finden sich dann auch Aussagen des RWE-Chefs zum Verhältnis von Erneuerbarer Energie zur Kohleenergie bei dem Energieriesen. Am Montag ging eine vermeintliche RWE-Seite online, die ein Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen mit weitreichenden Konsequenzen verkündete. Doch diese Seite ist ebenfalls eine Fälschung, wie die RWE-Pressestelle mitteilte.
Wer hier dahinter steckt, war zunächst unklar. Die angegebenen Kontaktdaten und das Impressum führen zum RWE-Konzern. Unter anderem "Fridays for Future" verbreiteten die Seite.
Sie kam auch für Peng überraschend, so Peters zu t-online.de. "Damit haben wir nichts zu tun, ich wusste davon nichts. Aber es freut uns, dass auch Andere drängende Fragen in dieser Form thematisieren."
Auf der Seite bekennt sich vermeintlich RWE zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens, verkündet die Aufgabe des Baunkohletagebaus Garzweiler II und erklärt, bis 2025 klimaneutral sein zu wollen. RWE erklärte, konsequent gegen unwahre Behauptungen über das Unternehmen vorgehen zu wollen. Klimaneutral werde das Unternehmen 2040 sein – so die Hoffnung.