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Brustkrebs: Wie KI die Diagnostik unterstützen kann


Künstliche Intelligenz gegen Krebs
Brustkrebs: So kann KI die Diagnostik unterstützen


18.03.2024Lesedauer: 5 Min.
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Darstellung eines Brusttumors in einer 3-D-Grafik. Brustkrebs kann heimtückisch sein und auch nach vielen Jahren erneut auftreten.Vergrößern des Bildes
Darstellung eines Brusttumors in einer 3-D-Grafik. Beim Kampf gegen Brustkrebs kann zukünftig Künstliche Intelligenz eingesetzt werden. (Quelle: Mohammed Haneefa Nizamudeen/getty-images-bilder)

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Die Mammographie gilt noch immer als unsichere Vorsorgeuntersuchung. Das soll sich mit Künstlicher Intelligenz ändern.

Im Rahmen der gesetzlichen Brustkrebs-Früherkennung wird Frauen eine jährliche Tastuntersuchung beim Arzt angeboten. Ab 50 Jahren gibt es im zweijährigen Rhythmus auch Mammographie-Untersuchungen. Künftig könnte Unterstützung aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) kommen, um die Auswertungen der Röntgenbilder des Mammographie-Screenings zu verbessern.

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen hierzulande

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland: Nach Angaben des Krebsinformationsdienstes (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) erkranken 13 von 100 Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs (Mammakarzinom). Das Erkrankungsalter liegt im Schnitt bei rund 65 Jahren. Je früher ein bösartiger Tumor der Brustdrüse entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Denn: Krebszellen können im Verlauf der Erkrankung über das Blut und die Lymphflüssigkeit in andere Körperbereiche gelangen und dort Metastasen (Tochtergeschwulste) bilden. Dann ist der Krebs in der Regel nicht mehr heilbar.

Was kann die Mammographie?

Neben der jährlichen Tastuntersuchung beim Frauenarzt oder der Frauenärztin gehört die Mammographie (Röntgenaufnahme des Brustgewebes) ab dem 50. Lebensjahr zu den Brustkrebs-Früherkennungsangeboten der gesetzlichen Krankenkassen. Das Mammographie-Screening soll dabei helfen, einen bösartigen Tumor in einem möglichst frühen Stadium zu entdecken.

"Mithilfe der Mammographie können Tumoren erkannt werden, die sehr klein und nicht tastbar sind. Das verbessert die Heilungschancen betroffener Frauen", sagt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

"Bisher konnte nur für das Mammographie-Screening nachgewiesen werden, dass es bei regelmäßiger Teilnahme die Wahrscheinlichkeit senkt, an Brustkrebs zu versterben." Von 1.000 Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, die 20 Jahre lang am Mammographie-Screening teilnehmen, werden dem KID zufolge etwa zwei bis sechs Frauen vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt.

Dr. Susanne Weg-Remers
Dr. Susanne Weg-Remers (Quelle: DKFZ/Carina C. Kircher)

Zur Person

Dr. Susanne Weg-Remers ist Leiterin des Krebsinformationsdienstes (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Nach ihrem Abschluss hat sie in der Inneren Medizin sowie in der klinischen und Grundlagenforschung für Krebs gearbeitet.

Mögliche Nachteile der Mammographie

Allerdings birgt das Mammographie-Screening auch das Risiko eines falschen Verdachts. Bei einer falsch-positiven Diagnose steht der Verdacht auf Brustkrebs im Raum, ohne dass die Frau tatsächlich an Brustkrebs erkrankt ist. Erst durch weitere, teils invasive Untersuchungen lässt sich der Verdacht entkräften. Eingriffe wie eine Biopsie sind mit Risiken verbunden.

Auch kann es sein, dass Frauen die Diagnose Brustkrebs gestellt bekommen und sich schweren Therapien unterziehen – obwohl der Brustkrebs, wäre er unerkannt geblieben, niemals Beschwerden verursacht hätte. Etwa weil er sehr langsam wächst. Eine Behandlung wäre dann nicht nötig gewesen.

"Von 1.000 Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, die 20 Jahre lang am Mammographie-Screening teilnehmen, werden etwa neun bis zwölf Frauen unnötig behandelt", sagt Weg-Remers. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass Tumoren im Rahmen der Untersuchung übersehen werden. Bei einem falsch-negativen Befund bekommt die Frau die Rückmeldung, krebsfrei zu sein, obwohl ein bösartiger Tumor in ihrer Brust wächst.

KI könnte Mammographie sicherer machen

An den genannten Nachteilen des Mammographie-Screenings könnte zukünftig die Künstliche Intelligenz ansetzen und die Untersuchung sicherer machen. Bislang werden die Mammographie-Aufnahmen jeder Frau von zwei Radiologen geprüft, um die Genauigkeit des Befunds zu erhöhen. Zusätzlich eingesetzte Algorithmen zur Datenauswertung könnten dazu beitragen, die Effizienz im klinischen Alltag sowie die Diagnosesicherheit weiter zu verbessern.

So könnte das Risiko für falsch-positive Befunde sowie für Überdiagnosen gesenkt werden, indem die KI die Aggressivität des Tumors einschätzt. Bei einem klinisch irrelevanten Befund müsste nicht behandelt werden. Ebenso hat die KI das Potenzial, sehr kleine, bösartige Veränderungen zu erkennen. Ob die KI das wirklich leisten kann, müssen aussagekräftige klinische Studien erst noch belegen.

Brustkrebs erkennen: Wie arbeitet die KI?

"Eine KI wird mit enorm großen Datenvolumina trainiert, bevor sie zum Einsatz kommt. Sie kann dann diese Daten zur Auswertung der Röntgenbilder des Mammographie-Screenings heranziehen. So kann sie durch Vergleichen selbst kleinste auffällige Muster erkennen", erklärt Weg-Remers. "Und ein Algorithmus lernt. Je mehr Bilder beziehungsweise Mammographie-Merkmale er verarbeitet und auswertet, desto zuverlässiger wird er." Das heißt: Je mehr Daten in die KI gespeist werden, desto sicherer wird die Diagnose.

Der Zugriff auf einen großen Datenpool ist unter anderem bei schwierigeren Diagnosen von Bedeutung, etwa wenn eine Frau sehr dichtes Brustgewebe hat oder der Tumor noch sehr klein ist. Inzwischen können Studien nachweisen, dass die Einschätzung radiologischer Aufnahmen durch computergestützte Entscheidungssysteme der eines Radiologen weitestgehend gleichwertig ist. "Eine sorgfältig entwickelte KI als ergänzende Auswertungsmethode zur Begutachtung durch die Radiologen hat das Potenzial, zukünftig die Früherkennung von Brustkrebs deutlich zu verbessern", so Weg-Remers.

KI-Algorithmen werten 5-Jahres-Krebsrisiko aus

Für die Krebsforschung ist KI seit einigen Jahren von großem Interesse. Vignesh Arasu, Erstautor, Wissenschaftler und Radiologe vom Gesundheits-Unternehmen Kaiser Permanente Northern California und sein Team beispielsweise haben für die 2023 im Fachmagazin "Radiology" publizierte Untersuchung eine KI mit fünf verschiedenen Algorithmen gefüttert und eine repräsentative Stichprobe von 13.628 Frauen ausgewählt, deren Mammographien unauffällig waren.

Das Ergebnis der Forschenden: Alle fünf KI-Algorithmen schnitten bei der Vorhersage des Brustkrebsrisikos nach 0 bis 5 Jahren besser ab als das statistische Risikomodell des "Breast Cancer Surveillance Consortium", kurz BCSC, welches Alter, Ethnizität, Familienmitglieder mit Brustkrebs, gutartige Brusterkrankungen sowie Brustdichte in der Mammographie zur Risikoeinschätzung heranzieht.

Laut Erstautor Arasu konnte die starke Vorhersageleistung der KI sowohl einen Hinweis auf übersehene Krebserkrankungen geben als auch auffällige Risikokonstellationen identifizieren – die wiederum dabei unterstützen, die zukünftige Krebsentwicklung vorherzusagen.

Und nicht nur das: So waren den Wissenschaftlern um Arasu zufolge einige Algorithmen sogar in der Lage, Patientinnen mit einem hohen Risiko für Intervallkrebs zu erkennen. Als Intervallkrebs werden besonders rasch wachsende Karzinome bezeichnet, die nach dem negativen Screening und vor der nächsten regulären Untersuchung diagnostiziert werden. Sogar die KI-Algorithmen, die nur über drei Monate hinweg trainiert wurden, waren laut den Forschenden in der Lage, das zukünftige Krebsrisiko bis zu fünf Jahre besser vorherzusagen als das bisherige Verfahren.

Und es gibt weitere Forschungen: So arbeitet beispielsweise Johannes Gregori, Professor für Physik und Industrielle Bildverarbeitung am Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften an der Hochschule Darmstadt für das Großprojekt "Bosom Shield" gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa daran, die Brustkrebsdiagnostik zu verbessern, indem verschiedene Diagnosetechniken kombiniert und mit einem KI-gestützten System analysiert werden.

Konkret erhoffen sich die Wissenschaftler dadurch exaktere Erkenntnisse über Tumortyp, Rezidiv-Wahrscheinlichkeit und mögliche Therapien. Insgesamt acht Universitäten und zwei Industriepartner in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden, Slowenien, Spanien und Polen sind an "Bosom Shield" beteiligt.

KI-basierte Modelle geben Hoffnung für die Zukunft

Ein weiterer Vorteil von KI-Algorithmen: Sie können nicht nur Tausende Mammographie-Merkmale scannen, vergleichen und einordnen. Sie können die Ergebnisse von Ultraschall, Mammographie, MRT-Bildern, Biopsie und Genanalysen, die bislang getrennt betrachtet und bewertet werden, auch zusammenfassen.

Was für Forschende vielversprechend klingt, trifft auch auf Patientenseite auf Offenheit: "Wir haben vor zwei Jahren eine Umfrage bei Krebsbetroffenen gemacht und erfragt, wie offen sie gegenüber KI-basierten Auswertungsverfahren wären. Die Mehrheit war offen, wenn die KI nicht als Ersatz für die ärztliche Befundung, sondern als Ergänzung hierzu genutzt würde", sagt Weg-Remers. "Und dahin wird die Zukunft vermutlich gehen: Der Arzt oder die Ärztin nutzt die KI zur Unterstützung bei der Risikoeinschätzung und Diagnostik, hat aber selbst das letzte Wort. Denn auch eine KI kann Fehler machen."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview
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