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Gazastreifen: Katastrophe bei Hilfslieferungen verstärkt Rufe nach Feuerpause


Krieg in Nahost
Katastrophe im Gazastreifen verstärkt Rufe nach Feuerpause

Von dpa
Aktualisiert am 03.03.2024Lesedauer: 5 Min.
Israelische SoldatenVergrößern des BildesDem israelischen Militär wird vorgeworfen, bei der Ankunft eines Hilfsgüterkonvois im Gazastreifen gezielt auf Palästinenser geschossen zu haben. Die Armee wehrt sich gegen die Vorwürfe. (Quelle: Ilia Yefimovich/dpa/dpa-bilder)
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Es sind furchtbare Szenen, die sich im Gazastreifen abspielen. Menschen sterben bei dem Versuch, an Hilfsgüter zu kommen. Wird das Ereignis zum Wendepunkt im Gazakrieg? Die News im Überblick.

Nach dem Tod vieler Palästinenser bei der Ankunft von Hilfslieferungen im Gazastreifen sind die Forderungen nach einer Waffenruhe international lauter geworden. Zugleich wurde Israel aufgefordert, die Umstände der tödlichen Katastrophe aufzuklären. Hilfsorganisationen wiesen außerdem auf die katastrophale humanitäre Lage der rund 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen hin. Mehrere arabische Länder warfen Israel vor, für die Toten verantwortlich zu sein. Israels Militär bestreitet das. Die USA kündigten an, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus der Luft versorgen zu wollen.

Was der Vorfall für die zähen Verhandlungen über eine Feuerpause bedeutet, war zunächst nicht abzusehen. In israelischen Medien wurde die Befürchtung geäußert, der Vorfall könne die Verhandlungsposition der Hamas stärken und zum Wendepunkt in dem seit beinahe fünf Monaten andauernden Krieg werden.

Unterschiedliche Darstellungen der tödlichen Katastrophe

Was sich genau am Donnerstag bei der Ankunft eines Hilfskonvois abgespielt hatte, blieb auch am Tag danach unklar. Sicher ist nur, dass viele verzweifelte Menschen versucht hatten, sich mit Hilfsgütern zu versorgen. Mehr als hundert sollen nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde dabei gestorben sein. Über 700 wurden demnach verletzt. Die Gesamtzahl der getöteten Palästinenser wurde am Freitag mit 30.228 angegeben. 71.377 sollen verletzt worden sein. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Während es von palästinensischer Seite hieß, israelische Soldaten hätten gezielt in die Menge geschossen, machte das israelische Militär das Chaos und Gedränge für die Toten verantwortlich. Zwar seien Schüsse gefallen, aber dadurch habe es nur wenige Verletzte gegeben. Armeesprecher Peter Lerner sagte dem Fernsehsender CNN, nach ersten Erkenntnissen habe sich eine Gruppe von Menschen israelischen Soldaten genähert.

Das Militär habe daraufhin Warnschüsse in die Luft abgegeben. Die Gruppe habe sich den Soldaten jedoch weiter genähert und eine Bedrohung dargestellt, woraufhin die Soldaten das Feuer eröffnet hätten. Laut israelischen Medienberichten sollen sie auf die Beine gezielt haben.

WHO führt Vorfall auf Versorgungslage zurück

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt den Vorfall im Gazastreifen auf die katastrophale Versorgungslage in dem Palästinensergebiet zurück. Die Menschen in dem Küstenstreifen seien so verzweifelt auf der Suche nach Nahrungsmitteln, Wasser und anderen Vorräten, dass sie ihr Leben riskierten, sagte WHO-Sprecher Christian Lindmeier in Genf. "Das ist das echte Drama, das ist hier die echte Katastrophe", sagte er.

Brasilien kritisiert Israels Regierung scharf. "Die Netanjahu-Regierung hat durch ihre Handlungen und Erklärungen wieder einmal gezeigt, dass die Militäraktion in Gaza keine ethischen oder rechtlichen Grenzen kennt", teilte Brasiliens Außenministerium mit und bezeichnete den Vorfall als "Massaker". Es sei die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, dem ein Ende zu setzen, um weitere Gräueltaten zu verhindern.

Baerbock bekräftigt Forderung nach Feuerpause

Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich erschüttert und forderte zugleich Aufklärung durch Israel. "Menschen wollten Hilfsgüter für sich und ihre Familien und fanden den Tod. Die Berichte aus Gaza erschüttern mich", schrieb die Grünen-Politikerin auf X (vormals Twitter). Die israelische Armee müsse lückenlos aufklären, wie es zu Massenpanik und Schüssen kam.

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Den Familien der Opfer drückte Baerbock ihr Mitgefühl aus und forderte mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Die Menschen dort seien "näher am Sterben als am Leben". Baerbock bekräftigte ihre Forderung nach einer humanitären Feuerpause, "damit die Geiseln endlich aus den Händen der Hamas freikommen und nicht noch mehr Menschen in Gaza sterben. Und Hilfe sicher verteilt werden kann."

Berichte: Geiselverhandlungen vor neuen Schwierigkeiten

Die indirekten Verhandlungen Israels mit der Hamas über eine befristete Feuerpause und Freilassung von Geiseln stehen Medienberichten zufolge indes vor neuen Schwierigkeiten. Israel wolle an keiner neuen Runde der von Ägypten, Katar und den USA vermittelten Gespräche teilnehmen, solange die Hamas keine Liste der noch lebenden Geiseln vorlegt, berichtete das Nachrichtenportal "Axios".

Auch hätten die Islamisten aus dem Gazastreifen noch keine Antwort zu der von den Vermittlern vorgeschlagenen Zahl von palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen erteilt, die Israel im Gegenzug für die Freilassung einer bestimmten Zahl von Geiseln in die Freiheit entlassen würde.

All diese Fragen seien auch nach dreitägigen Gesprächen in der katarischen Hauptstadt Doha unbeantwortet geblieben, zitierte das Portal einen namentlich nicht genannten israelischen Beamten. Eine nächste Verhandlungsrunde sollte nächste Woche in Kairo über die Bühne gehen. Israel werde aber daran nicht teilnehmen, solange die Hamas keine Antwort auf die offenen Fragen gibt, so die israelische Quelle.

EU will 50 Millionen Euro an UNRWA zahlen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich über den Vorfall "zutiefst beunruhigt". Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Geschehnisse zu untersuchen und für Transparenz zu sorgen, schrieb sie auf X (vormals Twitter). "Die Bilder aus dem Gazastreifen beunruhigen mich zutiefst."

Humanitäre Hilfe sei eine Lebensader für die Bedürftigen, und der Zugang zu ihr müsse gewährleistet sein. "Wir stehen an der Seite der Zivilbevölkerung und drängen auf ihren Schutz im Einklang mit dem Völkerrecht", so von der Leyen. Er sei "schockiert und abgestoßen von der gestrigen Tötung unschuldiger Zivilisten in Gaza, die verzweifelt auf humanitäre Hilfe warten." Die Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen werden, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel ebenfalls auf X.

Die EU-Kommission will in diesem Jahr weitere 68 Millionen Euro als Soforthilfe für die Palästinenser zahlen. Das Geld solle an internationale Partner wie das Rote Kreuz und den Roten Halbmond gehen, teilte die Brüsseler Behörde mit. Außerdem sollen nächste Woche bereits geplante 50 Millionen Euro an das in die Kritik geratene UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ausgezahlt werden. 16 Länder hatten zuletzt ihre Zahlungen an UNRWA eingefroren. Vorausgegangen waren israelische Vorwürfe, wonach einige Mitarbeiter der Organisation an den Massakern in Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen.

USA: Werden auf Antworten drängen

Die US-Regierung steht mit der israelischen Regierung wegen des Vorfalls in Kontakt und verlangt Antworten. Es sei das Verständnis der USA, dass eine Untersuchung im Gange sei, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. "Wir werden diese Untersuchung genau verfolgen und auf Antworten drängen." Man habe keine gesicherten Erkenntnisse über die Geschehnisse, so Miller. Die "Tragödie" könne die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas komplizierter machen.

China verurteilte den Vorfall ebenfalls. China sei "schockiert" darüber und verurteile den Vorfall, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Freitag in Peking. Die Volksrepublik fordere alle Seiten und besonders Israel auf, sofort das Feuer einzustellen und den Krieg zu beenden. Die Sicherheit von Zivilisten müsse gewahrt und eine noch ernstere humanitäre Katastrophe vermieden werden, sagte die Sprecherin.

Heftige Kritik an Israel kam von mehreren arabischen Staaten. Es habe sich um ein "abscheuliches Massaker" gehandelt, das Israel verübt habe, hieß es in einer Mitteilung des katarischen Außenministeriums vom Donnerstagabend. Die internationale Gemeinschaft müsse Israel dazu zwingen, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten und das palästinensische Volk vor Verstößen schützen, so die Regierung in Doha, die eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen über eine weitere Feuerpause zwischen Israel und der Hamas spielt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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