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Graue Wölfe: Türkische Rechtsextremisten in Europa zunehmend unter Druck


Graue Wölfe
Türkische Rechtsextremisten in Europa zunehmend unter Druck

Von dpa
10.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Eine Hand zeigt den "Wolfsgruß" der Grauen Wölfe bei einer Demonstration in München.Vergrößern des BildesEine Hand zeigt den "Wolfsgruß" der Grauen Wölfe bei einer Demonstration in München. (Quelle: picture alliance / dpa./dpa)
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Berlin/Istanbul (dpa) - So viel Einigkeit ist selten im Bundestag. Im November 2020 sprechen sich alle Fraktionen dafür aus, der in Deutschland auch als Graue Wölfe bekannten türkisch-nationalistischen Ülkücü-Bewegung Einhalt zu gebieten.

Ein Verbot der rechtsextremistischen Gruppierung, wie es sich der Bundestag wünscht, müsste von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ausgesprochen werden. Doch der lässt sich vorerst nicht in die Karten schauen. "Zu angeblichen oder tatsächlichen Verbotsüberlegungen äußert sich das Bundesinnenministerium grundsätzlich nicht", teilt ein Sprecher seines Hauses mit.

Einfach dürfte ein entsprechendes Verbot ohnehin nicht zu bewerkstelligen sein, da die Bewegung nicht als Verein organisiert ist und ihre Anhänger eine Zugehörigkeit oft bestreiten. Rund 11.000 Anhänger sollen es in Deutschland sein, schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz in seinem Bericht für 2019. Der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, versicherte kürzlich im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur: "Wir beobachten die Grauen Wölfe und wissen sehr genau, wen wir dieser Gruppierung zuzurechnen haben. Und wir nehmen auch die zahlreichen Aktivitäten der Bewegung wahr." Ihr Ziel sei es unter anderem, die Politik in Deutschland im Sinne des türkischen Staates zu beeinflussen und Menschen mit türkischen Wurzeln auszuforschen, die Kritik an der Regierung in Ankara üben.

"Rechtsextremisten gleich welcher Nationalität haben in unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft in unseren Parlamenten keinen Platz", betont Stephan Thomae, der die FDP im für die Geheimdienste zuständigen Kontrollgremium des Bundestages vertritt. Es sei daher wichtig, Parteien zu sensibilisieren, damit diese solche Tendenzen frühzeitig erkennen und einer "schleichenden Unterwanderung" entschieden entgegentreten könnten.

Im letzten Verfassungsschutzbericht wird die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF) als größter Ülkücü-Dachverband bezeichnet. Auch die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (Atib) mit Sitz in Köln rechnet der Nachrichtendienst der Bewegung zu. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) wehrt sich gegen diese Einordnung. "Mit großer Sorge" habe der Zentralrat die Debatte im Bundestag über den Moscheeverband "im Zusammenhang mit den Verbotsprüfungsanträgen der sogenannten Grauen Wölfe und der Ülkücü-Bewegung" verfolgt. Die Atib werde sich "trotz der Haltlosigkeit der Vorwürfe" einer sachlichen und fairen Diskussion stellen, teilte der Zentralrat im November mit.

Die Regierung in der Türkei sieht kein Problem in den organisierten Rechten. Mit der MHP bildet die AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Regierungsbündnis, ohne die Ultranationalisten hätte sie keine Mehrheit im Parlament. Das Verbot der Gruppierung in Frankreich im vergangenen Herbst stieß in Ankara auf scharfe Kritik. In einer Mitteilung des Außenministeriums hieß es: "Es gibt keine Bewegung, die Graue Wölfe heißt." Frankreich gehe gegen eine "imaginäre Formation" vor. Das hinderte Außenminister Mevlüt Cavusoglu in der Vergangenheit allerdings nicht daran, via Twitter an den Gründer der Ülkücü-Bewegung, Alparlsan Türkes, zu erinnern.

Devlet Bahceli ist seit 1997 Vorsitzender der MHP. Als er die Partei 1999 zum Wahlerfolg führt, schreibt die "Turkish Daily News" von einer "Wiedergeburt der Grauen Wölfe". Anhänger begrüßen Bahceli gern mit Handkuss und feuern ihn im Chor an: "Devlet wird den Staat anführen". Ein Video einer solchen Szene wurde besonders populär. Darin ist zu hören, wie einer der Anhänger plötzlich beginnt, ein Wolfsheulen zu imitieren. Bahceli ruft ihn streng zur Ordnung. In der Türkei werden die Grauen Wölfe seit ihrer Gründung 1969 für viele Angriffe auf und Morde an Linken, Kurden, Armeniern, Aleviten und anderen Minderheiten verantwortlich gemacht. Ihr Markenzeichen ist eine Handhaltung, die einen Wolfskopf imitiert: Zeige- und kleiner Finger werden dabei abgespreizt und formen die Ohren, die restlichen Finger die Schnauze. Häufig tragen sie dunkle Kleidung.

Die Grauen Wölfe seien eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, meint der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries. "Sie streben ein großtürkisches Reich an, folgen dem Führer-Prinzip und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück." Es sei gut, dass Union, SPD, FDP und Grüne in ihrem gemeinsamen Antrag den Innenminister aufgefordert hätten, ein Verbot zu prüfen. Grund zur Eile sieht der Abgeordnete aber nicht. Er sagt: "Am Ende muss ein Verbot hieb- und stichfest sein und auch vor Gericht Bestand haben." Deshalb wäre es falsch, hier Druck auszuüben.

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