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Joachim Gauck bei "Markus Lanz": "Wohlstandslücke kann man auch überleben"


Gauck: "Eine Wohlstandslücke kann man auch überleben"

Von Daniele Gambone

Aktualisiert am 14.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Joachim Gauck (Archivbild): Der ehemalige Bundespräsident war als einziger Gast in der jüngsten Lanz-Sendung im Studio.Vergrößern des Bildes
Joachim Gauck (Archivbild): Der ehemalige Bundespräsident war als einziger Gast in der jüngsten Lanz-Sendung im Studio. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

War die deutsche Politik Russland gegenüber hoffnungslos blauäugig? Joachim Gauck spricht von einer "Periode des Wunschdenkens".

Joachim Gauck hat ein feines Gespür dafür, wo die inneren Widersprüche der deutschen Gesellschaft liegen. Dass der Altbundespräsident es noch immer versteht, mit wenigen Worten den Finger in die Wunde zu legen und notwendige Debatten anzustoßen, bewies er im März dieses Jahres bei seinem Auftritt in der ARD-Sendung "Maischberger". Damals forderte Gauck seine Landsleute im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine dazu auf, für die Freiheit auch mal zu frieren, was zu lebhaften Diskussionen über die hierzulande zu erwartenden Wohlstandsverluste und deren Verteilung führte.

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Am Mittwochabend war der 82-Jährige zu Gast in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" und wiederholte seine Auffassung, dass es zu ertragen sein werde, wenn "bei uns die Temperaturen heruntergedimmt" würden. Eine Wohlstandslücke könne man auch überleben, so der Bundespräsident a. D.

Zudem attestierte Gauck Teilen der deutschen Öffentlichkeit ein verklärtes Verhältnis zu Russland und zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. "In Bezug auf Russland dürfen wir von einer ganzen Periode des Wunschdenkens sprechen", urteilte der parteilose Politiker mit Blick auf die jüngere Vergangenheit.

Gauck sieht in Habeck Vorbild für neue Politikergeneration

Lob hatte er für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Art der Politikvermittlung übrig. Der Grünen-Politiker werde mit seiner reflektierten Art, die Menschen anzusprechen, "für eine ganze Reihe junger Frauen und Männer, die in die Politik gehen, ein Leitmodell werden". Es sei klar ersichtlich, dass genau dieser Typus zukünftig stärker gebraucht werde.

"Ein eher trockener und ruhiger Hanseat, der hat halt vielleicht auch gar nicht die Neigung, in dieser Weise sich darzustellen", sagte Gauck weiter, ohne den damit gemeinten Olaf Scholz beim Namen zu nennen, in dem er eine Art kommunikatives Gegenmodell zu Habeck erkannte. Er könne angesichts der zögerlichen Hilfe für die Ukraine den kritischen Blick vieler Leute auf Scholz durchaus verstehen, traue ihm allerdings zu, sich in die Richtung zu entwickeln, die er, Gauck, für richtig halte.

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Diese Einschätzung verband der Ex-Bundespräsident mit einem Appell, das angegriffene Land im Osten Europas schneller und intensiver mit Waffen zu unterstützen. "Da muss noch etwas geschehen, und ich hoffe und warte, dass es geschieht", erklärte der Mann, der von 2012 bis 2017 das höchste politische Amt der Bundesrepublik innehatte.

Gleichzeitig konstatierte Gauck ein aus seiner Sicht positives Umdenken bei der Mehrheit der deutschen Gesellschaft und eine Zustimmung zur Zeitenwende-Rede des Kanzlers. "Das Deutschland, das sich über lange Jahre so tugendhaft fühlte, wenn es Militär im Prinzip ablehnte", sei plötzlich bereit zu akzeptieren, "dass wir uns verteidigen müssen."

Ex-Bundespräsident kritisiert Merkel für Nord Stream 2

Auch Scholz' Vorgängerin nahm Gauck bei seinen Ausführungen in den Blick, besonders in Hinsicht auf ihr Verhältnis zu Putin. Angela Merkel sei bewusst gewesen, dass Putin lüge. "Das war ihr völlig klar. Sie wusste, das gehört zum System", war sich der Altbundespräsident sicher. "Ich denke, dass sie als Regierungschefin mehr die Dinge im Auge haben musste, die trotzdem gehen, und von daher ihre grundsätzlichen Bedenken fortwährend gezähmt hat", verteidigte Gauck die ehemalige Bundeskanzlerin.

Allerdings habe auch diese Vorgehensweise eine Grenze. "Irgendwann muss man erkennen, dass Nord Stream 2 vielleicht doch kein rein privatwirtschaftliches Unternehmen ist", erklärte Gauck vor dem Hintergrund einer entsprechenden Äußerung Merkels zur umstrittenen Ostsee-Pipeline für russisches Gas. "Das fand ich schon eher kritikwürdig", lautete das Urteil des ehemaligen Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen.

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Seine eigene Begegnung mit Putin im Berliner Schloss Bellevue, dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten, schilderte Gauck als kühl. "Ich mag in solchen Situationen nicht so tun, als wüsste ich nicht, wer mich besucht", führte er aus.

Der Ex-Bundespräsident sah im russischen Präsidenten einen autoritären Herrscher alten Typs und im gegenwärtigen Russland den Nachfolger der kommunistischen Sowjetunion. Es sei "eine Kontinuität der organisierten Ohnmacht der vielen" erkennbar, erläuterte er.

Herr Gauck, würden Sie auf jemanden schießen?

Gauck, der in der DDR als evangelisch-lutherischer Pastor tätig war, erklärte zudem, warum er in einem Fall wie dem russischen Krieg gegen die Ukraine nicht nur für die Bereitstellung von Waffen plädiert, sondern auch selbst zur Waffe greifen würde.

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Der Verzicht auf Waffenlieferungen sei im Prinzip eine Begünstigung des Aggressors, weshalb er die Menschen, die sich in offenen Briefen dafür aussprächen, "beim besten Willen nicht verstehen" könne, sagte Gauck. Außerdem führe der pazifistische Ansatz nicht zum Guten, sondern zementiere "die Dominanz der Bösen, der Verbrecher und der Unmenschlichen".

"Sie als jemand, der als Pfarrer gearbeitet hat, würden Sie zur Waffe greifen, würden Sie auf jemanden schießen?", fragte Lanz. "Ich würde mir wünschen, es nicht tun zu müssen, aber in einem solchen Fall würde ich es tun", lautete Gaucks Fazit.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Markus Lanz" vom 13.7.2022
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