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EU-Beitritt der Ukraine? Von der Leyen dafür, Selenskyj verspricht Reformen


Alles Wichtige im Überblick
EU-Beitritt der Ukraine? – Wie es jetzt weitergeht

Von dpa
Aktualisiert am 08.11.2023Lesedauer: 4 Min.
EU und UkraineVergrößern des BildesFlaggen der EU und der Ukraine (Symbolbild): Es wird erwartet, dass das Urteil der EU-Kommission positiv ausfällt. (Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa-ENR-Pool/dpa/dpa-bilder)
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Die EU-Kommission stellt ihren Bericht zur Ukraine vor. Wie es jetzt weitergeht und welche Probleme noch bestehen.

Korruption auf höchster Ebene, Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und ein zweifelhafter Umgang mit nationalen Minderheiten: Noch Anfang 2022 schien es undenkbar, dass die Ukraine in absehbarer Zeit ein ernstzunehmender Kandidat für den Beitritt zur EU werden kann.

Gut 20 Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen das osteuropäische Land ist die Welt eine andere. Nachdem der Ukraine bereits im Juni 2022 der Kandidatenstatus verliehen wurde, legt die EU-Kommission heute einen mit Spannung erwarteten Bericht über die jüngsten Fortschritte des Landes auf seinem Weg in die Europäische Union vor.

Worum geht es konkret?

Als die EU-Staaten der Ukraine im vergangenen Jahr den Kandidatenstatus verliehen, vereinbarten sie auch, dass es den nächsten Schritt im Beitrittsprozess erst nach Erfüllung von sieben Reformauflagen gehen kann. In dem Bericht der EU-Kommission von Ursula von der Leyen wird nun bewertet, wie weit die Ukraine mit den Reformen bislang gekommen ist.

Was wäre der nächste Schritt im Beitrittsprozess?

Das wäre die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen. Über diese Verhandlungen wird sichergestellt, dass ein Bewerberland alle EU-Rechtsvorschriften in nationales Recht übernimmt.

Welche Reformen sind Voraussetzung für den Verhandlungsstart?

Die EU verlangt von der Ukraine unter anderem eine stärkere Korruptionsbekämpfung, die Einhaltung von Standards im Kampf gegen Geldwäsche und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen. Zudem geht es beispielsweise um Medienfreiheit und den Schutz von nationalen Minderheiten.

Ist schon klar, wie die Bewertung der Kommission ausfallen wird?

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine positive Bewertung der Reformfortschritte des Landes präsentieren und den Regierungen der EU-Staaten offiziell die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfehlen.

Demnach geht die EU-Kommission davon aus, dass noch ausstehende Reformschritte von der Ukraine in kurzer Zeit erledigt werden können und kein Grund sind, die Grundsatzentscheidung über den Start von Beitrittsverhandlungen zu verschieben. Die Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten könnte damit wie von der Regierung in Kiew erhofft bei dem EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember erfolgen.

Um sicherzustellen, dass die Ukraine auch noch die bislang nicht erfüllten Auflagen abhakt, würde dann vermutlich vereinbart werden, weitere notwendige Entscheidungen für die Verhandlungen davon abhängig zu machen. Die förmliche Aufnahme der Verhandlungen im Rahmen der ersten Beitrittskonferenz könnte demnach noch auf sich warten lassen.

In welchen Bereichen gibt es noch Defizite?

Von der Leyen forderte am Wochenende bei einem Besuch in Kiew eine noch nachdrücklichere Korruptionsbekämpfung und die Verabschiedung des neuen Gesetzes über Lobbytätigkeiten. Zudem mahnte sie die Verschärfung von Vorschriften über die Angabe von Vermögenswerten sowie die vollständige Umsetzung von Empfehlungen zum Schutz von nationalen Minderheiten an.

Letzter Punkt ist zum Beispiel dem EU-Land Ungarn wichtig. Die Regierung in Budapest war in der Vergangenheit der Meinung, dass die Ukraine die Rechte der ungarischen ethnischen Minderheit in der Region Transkarpatien verletzt. Ungarn bemängelt vor allem ein Bildungsgesetz, das den Schulunterricht in den Sprachen der Minderheiten nur noch in eingeschränkter Form zulässt.

Sollte die Ukraine bei den Reformen nicht liefern, riskiert sie, dass es Vetos gibt. Alle relevanten Entscheidungen zum Beitrittsprozess erfordern Einstimmigkeit unter den EU-Staaten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sicherte der EU vor der erhofften Empfehlung für Beitrittsverhandlungen weitere Reformen zu. Die Ukraine arbeite an neuen Gesetzen und an einer Stärkung ihrer staatlichen Institutionen, um die EU-Standards in dem Land einzuführen, sagte er in seiner am Dienstag in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft.

Warum machen die Kommission und Kiew beim Thema Beitritt Tempo?

Beide Seiten wollen den mehr als 40 Millionen Ukrainern zeigen, dass sie eine Perspektive haben, EU-Bürger zu werden. Der Start der Beitrittsverhandlungen könnte zudem ein weiteres Zeichen sein, dass es sich lohnt, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. "Sie kämpfen nicht nur für Ihre eigene Freiheit, Demokratie und Zukunft, sondern auch für unsere", sagte von der Leyen jüngst an die Adresse des ukrainischen Volkes gerichtet.

Wie lange dauert es vom Start der Beitrittsgespräche bis zum EU-Beitritt?

Das kann niemand vorhersagen. Die Türkei etwa wurde 1999 EU-Kandidat - und war wohl noch nie weiter von einer Mitgliedschaft entfernt als heute. Theoretisch kann ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden.

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Welche Rolle spielt Russlands Krieg auf dem EU-Weg der Ukraine?

Vermutlich eine zweischneidige. Auf der einen Seite hätte die Ukraine ohne den Krieg wohl niemals so schnell den Kandidatenstatus bekommen. Auf der anderen Seite dürfte der Krieg notwendige Anpassungsprozesse erschweren. Zudem gilt es als ausgeschlossen, dass die Ukraine vor Kriegsende EU-Mitglied wird. Denn dann könnte Kiew nach Artikel 42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand von anderen EU-Staaten einfordern – die EU wäre offiziell Kriegspartei.

Ist die Ukraine das einzige Land, welches gerade auf einen Beitritt hofft?

Nein, neben der Ukraine werden auch Moldau und Georgien sowie die Westbalkanstaaten Montenegro, Albanien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien und Kosovo als EU-Beitrittsanwärter von der EU-Kommission bewertet. Zur Türkei ist ebenfalls ein Bericht geplant, der Beitrittsprozess liegt allerdings bereits seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Defizite auf Eis.

Nach dpa-Informationen sollen auf Grundlage der Berichte auch Moldau und eingeschränkt Bosnien-Herzegowina auf einen Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen können – und Georgien auf den Beitrittskandidatenstatus. Von den sechs Westbalkanstaaten ist nun nur noch die Republik Kosovo kein offizieller Beitrittskandidat. Mit Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und Albanien laufen bereits Beitrittsverhandlungen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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