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Anne Will zum Israel-Gaza-Krieg: Schwedens Ex-Ministerpräsident äußert sich


Debatte bei "Anne Will"
Ex-Ministerpräsident sieht nur noch einen Ausweg für Israel


Aktualisiert am 13.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Carl Bildt (Archivbild): Der erfahrene schwedische Diplomat sprach bei "Anne Will" über den Krieg in Nahost.Vergrößern des Bildes
Carl Bildt (Archivbild): Der erfahrene schwedische Diplomat sprach bei "Anne Will" über den Krieg in Nahost. (Quelle: imago/Andreas Sandstroem)

Bei "Anne Will" wird die ganze Ausweglosigkeit des Nahostkonflikts deutlich. Selbst ein erfahrener Diplomat hält die einzige Lösung für kaum erreichbar.

Eigentlich wollte Moderatorin Anne Will am Sonntagabend in der ARD nach Perspektiven für eine Zeit nach dem gegenwärtigen Nahostkonflikt suchen. Was ihre Talkshow stattdessen offenbarte, war eine Reihe schwer in Einklang zu bringender "Alternativlosigkeiten", die nichts Gutes verheißen.

Viele Israelis hätten das Gefühl, einen zweiten Holocaust zu erleben, erklärte etwa die deutsch-israelische Unternehmerin Jenny Havemann in der Sendung zum Thema "Terror und Krieg in Nahost – Wie kann das enden?" Da könne man nicht einfach nichts tun und warten, dass sich der 7. Oktober wiederhole. "Wir wissen, dass es schwer wird, aber es geht einfach nicht anders", kommentierte die Podcasterin die Gemütslage ihrer israelischen Landsleute.

Die Gäste:

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

Carl Bildt, ehemaliger Ministerpräsident von Schweden

Jenny Havemann, deutsch-israelische Podcasterin

Abdul Chahin, Stand-up-Comedian

Guido Steinberg, Nahost- und Terrorismusforscher

Auch wenn die Geschehnisse der jüngsten Vergangenheit natürlich nicht eins zu eins mit der Judenverfolgung durch die Nazis vergleichbar seien, gebe es doch Parallelen, führte Havemann weiter aus. Geschichten von Juden, die sich unter Leichen verstecken, um dem sicheren Tod zu entgehen, hätten die meisten Menschen in Israel bislang nur aus den Erzählungen ihrer Großeltern gekannt. Damit verwies die Bloggerin auf Erfahrungsberichte von Besuchern des durch die Hamas attackierten Musikfestivals in der Negev-Wüste.

Jüdin beklagt eskalierenden Antisemitismus

Das Land sei "absolut traumatisiert" und befinde sich in einem Existenzkampf. Weltweit – also auch in Deutschland – würden sich Juden aufgrund des grassierenden Antisemitismus zudem unsicher fühlen. Im Moment erlebe man eine Eskalation dieses Hasses, sagte Havemann und fügte hinzu: "Wenn alle Jüdinnen und Juden erkennbar wären, dann hätten wir wirklich ein viel, viel größeres Problem. Das sehen wir jetzt auf den Straßen." Das traurige Fazit der in der Nähe von Tel Aviv lebenden Unternehmerin: "Es ist eigentlich zu spät aus meiner Sicht."

Wie verzweifelt die Lage auf palästinensischer Seite ist, machte andererseits der Stand-up-Comedian Abdul Chahin deutlich. Der in Siegburg geborene Sohn palästinensischer Flüchtlinge zeigte Verständnis für Israels "Instinkt, sich zu verteidigen", wünschte sich aber mehr Diplomatie und Verhältnismäßigkeit.

Für ihn als Mensch, der immer versucht habe, Brücken zu bauen und zu vermitteln, sei der 7. Oktober "eine Riesentragödie" gewesen. "Wenn man in unserer Haut steckt, da wird man immer eingesogen, wenn da irgendwas passiert", beschrieb Chahin angesichts der Krisen im Nahen Osten die Gefühle von in der Ferne lebenden Palästinensern und Israelis.

Gefahr weiterer Radikalisierung durch zivile Opfer

Der Podcaster zeigte sich überzeugt, dass die vielen zivilen palästinensischen Opfer zu einer weiteren Radikalisierung führen werden. Er sehe ganz viele schreckliche Videos und Bilder, von denen er genau wisse, dass sie den Nährboden für zukünftigen Extremismus bildeten. "Weil es alternativlos ist", ergänzte Chahin und fragte: "Wie viel zukünftige Menschen, die extremistisch werden, ernten wir jetzt nach dieser Session, die da unten in Gaza abgeht?"

Gleichzeitig machte der Islamwissenschaftler Guido Steinberg klar, dass Israel keine andere Wahl habe, als den Druck auf die Hamas aufrechtzuerhalten und die Terrororganisation zu zerschlagen. "Jeder Staat würde das tun", konstatierte der Nahost- und Terrorismusforscher. "Es ist dann aber ganz entscheidend, dass man zumindest nicht alle Brücken zur lokalen Bevölkerung abbricht. Und deswegen ist es so wichtig, dass man verhältnismäßig vorgeht", gab der Wissenschaftler der Stiftung Wissenschaft und Politik zusätzlich zu bedenken. Steinberg legte außerdem dar, dass Israel die Zeit davonlaufe und der internationale Druck auf das Land, besonders aus den USA, steige, mit Augenmaß vorzugehen.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour beschrieb die Lage in Gaza als "extrem dramatisch". Vor diesem Hintergrund dränge man aus deutscher Sicht zwar auf Verhältnismäßigkeit, sichere Israel aber klar seine Unterstützung zu. "Wir werden und wir müssen an der Seite Israels stehen, auch wenn wir an vielen Stellen gegebenenfalls Kritik äußern müssen. Das ist überhaupt keine Frage", bekräftigte der Grünen-Politiker.

Schwedischer Diplomat sieht nur eine Lösung

Die Verantwortung für die "grauenvolle Situation" liege eindeutig bei der palästinensischen Terrororganisation. "Die Hamas hat es begonnen, und die Hamas sorgt dafür, dass gerade vieles nicht funktioniert", erläuterte Nouripour.

Selbst dem sehr erfahrenen Diplomaten Carl Bildt schien angesichts solcher Probleme "monumentalen Ausmaßes" nur ein einziger Ausweg einzufallen, der aktuell allerdings umso schwerer zu erreichen sei: die Zweistaatenlösung.

"Aber sieht überhaupt irgendjemand eine andere Lösungsmöglichkeit?", fragte der ehemalige schwedische Ministerpräsident und Außenminister rein rhetorisch in die Runde. Die Gefahr, dass sich die Situation weiter verschlimmere und in fünf Jahren noch einmal ärger eskaliere, wenn man nicht darauf hinarbeite, sei signifikant, so Bildt.

Dementsprechend resigniert fiel das Schlussstatement zur Sendung aus. Es blieb Chahin vorbehalten. Der Comedian mit palästinensischen Wurzeln beklagte eine gestiegene Toleranz gegenüber extremen Stimmen, plädierte vor diesem Hintergrund für mehr persönliche Begegnungen, mit denen er gute Erfahrungen gesammelt habe, und resümierte: "Es könnte theoretisch so einfach sein. Theoretisch."

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