Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Trump und G7 Es wird nichts mehr mit ihm

Donald Trump hält nichts von internationaler Zusammenarbeit. Er macht, was er will. Das führt nicht nur auf dem G7-Gipfel zu unwürdigen Szenen. Doch was folgt daraus?
Es hilft nichts, man muss es einmal so deutlich sagen: Ukraine-Krieg, Iran-Krieg, Zollkrieg – es sieht wirklich mies aus auf der Welt. Und was passiert auf dem großen G7-Gipfel? Wo Verbündete im offenen Gespräch nach Lösungen suchen könnten, scharwenzeln die Chefs sechs mächtiger Industrienationen um den siebten herum: Donald Trump. Und tun dann noch so, als sei das völlig normal.
Bloß nicht verärgern, dann wird er wütend, der Donald. Es ist unwürdig.
Nun ist es leider so, dass Würde in der Politik ziemlich egal ist. Was zählt, ist Macht. Und die hat ein US-Präsident wie kein Zweiter auf der Welt. Die würdelose Wahrheit ist deshalb: Mit ihm geht’s nicht, aber ohne ihn auch nicht.
Ernsthafte Politik? Aussichtlos
Falls es weiterer Beweise bedurfte, wie aussichtslos der Versuch ist, mit Donald Trump ernsthafte Politik zu machen – der G7-Gipfel bietet reichlich davon. Es beginnt schon am Montagmorgen, als Kanadas Premierminister Mark Carney natürlich Donald Trump als Ersten begrüßt. Und dann schweigend danebensteht, wenn Trump sagt, was für ein großer Fehler es gewesen sei, Wladimir Putin nach der Annexion der Krim auszuschließen. Und dass er, Trump, kein Problem damit habe, wenn China dazustoße.
Die Staats- und Regierungschefs lächeln auch bei diesem Gipfel Trumps Unsinn weg, wenn er in den Sitzungen wieder mal monologisiert. Sie drucken große Schautafeln mit bunten Farben, damit er kapiert, dass China und die USA im Welthandel in den letzten Jahrzehnten die Plätze getauscht haben. Und dass das ein Problem ist.
Noch am Mittag des ersten Tages sagt Donald Trump den Gastgebern, er werde den ganzen Gipfel über in Kanada bleiben. Allein das macht viele hier fröhlich, Regierungen streuen es als gute Nachricht an die Journalisten. Mehr Geschlossenheit? Geht ja wohl kaum! Wenige Stunden später ist schon wieder alles anders. Plötzlich muss Trump angeblich doch schnell weg. Ist doch verständlich, behaupten die Chefs, er hat doch was Wichtiges zu tun. Kein Problem, guten Flug!
Warum Trump geht? Weiß niemand
Der Krieg zwischen Israel und dem Iran verlangt angeblich, dass Donald Trump nach Washington zurückreist. Warum so plötzlich und nicht einen Tag später? Weiß beim Gipfel niemand so genau. Über seine Pläne lässt Trump offenbar auch die lieben Verbündeten im Unklaren.
Will Trump Druck aufbauen, damit der Iran endlich verhandelt? Oder will er auf einmal doch in den Krieg eingreifen und das Atomprogramm mit seinen bunkerbrechenden Bomben endgültig beenden? Die G6 müssen spekulieren, was Donald Trump will. So viel zur gewünschten Geschlossenheit.
Da hilft auch die gemeinsame Erklärung in Wahrheit nichts, die Trump vor Abflug doch noch unterzeichnet. Es gilt auf dem Gipfel als Erfolg, dass Trump sich damit auch hinter eine Passage stellt, die einen Waffenstillstand in Gaza fordert. Die Freude ist so rührend wie menschlich nachvollziehbar. Immerhin arbeiten für solche Dokumente viele Menschen Tag und Nacht, feilschen um Worte und Kommas.
Doch glaubt wirklich jemand, dass Trump morgen noch interessiert, was er da gestern unterschrieben hat? Dass sich ein US-Präsident, der sich nicht an das Recht gebunden fühlt, von einem Gipfelpapierchen aufhalten lässt?
Präsident mit Bindungsängsten
Es ist das Grundproblem mit Donald Trump: Der Präsident hat Bindungsängste. Er will sich nicht festlegen, auf gar nichts. Hält es nicht für nötig, oder nutzt es bewusst als Strategie, um Chaos zu stiften. Wahrscheinlich mal aus dem einen, mal aus dem anderen Grund. Es ist auch egal, denn das Ergebnis ist dasselbe: Er ist unberechenbar.
Unberechenbarkeit aber ist nicht nur ein Problem, wenn ein komplizierter Krieg befriedet werden muss. Auch für die Weltwirtschaft ist sie so gefährlich wie wenig anderes. Das macht Trumps Zoll-Hin-und-Her so schädlich.
Lohnt es sich für deutsche Autokonzerne, bald Milliarden in den USA zu investieren? Das hängt von den Launen eines Mannes ab, der offenbar Spaß daran hat zu sehen, wie alle tanzen, wenn er pfeift. Da kann ein deutscher Bundeskanzler noch so sehr auf Verlässlichkeit pochen. Es ist Trump egal.
Es funktioniert nicht, also machen wir weiter
Die Frage ist nur, was die Alternative sein sollte. Er ist es, der das iranische Atomprogramm vermutlich kaputtbomben könnte. Er ist es, der Putin mit Sanktionen wirklich wehtun kann. Und er ist es auch, der die Nato am Leben hält. An dieser Erkenntnis ändert erst einmal nichts, dass niemand weiß, was eine Entscheidung von Trump wirklich wert ist. Und vor allem: wie lange sie etwas wert ist.
Es ist eine verlockende Vorstellung, wenn die Chefs Trump doch mal sagten, was sie wirklich von ihm halten. Der eigenen Würde hilft das bestimmt. Nur der eigenen Macht eben nicht. Sie würden schnell merken, dass sie ohne ihn zu wenig hinbekommen. Vor allem militärisch. Kaum auszudenken, wenn Trump sich offen gegen die einstigen Partner wenden würde.
Es wird mit ihm nicht mehr anders, nicht mehr besser werden. Da macht sich niemand mehr Illusionen. Es funktioniert nicht, also machen sie weiter wie bisher? Klingt nach der Definition von Wahnsinn. Doch nur so dürfte es eine Chance geben, von der internationalen Gemeinschaft zu retten, was noch zu retten ist. Immer in der vagen Hoffnung, dass Trump auch kein Interesse daran haben kann, alles abzureißen. Oder nicht genug Zeit dazu.
Es sind noch knapp vier Jahre, dann endet Donald Trumps zweite und letzte Amtszeit. Vielleicht treiben ihn die Amerikaner vorher aus dem Amt, wenn er weiter Demonstranten mit Soldaten aufzuhalten versucht. Vielleicht versucht er, mit dann fast 83 Jahren eine weitere Amtszeit dranzuhängen, obwohl die Verfassung das verbietet.
Aber irgendwann ist Donald Trump weg. So lange werden sie wohl noch um ihn herumscharwenzeln. Nicht, weil es so gut funktioniert. Sondern, weil alles andere schlimmer sein dürfte.
- Reise mit Bundeskanzler Friedrich Merz zum G7-Gipfel in Kanada