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Kommentar: USA riskieren Eskalation im Nahen Osten


Kommentar zur Golfkrise
USA riskieren Eskalation im Nahen Osten

t-online, Patrick Diekmann

Aktualisiert am 07.06.2017Lesedauer: 4 Min.
Eine F-15 der US-Airforce, die die USA auch an Saudi Arabien verkauft.Vergrößern des BildesEine F-15 der US-Airforce, die die USA auch an Saudi Arabien verkauft. (Quelle: Reuters-bilder)
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Saudi Arabien lässt die Muskeln spielen und isoliert zusammen mit einigen arabischen Ländern Katar. Knapp drei Wochen nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump entscheidet sich Riad für die nächste Eskalationsstufe. Ein Zufall? Wohl kaum, denn die USA greifen unter Trump noch empfindlicher in das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten ein.

Ein Kommentar von Patrick Diekmann

Die Fronten in der Golfregion sind verhärtet: Im „Kalten Krieg“ zwischen Saudi Arabien und dem Iran ist die Gefahr eines direkten bewaffneten Konfliktes wieder größer geworden. Das kleine Emirat Katar ist das erste Bauernopfer im andauernden Konflikt. Riad verkündete schon Anfang Mai, dass man daran arbeiten werde, dass die „Schlacht“ im Iran und nicht in Saudi-Arabien stattfinden würde. Der iranische Verteidigungsminister Hossein Dehghan drohte daraufhin mit einem Militärschlag, der „keinen Ort außer Mekka und Medina unberührt“ lassen werde, sollte Saudi Arabien „etwas Ignorantes unternehmen“. Etwas „Ignorantes“ kam in die Region, in Person von Donald Trump.

Inmitten des zunehmenden Säbelrasselns reiste der US-Präsident nach Saudi Arabien. Der Schulterschluss mit dem autoritär-monarchischen Regime ist skurril. Trump fordert seit dem Beginn seiner Präsidentschaft einen Einreisestop für Muslime. In Saudi-Arabien wird der extreme Wahabi-Islam gepredigt, auf den sich unter anderem Terrororganisationen wie Al Qaida oder der IS berufen. So kamen 15 der 19 Attentäter des 11. September aus Saudi Arabien.

Anstatt Rücksicht auf das empfindliche Kräftegleichgewicht zu nehmen hat der US-Präsident einen gewaltigen "Deal" im Gepäck. Der Vertrag sichert Saudi Arabien amerikanische Rüstungsgüter im Wert von 110 Milliarden Dollar zu. In den nächsten zehn Jahren wird Riad enorme 350 Milliarden Dollar für amerikanische Waffen ausgeben. "America first", auch auf Kosten der Stabilität in der Golfregion. Rüstungsaufträge schaffen Jobs in den USA und die Saudis verpflichteten sich außerdem, 40 Milliarden Dollar in den USA zu investieren.

Trump ist Geschäftsmann

Möchten die USA im Nahen Osten Frieden schmieden, muss die US-Regierung auf alle Parteien einwirken. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Barack Obama hat Trump dieses Erfordernis noch nicht verstanden. Er reiste als Geschäftsmann und nicht als Diplomat in die Region und mit dem Ziel, eine Front gegen den Iran zu bilden. Rüstet er Saudi Arabien auf, wird sich Iran seinerseits Rüstungsgüter aus Russland und China kaufen. Doch Riad gibt jährlich dreimal mehr für Rüstung aus als Teheran.

Die Rüstungsausgaben von Saudi Arabien und dem Iran im Vergleich. (www.statista.com)

Zusammen mit den westlichen Sanktionen gegen den Iran führt dieses Ungleichgewicht dazu, dass Saudi Arabien die deutlich modernere Armee hat. Trotzdem ließe die bloße Masse an Soldaten und an militärischem Gerät der iranischen Armee einen Konflikt theoretisch zu einem Fiasko werden. Ein Konflikt würde auch Deutschland in Mitleidenschaft ziehen, denn sollte Teheran die Straße von Hormus sperren, wäre die wichtigste Öl-Route nach Europa gekappt.

Die Golfregion ist ein Pulverfass, vor dem auch Donald Trump nicht zündeln sollte. Sollte er seiner Linie treu bleiben und auch den Atomdeal mit dem Iran aufkündigen, wäre die Büchse der Pandora geöffnet. Der Weg wäre frei für ein neues atomares Wettrüsten in der Region und die Hardliner im Iran, die auf Konfrontation zum Westen und zu Israel setzen, würden wieder deutlich an Einfluss in der Bevölkerung gewinnen.

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Nach der Blockade Katars schien das Weiße Haus die Gefahr zu erkennen. Die US-Regierung wolle sich um Entspannung bemühen. Trump werde mit allen Beteiligten sprechen, um die Situation zu beruhigen, sagte eine Sprecherin des Präsidenten. Die USA haben gute Beziehungen zu Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Katar ist der größte US-Militärstützpunkt der Region.

Anderer Kurs als Obama

Trump machte diesen diplomatischen Vormarsch zunichte. "Während meiner Reise in den Nahen Osten habe ich gesagt, dass es keine Unterstützung radikaler Ideologien mehr geben darf. Die Führer haben auf Katar gezeigt", twitterte er. Die USA ziehen sich aus dem Vermittlungsprozess heraus. Während Obama mit dem Nuklearpakt auf einen liberalen Iran setzte, versucht Trump das Land zunehmend zu dämonisieren. Dabei vergisst er, dass sein enger Verbündeter Saudi Arabien ebenso extremistisch-sunnitische Gruppierungen dort unterhält, wo es den eigenen Interessen nützt.

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Ohne Frage, in der Golfregion kämpfen zwei autoritäre Regime um die Vorherrschaft. Doch in beiden Ländern gibt es Zivilgesellschaften, die sich zunehmend mehr Liberalität wünschen. Im Iran zeigte das zuletzt der Wahlsieg des gemäßigten Kandidaten Hassan Rohani. Man darf von beiden Staaten keine großen Schritte erwarten, denn besonders der Iran kämpft noch mit den Narben der ausbeuterischen Ölpolitik der Amerikaner und Briten in der Region.

Deutschland und Europa müssen weiter den Weg der Diplomatie gehen. Es dürfen keine Waffen in diese Region geliefert werden. Auch keine Patrouillenboote, denn diese werden nach Lieferung an die jeweiligen Staaten hochgerüstet. Wir müssen die Wirtschaft dagegen ermutigen, im Iran zu investieren, denn die iranische Bevölkerung muss merken, dass es ihr durch die Öffnung zum Westen besser geht. Für Investoren muss es Sicherheit geben. Deshalb darf Deutschland mögliche neue Sanktionen durch die USA nicht mittragen, sofern sich der Iran an die Vereinbarungen des Atompaktes hält. Trumps Rüstungsdeals sind fatal für die Region und auf diesem Pfad darf ihm Europa auf keinen Fall folgen. Sonst wird die Zeit des Krieges und der Flucht nicht enden.

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