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US-Kritik an Merkels Ukraine-Politik: "Ich glaube, ihr macht einen großen Fehler"


US-Kritik an Merkels Ukrainepolitik
"Ich glaube, ihr macht einen großen Fehler"

t-online, reuters, are

Aktualisiert am 07.02.2015Lesedauer: 3 Min.
Muss sich scharfe Attacken aus Washington anhören: Kanzlerin Angela Merkel, die auf eine friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt setzt.Vergrößern des BildesMuss sich scharfe Attacken aus Washington anhören: Kanzlerin Angela Merkel, die auf eine friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt setzt. (Quelle: Picture Alliance/ZUMA Press/dpa-bilder)
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Europa bewegt sich im Eiltempo auf einen neuen Kalten Krieg zu, auch wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois öffentlich noch erbittert dagegen stellen. Beide müssen nicht nur Ukrainer und Russen davon überzeugen, der Gewalt abzuschwören. Kanzlerin Merkel muss auch amerikanische Forderungen nach Waffenlieferungen an die ukrainische Armee abwehren - und sich verbale Attacken aus Washington gefallen lassen.

Es scheint, als hätten sich die Vertreter des Bündnispartners dazu entschlossen, Merkel wegen deren Ukrainepolitik öffentlich unter Beschuss zu nehmen. US-Senator John McCain hatte der Kanzlerin vorgeworfen, sie betreibe die falsche Appeasement-Politik gegenüber Russland, verrate die Ukraine und schere sich nicht um die Menschen in dem Konflikt, die sterben.

Bislang sind Regierungsangaben zufolge mindestens 5500 ukrainische Zivilisten und 1200 Soldaten ums Leben gekommen. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, deutsche Sicherheitskreise schätzten die Zahl der Todesopfer auf 50.000. Nun legte ein weiterer US-Politiker nach.

"Ich glaube, ihr macht einen großen Fehler"

Lindsey Graham, ebenfalls Senator und Redner auf der Münchner Sicherheitskonferenz, warf der Kanzlerin laut einem Bericht des "Focus" vor, einen großen Fehler zu machen.

"Ihr seid ein guter Verbündeter", sagte der republikanische Senator aus South Carolina, der dem Streitkräfteausschuss im US-Senat angehört, an Deutschland gewandt. "Aber ich glaube, ihr macht einen großen Fehler." Merkel begründe ihre Ablehnung von Waffenlieferungen damit, dass sie nicht sehe, wie Waffen die Situation besser machen könnten, sagte Graham. Und ergänzt: "Nun, ich sehe es."

Und Graham sagte an die deutsche Regierungschefin gewandt weiter: "Wir dürfen diesen Menschen nicht unseren Rücken zukehren. Aber genau das tut ihr". Das sei kein feiner Zug.

Erinnerung an US-Hilfe nach Zweitem Weltkrieg

Graham erinnerte in seiner Rede die Deutschen auch an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner ihnen beim Wiederaufbau halfen und ihnen während des Kalten Krieges Schutz vor der Sowjetunion boten.

"Wenn Menschen dafür kämpfen, frei zu sein, müssen wir alles tun um ihnen zu helfen – so wie wir damals alles getan haben", sagte der US-Senator laut "Focus" weiter. Wer nichts tue, legitimiere letztendlich den Konflikt.

In seinen Augen, so Graham, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch US-Präsident Obama klar zu dieser Position bekennt. Im US-Kongress bilde sich gerade ein Konsens zwischen Republikanern und Demokraten, dass eine solche Unterstützung in Form von Waffenlieferungen an die Ukraine im Interesse der USA und der Welt seien. US-Vizepräsident Joseph Biden schlug diplomatischere Töne an. Anders als McCain und Graham wollen Obama und Biden Merkel nicht öffentlich unter Druck setzen, sondern sie überzeugen, auf die Linie der US-Regierung einzuschwenken.

McCain: Kanzlerin betreibt Appeasement-Politik

McCain hatte den Kurs der Bundeskanzlerin mit der Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen. Kurz vor dem Dreiergipfel zwischen Merkel, Hollande und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gestern in Moskau hatte der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im US-Senat in einem ZDF-Interview für die Sendung "Berlin Direkt", das am Sonntagabend ausgestrahlt werden soll, gesagt: "Ihr Verhalten erinnert mich an die Politik der 30er Jahre." Das Verhalten Europas im Ukraine-Konflikt sei für ihn eine riesige Enttäuschung, "aber ich habe nichts anderes erwartet", so McCain

"Ich würde die Kanzlerin fragen, wie viele Menschen müssen noch in der Ukraine sterben, bevor wir ihnen helfen, sich zu verteidigen?", so der einflussreiche Republikaner in dem ZDF-Interview weiter. "Weiß sie denn gar nicht, wo die Waffen für die Separatisten und die Truppen herkommen?" McCain warf Merkel Untätigkeit vor: "Will sie einfach nur zuschauen, wie ein Land in Europa zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg zerstückelt wird?"

Merkel für Lösung ohne Waffengewalt

Hintergrund für die Attacken vom Bündnispartner aus den Vereinigten Staaten ist die Vermittlungsmission von Merkel und Hollande in Moskau. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Merkel zum wiederholten Male betont, dass es nur zu einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konfliktes kommen kann.

Nach einer Woche voll von Krisengesprächen mit ukrainischen, russischen und europäischen Gesprächspartnern räumte die Kanzlerin zwar ein, dass es keine Erfolgsgarantie gebe. Und die Erfahrungen, wie von russischer Seite Zusagen eingehalten worden seien, seien eher ernüchternd. Aber es gebe, so Merkel, eben keine Alternative zum Konzept: Reden, notfalls sanktionieren und Russland positive Perspektiven bei einem Einlenken im Ukraine-Konflikt aufzuzeigen.

Merkels Sorge um die Einheit des Westens scheint vor ihrer Reise nach Washington und dem anstehenden EU-Gipfel berechtigt.

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