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Gaza-Eskalation: Hamas offenbar bereit zu Waffenruhe – ESC gefährdet


Hunderte Raketen auf Israel
Hamas angeblich bereit zu Waffenruhe – ESC gefährdet

dpa, Sara Lemel

Aktualisiert am 06.05.2019Lesedauer: 5 Min.
Raketen aus dem Gazastreifen: Hamas und Islamischer Dschihad greifen Israel mit Hunderten Raketen an.Vergrößern des BildesRaketen aus dem Gazastreifen: Hamas und Islamischer Dschihad greifen Israel mit Hunderten Raketen an. (Quelle: Ariel Schalit/ap)
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Kurz vor Start des ESC sind die Islamisten aus Gaza in die Offensive gegangen – und ließen Raketen auf Israels Zivilbevölkerung regnen. Danach erklärten sie sich zu einer angeblichen Waffenruhe bereit.

Nach dem schwersten Angriffen palästinensischer Terrorgruppen auf Israel seit dem Gaza-Krieg vor fünf Jahren hat die im Gazastreifen herrschende Hamas Bereitschaft zu einer neuen Waffenruhe mit Israel signalisiert. Eine Feuerpause sei möglich, wenn sich Israel ebenfalls daran halte, verkündete der Chef der islamistischen Bewegung, Ismail Hanija, am Sonntagabend. Voraussetzung dafür sei , dass Israel die seit mehr als zehn Jahren andauernde israelischen Blockade des Gazastreifens aufhebe, die von Ägypten mitgetragen wird. Andernfalls werde es weitere Konfrontationen geben.

Genau davon rät US-Präsident Donald Trump dringend ab. "An die Menschen in Gaza: Diese Terrorakte gegen Israel werden euch nur noch mehr Elend einhandeln. Stoppt die Gewalt und arbeitet auf Frieden hin – es ist möglich!", schrieb er auf Twitter. "Wir unterstützen Israel zu 100 Prozent bei der Verteidigung seiner Bürger." Israel versucht mit der Blockade, die Lieferung von Waffen und Raketenbauteilen in den Gazastreifen zu verhindern.

Todesopfer und Verletzte

Die Angriffe auf Israel und die Reaktionen der israelischen Armee hatten seit dem Wochenende mehr als zwei Dutzend Menschen das Leben gekostet. Mindestens vier israelische Zivilisten wurden bei massiven Raketenangriffen aus Gaza getötet und Dutzende verletzt. Angriffe der israelischen Armee töteten nach Angaben des von der islamistischen Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza mindestens 16 Palästinenser, rund 150 seien verletzt worden.

Die neuerlichen Angriffe auf den Süden Israels verschärfen die Sicherheitsbedenken vor dem in einer Woche stattfindenden internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest in Tel Aviv. Zwar blieb die Stadt von Gewalt verschont und die ESC-Proben verliefen nach Plan. Militante Palästinenserorganisationen drohten jedoch mit einer Ausweitung der Angriffe auch auf die Küstenmetropole.

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Seit Samstag hatten militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee mehr als 650 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Israels Luftwaffe bombardierte mehr als 250 Ziele in dem Küstenstreifen. Dabei wurden mehrere Häuser zerstört, darunter das Gebäude der inneren Sicherheitsbehörde der Hamas. Nach einer stundenlangen Sitzung wies das israelische Sicherheitskabinett um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Armee am Sonntagabend an, die Angriffe fortzusetzen.

Unter den getöteten Palästinensern waren den Angaben der palästinensischen Gruppen zwei schwangere Frauen und Kinder. Israel bestreitet derweil, für den Tod einer 37-jährigen schwangeren Frau und ihrer einjährigen Tochter im Gazastreifen verantwortlich zu sein. Nach Militärangaben wurden sie östlich von Gaza von einer fehlgeleiteten Rakete militanter Palästinenser getroffen. Immer wieder gab es in der Vergangenheit ähnliche Zwischenfälle.

Vorbereitungen auf ESC laufen auf Hochtouren

In Israels sonniger Küstenmetropole Tel Aviv liefen die Vorbereitungen auf den Eurovision Song Contest derweil auf Hochtouren. Die ersten Delegationen aus insgesamt 41 Ländern proben bereits eifrig in der Veranstaltungshalle Expo im Norden Tel Avivs. Doch die Vorfreude verwandelt sich angesichts neuer massiver Angriffe in große Sorge. Militante Palästinensergruppen feuerten am Wochenende mehr als 600 Raketen aus dem Gazastreifen auf den Süden des Landes. Mindestens vier Menschen starben, Dutzende wurden verletzt.

Die veranstaltende Europäische Rundfunkunion reagiert betont besonnen. "Sicherheit steht für die EBU immer an erster Stelle", teilte die Anstalt mit. Man arbeite mit der israelischen Rundfunkanstalt KAN und der Armee zusammen, "um die Sicherheit all jener zu gewährleisten, die mit uns in der Veranstaltungshalle Expo Tel Aviv zusammenarbeiten und sich uns anschließen". Man verfolge die Lage aufmerksam und die ESC-Proben gingen normal weiter.

"Wir werden die Angriffe nicht stoppen"

Gerade Normalität in Israel wollen die militanten Palästinenser offenbar jedoch verhindern. "Die Eurovision kann nicht in Tel Aviv stattfinden, wenn es in Gaza keine Erleichterungen gibt", hatte vor dem Angebot der Waffenruhe ein namentlich nicht genannter Repräsentant der im Gazastreifen herrschenden Hamas der israelischen Zeitung "Haaretz" gesagt. "Es kann nicht sein, dass sie singen und Spaß haben, während wir leiden."

Man werde verhindern, dass der ESC in Israel ein Erfolg wird, sagte auch ein Sprecher der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Hamas-Führer Mahmud Al-Sahar erklärte vor Journalisten in Gaza: "Wir werden die Angriffe nicht stoppen, die Gleichung Ruhe im Gegenzug für Ruhe gilt nicht mehr."

Nach einer ähnlich schwerwiegenden Eskalation der Gewalt im November hatte Ägypten zwischen den Seiten eine Waffenruhe erzielt. Dagegen gab es aber bereits mehrere Verstöße durch die militanten Gruppen im Gazastreifen. Kairo bemüht sich nach Medienberichten weiterhin um eine dauerhafte Vereinbarung.

Hamas schlug Proteste blutig nieder

Die Hamas stand zuletzt wegen der schlechten Lebensbedingungen der rund zwei Millionen Einwohners im Gazastreifen immer stärker unter Zugzwang. Proteste im Gazastreifen gegen die desolaten Lebensumstände wurden von ihr im März zwar brutal unterdrückt. Sie gelten jedoch als weiterer Hinweis auf die wachsende Frustration der Bevölkerung in Gaza.

Die Forderung der Hamas nach Aufhebung der seit mehr als einem Jahrzehnt herrschenden Blockade des Küstenstreifens konnte sie bislang nicht durchsetzen – trotz ihrer blutig inszenierten Proteste an der Grenze zu Israel, die seit mehr als einem Jahr andauern. Israel und Ägypten rechtfertigen die Blockade mit Sicherheitserwägungen. Immer wieder entdeckt die Armee sogenannte Terror-Tunnel, die bis auf israelisches Gebiet reichen, und durch die bewaffnete Kommandos eindringen könnten.

Der ESC beginnt in neun Tagen: Die beiden Halbfinale sollen am 14. und 16. Mai und das Finale am 18. Mai ausgetragen werden. Für Israel ist der ESC ein besonders prestigeträchtiges Event, eine Absage könnte seinem Image schwer schaden. Angesichts dieses sensiblen Zeitraums erhofft sich die Hamas offenbar, dass Israel erpressbarer und zu größeren Zugeständnissen bereit sein könnte. Dies gilt als Grund für die neuen massiven Raketenangriffe.

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Teil der Raketen kommt aus Iran

Die meisten Geschosse, die dicht besiedelte Wohngegenden bedrohen, kann jedoch Israels Raketenabwehr "Iron Dome" abfangen – auch wenn es zu Angriffen auf den Großraum Tel Aviv kommen sollte. Doch nach Schätzungen der Armee verfügt die Hamas über rund 20.000 Raketen und Mörsergranaten. Ein Teil kommt nach israelischen Informationen aus dem Iran, andere werden im Gazastreifen selbst produziert. Zu den durch die Tunnel aus Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelten Waffen gehörten auch Panzerabwehrraketen des Typs Kornet. Eine solche Rakete traf am Sonntag ein israelisches Fahrzeug an der Gaza-Grenze.


Wie geht es jetzt weiter, ist ein neuer Gaza-Krieg zu erwarten? Oder verständigen beide Seiten sich bald wieder auf eine brüchige Waffenruhe? Der ehemalige nationale Sicherheitsberater Jaakov Amidror meint, Israel habe letztlich kein Interesse an einer größeren Militäroperation im Gazastreifen. "Wir wollen nicht die Verantwortung für zwei Millionen Menschen in Gaza übernehmen, und es ist in unserem Interesse, dass die Hamas nicht zerstört wird, damit man weiter einen Ansprechpartner hat."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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