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"Hart aber fair"-Kritik: Trump-Diskussionen müssen ein Ende haben


"Hart aber fair"-Kritik
Diese Trump-Diskussionen müssen ein Ende haben

t-online, Marc L. Merten

27.06.2017Lesedauer: 4 Min.
In Frank Plasbergs aktuellem Talk wurde eine neue Art der Diskussion über US-Präsident Donald Trump gefordert.Vergrößern des BildesIn Frank Plasbergs aktuellem Talk wurde eine neue Art der Diskussion über US-Präsident Donald Trump gefordert. (Quelle: ARD/WDR)
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Ein halbes Jahr an der Macht und noch immer fragen sich die deutschen Talkshow-Granden, wie sie mit Donald Trump umgehen sollen. Es wird Zeit für eine andere Art der Diskussion. Das hat „hart aber fair“ am Montag bewiesen.

Die Gäste

• Peter Altmeier, Chef des Bundeskanzleramts
• Sandra Navidi, Unternehmensberaterin in New York
• Horst Teltschik, früherer außenpolitischer Berater von Helmut Kohl
• Ralph Freund, Vizepräsident "Republicans Overseas Germany"
• Bettina Gaus, Politische Korrespondentin der „taz“

Das Thema

Wenn der ARD-Redaktion von Frank Plasberg kein besserer Sendetitel einfällt als „Trumps neue Welt: Wild-West statt freier Westen?“ und sie dann Peter Altmeier und Ralph Freund einlädt, ist klar: Es muss sich etwas ändern. Doch das wird, wenn überhaupt, erst nach der Sendung am Montagabend geschehen.

Die Fronten

Die Standard-Besetzung funktioniert angeblich immer: einer der wenigen Trump-Freunde, die seit Monaten durch die Talkshows tingeln (Ralph Freund), dazu ein Regierungsvertreter (natürlich der allgegenwärtige Peter Altmeier), eine in den USA lebende Unternehmerin (Sandra Navidi), ein Journalist (die Korrespondentin Bettina Gaus) und als einzig wirklich interessanter Gast ein Schattenmann der Politik (Horst Teltschik), der in einer anderen Sendung (zum Beispiel zum Vermächtnis von Helmut Kohl) besser aufgehoben gewesen wäre. Frank Plasberg nannte es am Ende der Sendung eine tiefgründige Diskussion, manche werden es einen Trump-Talk nach Schema F nennen.

Aufreger des Abends

Der vielleicht spannendste Moment des Abends: eine Diskussion zwischen Ralph Freund und Bettina Gaus zur Frage: Was ist Populismus? Freund begann mit einem wagemutigen, manche würden sagen, populistischen Verdrehen der Realität und nannte Populismus „das Abweichen von bisherigen Erfahrungen im Umgang mit der parlamentarischen Demokratie“. Gaus schritt sofort ein, widersprach und definierte Populismus selbst als „eine unzulässig verkürzte Darstellung und Skandalisierung von Sachverhalten“. Freund tat so, als stimme er ihr zu und ergänzte: „Also eine Abweichung von dem, was Sie gewohnt sind. Mehr ist es nicht.“

An dieser Stelle hätte Frank Plasberg zwingend einschreiten müssen. Zu wichtig ist der Begriff Populismus inzwischen, um ihn als einfache Abweichung von der political correctness zu definieren. Aber auch Altmeier blieb stumm, lächelte wissend, behielt das Wissen aber lieber für sich, ließ den Populisten sich selbst beschönigen, verharmlosen, verständlich machen. So, als sei Populismus eben nicht auch das Ziel, durch Verfälschung und Dramatisierung eine Volksnähe vorzugaukeln, die sich in Wahrheit als Machtkalkül erweist.

Moderatoren-Frage des Abends

Aber sei’s drum, Plasberg hatte an diesem Abend mit Altmeier einen kurzen, aber zum Schmunzeln anregenden Auftritt. Der Hintergrund war die Kabinettssitzung der US-Regierung mit einer minutenlangen Lobpreisung des Herrn Trump. Plasberg fragte: „Herr Altmeier, wann haben Sie eigentlich das letzte Mal Frau Merkel dafür gedankt, dass Sie für sie arbeiten dürfen?“ Der Kanzleramtschef antwortete mit einem selten offenen Lächeln: „Das mache ich natürlich jeden Morgen nach dem Aufstehen.“ Die ernsthaftere Analyse stellte Sandra Navidi: „Diese Darbietung wäre völlig normal – in Nordkorea. Die Frage ist: Wie weit würden sich diese Kabinettsmitglieder erniedrigen, um Trump zu gefallen?“

Tiefpunkt des Abends

Diese Frage darf sich auch die deutsche Polittalk-Prominenz stellen. Seit Monaten wird darüber diskutiert, wie Donald Trump mit seiner rüden Art durchkommen kann. Freund nannte es ein „rustikales Sozialverhalten“, was bei den Auswüchsen präsidialer Beschimpfung durchaus als befremdliche Untertreibung verstanden werden darf. Doch was hilft diese Wahrnehmung? Nichts, weil sie Trump nicht ändern wird. Im Gegenteil. Es ist längst bekannt, dass der amerikanische Präsident aus diesen Beschimpfungen – vor allem aus jenen im Ausland – innenpolitische Stärke zieht. Trump lebt von Abneigung, von Anfeindung, von den Angriffen seiner Gegner.

Seine Wähler lieben ihn dafür, sie wollen eine streitbare Persönlichkeit, einen Anführer, der polarisiert, dafür haben sie Trump gegen alle Widerstände gewählt, obwohl dieser bis dahin nicht einmal Republikaner gewesen war. Alle Macht den Persönlichkeiten, komme, was wolle. Dass noch immer über genau dieses Phänomen diskutiert wird, anstatt sich ein politisch ruiniertes Amerika in einer sachlichen Analyse vorzunehmen, ist mindestens ebenso befremdlich wie Trumps Art selbst. Denn damit kommen die Talksendungen ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr nach. Sie wiederholen, statt neue Ansätze zu suchen. Nur, weil ein Thema anders formuliert wurde, verbirgt sich dahinter nichts anderes. Seit Monaten präsentieren die Plasbergs, Wills und Maischbergers des deutschen TV den Zuschauern alten Wein in neuen Schläuchen.

Was offen bleibt

Und so wurden an diesem Abend die entscheidenden Punkte nur am Rande diskutiert. Dass Trumps Republikaner bei allen Streits um dessen erstes halbes Jahr im Amt vier der fünf Nachwahlen im Kongress gegen die Demokraten gewonnen haben. Dass die Demokraten selbstverschuldet in eine Misere geraten sind, weshalb sie aktuell als echte Alternative ausfallen – ein fatales Urteil in einer Zwei-Parteien-Landschaft wie den USA. Dass das Festhalten an Parteigranden wie Hillary Clinton im Wahlkampf und Nancy Pelosi im Repräsentantenhaus nur Wasser auf den Mühlen der Gegner des politischen Establishments ist. Und dass Bettina Gaus mit ihrer Analyse ins Schwarze traf als sie sagte: „Beide Parteien sind in einem katastrophalen Zustand. Die Demokraten wegen eines internen Demokratie-Defizits, das es nicht erlaubt, dass einer am Partei-Establishment vorbei Erfolg hat. Und die Republikaner, weil sie seit Jahren nur durch das Streben nach Macht zusammengehalten werden. Die verschiedenen Flügel der Republikaner haben nicht mehr gemein als die FDP und die Grünen. Es wird nach Personen gewählt.“

Bei diesem Personenkult machen nicht nur die Parteien und Wähler mit. Auch die Medien, die auf Trump seit über anderthalb Jahren hereinfallen und alles aufsaugen, was der Mann im Oval Office von sich gibt. Mit Schaum vor dem Mund, aber ohne Erklärungen zu liefern. Das muss sich ändern. Auch bei Frank Plasberg. Denn von der Sorte Talkshow am vergangenen Montagabend haben wir inzwischen genug gehört.

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