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Sanktionen des Westens gegen Putins Russland sind wirkungslos


Sanktionen gegen Putin
Wagt der Westen zu wenig?

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, USA

Aktualisiert am 25.02.2022Lesedauer: 4 Min.
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Das sagt von der Leyen: EU und USA beschließen Sanktionen gegen Russland. (Quelle: Reuters)

Mit nie dagewesenen Sanktionen wollen die USA und ihre Verbündeten Russlands Präsidenten zur Umkehr zwingen. Doch noch größer als die Sorge um die Ukraine scheint eine andere Angst zu sein.

In Friedenszeiten beginnt der politische Tag des US-Präsidenten im Weißen Haus in der Regel gegen 10.15 Uhr. Dort erhalten Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris im Oval Office regelmäßig das Briefing ihres engsten Beraterstabs.

Doch es herrscht Krieg. Der US-Präsident beginnt an diesem Morgen seinen Tag um 9 Uhr im Situation Room, dem abhörsicheren Lagebesprechungsraum im West Wing des Weißen Hauses.

Joe Biden trifft dort virtuell mit allen anderen Staats- und Regierungschefs der Nato zusammen. Bei diesem außerordentlichen Gipfeltreffen werden heute 30 Staaten die Sicherheitslage in der Ukraine besprechen, die der russische Präsident Wladimir Putin angegriffen hat.

1949 war das transatlantische Verteidigungsbündnis gegen die ehemalige Sowjetunion gegründet worden – 2022 kommt es zusammen, um über die nächsten Schritte gegen einen Feind dieser "Wertegemeinschaft freier demokratischer Staaten" zu beratschlagen. Und das, obwohl die Nato in Putins Krieg gegen Ukraine militärisch nicht selbst involviert ist.

Panik vor dem Unberechenbaren

Doch mit jedem weiteren Einschlag von russischen Raketen werden die möglichen Eskalationsszenarien drastischer. Mit Sanktionen versucht der Westen, Putins Aggression einzudämmen. Ob und wie schnell diese helfen werden, ist umstritten. Derweil scheint die Panik im Bündnis zu steigen.

Unter anderem eine Äußerung des ehemaligen deutschen Botschafters und Sicherheitsexperten Wolfgang Ischinger machte das vor wenigen Stunden deutlich. "Haben alle in Moskau verstanden, dass Putin die Nato-Russland-Grundakte zerstört hat? Dass jetzt die Nato das Recht hätte, unbeschränkt Truppen in all den neuen Mitgliedstaaten zu stationieren? Und dass jetzt auch die Stationierung von Nuklearwaffen nicht mehr ausgeschlossen wäre?", so schrieb Ischinger.

Tatsächlich scheinen die 1997 beschlossenen gegenseitigen Beziehungen, die Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nato und der Russischen Föderation derzeit zerstört zu sein. Aber solche riskanten Pläne der Nato, wie Ischinger sie äußert, sind derzeit nicht bekannt.

Pläne über die Ukraine hinaus

Dennoch, so ernst wie jetzt war die Sicherheitslage für die Nato wohl nicht mal auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Denn im Osten Europas tobt der größte Krieg seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Ein Satz des US-Präsidenten zeigte an diesem historischen 24. Februar 2022, wie sehr dies den Westen mit einem Mal für Jahrzehnte zurückschleudert.

Joe Biden bezog sich dabei auf die Pläne seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Dieser habe viel größere Ambitionen in der Ukraine. "Er will die ehemalige Sowjetunion wiederherstellen", so Biden im Weißen Haus. "Darum", betonte er, "geht es".

Dabei hätte es bleiben können. Aber Bidens Pressesprecherin wiederholte dieses Putin-Szenario vor Reportern in Washington kurze Zeit später: "Wir glauben sicher, dass er größere Ambitionen hat als die Ukraine", sagte Jen Psaki, auch wenn sie keine Vorhersagen machen wolle.

Die Angst, davor, dass Putins Krieg gegen die Ukraine wirklich erst der Anfang sein könnte, sie scheint diesseits und jenseits des Atlantiks plötzlich nicht mehr unbegründet. Bei einem möglichen weiteren russischen Übergriff nach Westen wären mit den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen drei Nato-Mitgliedstaaten betroffen, die einst Teil der Sowjetunion waren.

Wirkungslose Sanktionen

Zunächst aber geht es Joe Biden und den anderen Staats- und Regierungschefs der Nato darum, Russland vom Krieg gegen die Ukraine zurückzudrängen. Mit nie dagewesenen Sanktionen, an denen sich die G7-Staaten, aber auch Nicht-Nato-Staaten wie Australien beteiligen, soll Wladimir Putin zur Umkehr gezwungen werden.

Aber verspricht diese Strategie wirklich, erfolgreich zu sein? Die US-Regierung und ihre Verbündeten und insbesondere Deutschland stehen in der Kritik, noch immer viel zu lasche Sanktionen beschlossen zu haben:

Die betroffenen Oligarchen hätten ihr Geld längst umgeschichtet. Die blockierten russischen Banken seien die falschen, weil diese gezielt gegründet worden seien, um Sanktionen zu umgehen. Die Energieträgerexporte Russlands und der Ausschluss des Landes vom internationalen Zahlungssystem Swift müssten endlich in Angriff genommen werden.

Angst vor dem eigenen Zusammenbruch

Von Vorab-Sanktionen kann angesichts des von Putin begonnenen Krieges in der Tat keine Rede mehr sein. Bei einer in Washington extra anberaumten Pressekonferenz mit dem Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Daleep Singh, wurde aber zumindest nachvollziehbar, warum stärkere Sanktionen derzeit noch immer schwerfallen.

Singh teilte mit, dass die USA und ihre Verbündeten die Balance wahren wollen. Die Sanktionen sollen möglichst zielgenau Putins inneren Zirkel treffen und eine weitere Finanzierung des Militärs erschweren. Hingegen soll die russische Zivilbevölkerung möglichst verschont bleiben und vor allem sollen zu heftige Auswirkungen auf die Weltwirtschaft vermieden werden.

"Der Energiesektor", sagte Singh, "ist der einzige Bereich, in dem Russland eine systemische Bedeutung in der Weltwirtschaft hat." Russland sei von diesen Einnahmen genauso abhängig, wie die Welt Putins Energie brauche. "Aber wir werden nichts tun, was eine unüberlegte Unterbrechung des Energieflusses verursacht, weil die globale wirtschaftliche Erholung noch im Gange ist", offenbarte Singh. Er meint die notwendige Erholung infolge der Corona-Krise.

Dies macht deutlich: Der Westen fühlt sich nicht bereit für mehr. Der russische Präsident weiß das, sonst hätte er diesen Krieg womöglich nicht begonnen. Auch, wenn alle Beteiligten beteuern, wie schwerwiegend die Konsequenzen für Russland seien. Putin wagt wohl mehr als nur einen Krieg gegen die Ukraine. Gedroht hat er zumindest mit nie dagewesenen Konsequenzen, sollten andere dem Land zur Hilfe eilen. Der Westen aber wagt womöglich noch immer zu wenig.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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