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Union einigt sich auf eine Zahl, aber nicht auf eine Obergrenze


Flüchtlings-Streit
Union einigt sich auf eine Zahl, aber nicht auf eine Obergrenze

dpa, df

Aktualisiert am 09.10.2017Lesedauer: 3 Min.
Angela Merkel und Horst Seehofer rangen lange um eine gemeinsame Linie in der Flüchtlingspolitik.Vergrößern des BildesAngela Merkel und Horst Seehofer rangen lange um eine gemeinsame Linie in der Flüchtlingspolitik. (Quelle: reuters)
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CDU und CSU schaffen nach zehnstündigen Verhandlungen die "Quadratur des Kreises", wie Merkel eine Lösung im Obergrenzen-Streit bezeichnet hatte. Die Union will die Anzahl der Flüchtlinge mit einer Grenzmarke deckeln. Das macht Jamaika nicht unbedingt leichter.

CDU und CSU haben sich nach jahrelangem Streit über eine Flüchtlings-Obergrenze geeinigt und sich auf das Ziel verständigt, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Der Kompromiss beinhaltet allerdings eine Ausnahme für Sondersituationen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag aus Teilnehmerkreisen der Unionsverhandlungen über einen gemeinsamen Kurs für die anstehenden Gespräche über ein Jamaika-Bündnis. Mit einem Kompromiss um die Obergrenze wäre das wichtigste Hindernis in den anstehenden Jamaika-Verhandlungen mit FDP und Grünen beseitigt.

Grenzmarke betrifft nur Flüchtlinge

In der Endversion der Einigung heißt es: "Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (Flüchtlinge und Asylbewerber, subsidiär Geschützte, Familiennachzug, Relocation und Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwillige Ausreisen künftiger Flüchtlinge) die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt." Subsidiär Geschützte sind Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus, "Relocation und Resettlement" meint die gesteuerte Umsiedlung von Flüchtlingen. Die Zuwanderung von Arbeitskräften oder EU-Ausländern ist nicht betroffen.

CDU und CSU haben sich demnach auf konkrete Maßnahmen geeinigt, die die Einhaltung dieses Rahmens sichern soll. Genannt werden dabei die Themen Fluchtursachenbekämpfung, Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens, der Schutz der EU-Außengrenzen, die EU-weite gemeinsame Durchführung von Asylverfahren an den Außengrenzen sowie gemeinsame Rückführungen von dort sowie die Reform des Gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) und des Dublin-Systems.

Diese sieben Maßnahmen plant die Union:

  • Flüchtlingszentren: Neu ankommende Asylbewerber sollen in speziellen Aufenthaltszentren, sogenannten "Entscheidungs- und Rückführungszentren" bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden ist. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg sowie im baden-württembergischen Heidelberg. Falls Anträge abgelehnt werden, sollten die Betroffenen von dort aus zurückgeführt werden.
  • Herkunftsländer: Zudem soll die Liste der sicheren Herkunftsländer erweitert werden - mindestens um Marokko, Algerien und Tunesien.
  • Grenzkontrollen: Sie sollen so lange aufrecht erhalten werden, bis der Schutz der Außengrenzen der EU gewährleistet ist.
  • Familiennachzug: Der Familiennachzug von subsidiär Geschützten soll ausgesetzt bleiben.
  • Abschiebung: Die Union will Anstrengungen verstärken, Ausreisepflichtige abzuschieben.
  • Flexibilität: Sollte die Begrenzung von 200.000 Flüchtlingen durch internationale oder nationale Entwicklungen wider Erwarten nicht eingehalten werden, sollen Bundesregierung und Bundestag Anpassungen nach oben oder unten beschließen.
  • Einwanderung in den Arbeitsmarkt: Sie müsse sich am Bedarf der Volkswirtschaft orientieren. "Kein Arbeitsplatz soll unbesetzt bleiben, weil es an Fachkräften fehlt." Deshalb soll ein "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz" erarbeitet werden.

Um kurz nach zehn Uhr endete die Krisensitzung am Sonntagabend. Die Unionsspitzen vertagten nach der Obergrenzen-Einigung weitere Beratungen über eine gemeinsame Linie für die Jamaika-Verhandlungen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer wollen den Kompromiss zur Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik an diesem Montag um 12.00 Uhr bei einer Pressekonferenz in der CDU-Zentrale in Berlin erläutern.

Grüne lehnen Unions-Einigung ab

Die Grünen lehnen den Kompromiss im Unions-internen Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge ab. "Das ist eine Einigung zwischen CDU und CSU und noch lange nicht das Ergebnis der Jamaika-Sondierung", sagte Grünen-Chefin Simone Peter.

"Die Zahl 200.000 als Höchstgrenze humanitärer Hilfe kommt einer Obergrenze gleich, weil sie die einzelnen Flüchtlingsgruppen wahllos summiert und bei Erreichen der Grenze offenbar sachgrundlos gegeneinander ausspielt", erklärte sie mit Blick auf die am Sonntag nach stundenlangen Verhandlungen gefundene Einigung.

"Wenn bei Erreichen der Grenze Flüchtlinge aus Resettlementprogrammen gegen nachziehende Familienmitglieder 'verrechnet' werden, dann hat das nichts mit menschenrechtsbasierter Asylpolitik zu tun", sagte Peter weiter. Sie bekräftigte, ihre Partei lehne die Ausweitung der sogenannten Sicheren Herkunftsländer ebenso ab wie Abkommen nach dem Vorbild des Vertrages zwischen der EU und der Türkei zum Stopp der Flüchtlingsbewegungen. Auch Ausreisezentren ohne Rechtsberatung wie in Bamberg würden von den Grünen nicht getragen. "An Entrechtungsprogrammen werden wir Grüne uns nicht beteiligen", erklärte Peter, die zu den Grünen Unterhändlern zur Sondierung einer Jamaika-Koalition mit Union und FDP gehört.

Menschenrechtsorganisation Pro Asy spricht von "reiner Willkür"

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte, dass die Union offenbar den Familiennachzug begrenzen will. "So eine Grenze ist die reine Willkür und damit grundgesetzwidrig", erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Sollen etwa Familienangehörigen nur bis zu einer willkürlich definierten Zahl der Nachzug und die Rettung erlaubt werden und der Rest bleibt in Gefahr?"

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