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Kurz erklärt: Wie kommt Deutschland zu einer Regierung?


Antworten zum Regierungschaos
Viel spricht für eine Übergangslösung

t-online, Fabian Reinbold

23.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Mehrheit gesucht: Angela Merkel steht vor einer sehr schweren RegierungsbildungVergrößern des BildesMehrheit gesucht: Angela Merkel steht vor einer sehr schweren Regierungsbildung (Quelle: Markus Schreiber/ap-bilder)
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Die Regierungsbildung ist schwer wie nie. Welche Auswege gibt es? Lesen Sie die Antworten auf die wichtigsten Fragen – und nutzen Sie die Chance, Ihre Fragen an die Redaktion zu stellen.

Von Fabian Reinbold

Der Fall ist einzigartig in Deutschland: Bislang konnte nach jeder Bundestagswahl eine Regierungsmehrheit gebildet werden. Jetzt sieht es zum ersten Mal so aus, als ob dies nicht gelingt. Das wirft eine Reihe von Fragen auf.

Gibt es eine zweite Chance für eine Jamaika-Koalition?
Die ist theoretisch möglich, aber sehr unwahrscheinlich. FDP-Parteichef Christian Lindner hat eine Wiederaufnahme der Jamaika-Gespräche ausgeschlossen. Die letzten Tage waren geprägt von Schuldzuweisungen zwischen den ehemaligen Sondierern.

Wie wahrscheinlich ist eine Große Koalition?
Die Frage ist, ob die SPD das will. Parteichef Martin Schulz hatte zunächst eine Koalition mit der Union ausgeschlossen und Neuwahlen befürwortet. Das sehen wichtige Parteifreunde allerdings anders. Und auch die Union bedrängt den alten Koalitionspartner, es sich noch einmal zu überlegen. Möglich ist, dass die SPD eine Minderheitsregierung toleriert - manche Genossen träumen auch von einer Dreierkoalition mit den Grünen. Das wäre in der parteiinternen Logik dann keine Große Koalition, sondern ein dritter Weg.

Welche Rolle spielt Bundespräsident Steinmeier?
Der Bundespräsident spricht mit den Spitzen aller im Bundestag vertretenen Fraktionen, um mögliche Auswege auszuloten. Er hatte sie bereits öffentlich ermahnt, eine Regierungsübernahme nicht zu scheuen. Steinmeier muss nach Abschluss der Beratungen dem Bundestag einen Kandidaten oder eine Kandidatin vorschlagen.

Wie läuft die Kanzlerwahl?
Den Kandidaten oder die Kandidatin muss das Parlament mit absoluter Mehrheit wählen. Scheitert der erste Versuch, hat das Parlament weitere 14 Tage dafür Zeit. Danach findet umgehend ein neuer Wahlgang statt, in dem auch die relative Mehrheit reicht. Ist ein Kanzler auf diese Art gewählt, liegt es an Steinmeier: Entweder er beauftragt den frisch gewählten Kanzler, eine Minderheitsregierung zu bilden oder er setzt Neuwahlen an.

Wie funktioniert eine Minderheitsregierung?
Eine Minderheitsregierung der Union oder von Union und Grünen müsste sich Partner suchen, um Gesetze im Bundestag per Mehrheit beschließen zu können. Dies kann geschehen, in dem etwa die SPD die Regierung toleriert, also nicht gegen sie stimmt. Sie könnte damit Projekte ermöglichen, die ihr wichtig sind. Möglich ist es auch, sich je nach Thema wechselnde Partner ins Boot zu holen. Mit der FDP könnte man den Breitbandausbau beschließen, mit der SPD ein Bildungspaket.

Was spricht gegen eine Minderheitsregierung?
Zum einen, dass es sie auf Bundesebene noch nie gab. Das hat auch mit den Erfahrungen in der Weimarer Republik zu tun, deren Endphase von machtlosen Minderheitsregierungen geprägt war. Zum anderen macht die Suche nach einer Mehrheit ständige Verhandlungen nötig, Deutschland könnte etwas wie Sondierungen in Serie erleben. Andererseits könnte die Variante eine gewisse Zeit überbrücken, bis zu einem späteren Zeitpunkt Neuwahlen angesetzt würden.

Wie wahrscheinlich sind Neuwahlen?
Mehrere Umstände sprechen gegen rasche Neuwahlen im Frühjahr: Es ist momentan nicht erkennbar, welche Partei profitieren und wem Verluste drohen würden. Zum anderen haben die Parteien ihre Budgets für den Wahlkampf durch die Bundestagswahl aufgebraucht. Die frisch gewählten Abgeordneten haben zudem kein Interesse, ihr Mandat wieder aufs Spiel zu setzen. Eine Übergangslösung erscheint vielen im Bundestag derzeit attraktiver.

Ist Deutschland handlungsfähig?
Ja, mit Abstrichen: Bis ein neuer Bundeskanzler gewählt ist, bleibt die alte Bundesregierung geschäftsführend im Amt, auch mit den SPD-Ministern der alten Großen Koalition. Das geschäftsführende Kabinett hat viele Rechte, hält sich üblicherweise allerdings so weit es geht zurück, um die Spielräume einer Nachfolgeregierung nicht einzuschränken. Dementsprechend wird erst eine neue Regierung den Haushalt 2018 beschließen. Damit verzögern sich Projekte wie etwa die von Union, FDP und Grünen in den Sondierungen geplante Einstellung Tausender Bundespolizisten. Auch auf internationaler Ebene wird sich eine geschäftsführende, ohne Mehrheit agierende Kanzlerin Merkel zurückhalten.

Und was macht der Bundestag so lange?
Er hat einen Hauptausschuss eingesetzt, der unter Leitung des Bundestagspräsidenten die wichtigsten Aufgaben erledigen soll. Die eigentliche Parlamentsarbeit findet allerdings in den Fachausschüssen statt, wo Experten Gesetze erarbeiten und diskutieren. Diese sollen erst dann eingesetzt werden, wenn eine neue Regierung steht und damit der Zuschnitt der Ministerien klar ist. Das wird also noch dauern.

Haben Sie weitere Fragen zur komplizierten Regierungsbildung? Schreiben Sie uns eine E-Mail an politikredaktion@t-online.de. Wir freuen uns auf Ihre Nachrichten!

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