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Wird eine Große Koalition so sozialdemokratisch wie nie?


Gespräche über Große Koalition
Die Verhandlungsposition der SPD ist ideal – eigentlich

t-online, Jonas Schaible

27.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Figuren von Schulz und Merkel: Daumen hoch für sozialdemokratische Inhalte?Vergrößern des BildesFiguren von Schulz und Merkel: Daumen hoch für sozialdemokratische Inhalte? (Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)
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Die Kanzlerin hat viel zu verlieren – beste Bedingungen für die SPD. Wird eine Große Koalition so sozialdemokratisch wie nie?

Eine Analyse von Jonas Schaible

Die Verhandlungsposition der SPD könnte besser gar nicht sein. Eigentlich. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen hat die Union nur noch eine Möglichkeit, um eine stabile Regierung zu bilden: die Große Koalition. Eine Minderheitsregierung wäre ein riskantes Experiment. Neuwahlen könnten das politische Ende für die Kanzlerin und ihre engen Vertrauten bedeuten.

Merkel hat viel zu verlieren. Sehr viel.

Auch FDP und Grünen wäre die Union deshalb weit entgegengekommen – und da hatte sie noch die SPD als mögliche Notfalloption. Jetzt verhandelt sie schon diesen Notfall: Nach der SPD kommt niemand mehr.

Bereits in der vergangenen Großen Koalition stammten die meisten Großprojekte von der SPD: Mindestlohn, Mietpreisbremse, Frauenquote in Aufsichtsräten, Rente mit 63. Jetzt hätte sie die Chance, noch mehr rauszuschlagen. Eine sozialdemokratische Regierung mit christdemokratischer Kanzlerin sozusagen. Der Kellner als Koch.

Dafür müsste die SPD jetzt immer wieder klar machen, dass nach den harten Jamaika-Sondierungen neue, genauso harte Sondierungen anstehen, mit genauso ungewissem Ausgang. Dass sie bereit ist, aufzustehen und zu gehen, so wie die FDP. Das tut sie aber nicht.

Keine Koalition ohne Bürgerversicherung?

Inhaltlich haben Sozialdemokraten bereits begonnen, sich möglichst teuer anzubieten. In einem Brief, über den die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, fordert die nordrhein-westfälische SPD unter anderem höhere Renten, eine Erbschaftssteuer, Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen und höhere Steuern auf große Vermögen. Und eine Bürgerversicherung.

Diese einheitliche Krankenversicherung für alle, anstelle des bisherigen Systems von gesetzlichen und privaten Krankenkassen, ist besonders beliebt in der SPD. "Wenn die Union hier nicht einschwenkt, können wir uns jedes weitere Gespräch sparen", sagte etwa Alexander Schweitzer, der Fraktionsvorsitzende des Landtags in Rheinland-Pfalz.

Parteivize Ralf Stegner schloss aus, dass die SPD den Familiennachzug für Flüchtlinge weiterhin beschränken werde. Und die Vorsitzende der Frauen in der SPD, Elke Ferner, forderte, zuerst müsste das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit und die Solidarrente kommen – beides wurde von der Großen Koalition vereinbart, aber nicht umgesetzt.

Wie erklärt man das "Nein" zum "Nein"?

Allerdings sucht die Partei eben verzweifelt nach einer guten Erklärung dafür, dass sie jetzt doch Gespräche führt, obwohl sie nicht nur am Wahlabend, sondern sogar noch am Montag nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche eine Große Koalition per Vorstandsbeschluss ausgeschlossen hatte. Obwohl viele Panik haben, in einer neuen großen Koalition endgültig irrelevant zu werden. Obwohl sich große Teile der SPD einig sind, dass vier Jahre in der Opposition heilsam wären.

Die kraftvollste und plausibelste Begründung, die der Führung einfiel war nicht: Wir haben die einmalige Chance, sozialdemokratische Inhalte umzusetzen – die wollen wir ausloten. Ihre Begründung war: wir haben Verantwortung für das Land.

"Die SPD ist sich vollständig ihrer Verantwortung in der momentan schwierigen Lage bewusst“, sagte Schulz vergangene Woche. "Ich bin sicher, dass wir in den kommenden Tagen und Wochen eine gute Lösung für unser Land finden."

So ging es weiter. Zwischen inhaltlichen Forderungen und die Aussage, nichts sei entschieden, streuten SPD-Spitzenpolitiker immer wieder auch diese Botschaft: Wir drücken uns nicht.

Es geht jetzt um das Land

Auf Twitter erklärte Schulz etwa, der Bundespräsident habe sich in einem "dramatischen Appell" an die Parteien gewandt. Das klingt ernst und dringlich. Auf dem Juso-Kongress rief Schulz, "wenn der Bundespräsident mich auffordert, mit den anderen beiden Parteichefs zu reden, dann werde ich reden". Er könne ihm das ja nicht abschlagen.

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Olaf Scholz, Hamburgs Bürgermeister und ewiger Kandidat für den Parteivorsitz, wurde noch deutlicher: "Man kann sich darauf verlassen, dass die SPD verantwortlich mit der Situation umgehen wird."

Die Union nimmt dieses Argument gerne auf. Ihr Fraktionschef Volker Kauder sagte: "Zunächst einmal geht es wirklich nicht um die Parteien, sondern jetzt geht es um unser Land".

Wie sollte die SPD da noch widersprechen?

Das heißt aber: Sollte die Union wenige Zugeständnisse machen, müsste die SPD Verhandlungen platzen lassen, deren Notwendigkeit sie mit Verantwortung für das Land begründet hat. Das fiele ihr schwer. Die Union wird das zu nutzen wissen – um zu verhindern, dass eine Große Koalition die sozialdemokratischste aller Zeiten wird.

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