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Armin Laschet (CDU): Seine magische Geheimwaffe im "Zukunftsteam"


Armin Laschet
Magisches Denken

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 03.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Armin Laschet: "Ich freue mich auf diesen Endspurt", sagt er. Ob ihm sein Zukunftsteam dabei helfen kann?Vergrößern des Bildes
Armin Laschet: "Ich freue mich auf diesen Endspurt", sagt er. Ob ihm sein Zukunftsteam dabei helfen kann? (Quelle: Christoph Soeder/dpa-bilder)

Armin Laschet beruft ein "Zukunftsteam". Früher hieß so etwas noch Schattenkabinett. Doch das Problem war das gleiche: Die Berufung von Experten bringt in Wahlkämpfen erfahrungsgemäß wenig.

Sagt Ihnen Barbara Kisseler noch etwas? Nein? Gar nichts? Dabei war die Theaterwissenschaftlerin 2009 eine der Hoffnungsträgerinnen Frank-Walter Steinmeiers.

Sie sollte im "Team Steinmeier" mit 18 anderen Politikerinnen und Politikern die Wende für den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten im Wahlkampf bringen. Denn Steinmeier war zwar persönlich äußerst beliebt, seine SPD aber ganz und gar nicht.

Doch selbst Barbara Kisseler konnte Frank-Walter Steinmeier nicht mehr helfen. Es folgte das bis dato schlechteste Ergebnis der SPD bei einer Bundestagswahl. Am Ende flogen die Sozialdemokraten aus der Regierung. Trotz des "Teams Steinmeier".

Geheimwaffe mit zweifelhafter Wirkung

Sogenannte Schattenkabinette, die mal "Team", mal "Kompetenzteam" und mal "Zukunftsteam" heißen, werden in Wahlkämpfen immer wieder zu einer Art Geheimwaffe aufgeplustert. Dabei halten es viele im politischen Berlin für eine Legende, dass sie wirklich viel bringen.

Doch für Armin Laschet, dessen Union in Umfragen inzwischen auf 20 Prozent abgestürzt ist, kommt etwas, das eine Geheimwaffe sein könnte, gerade recht. Und so stellte der Unionskanzlerkandidat am Freitag sein eigenes "Zukunftsteam" vor: acht Köpfe mit acht inhaltlichen Schwerpunkten. Fast alle sind verdiente Experten und geschätzte Fachpolitikerinnen.

Nur: Warum sollte plötzlich für ihn funktionieren, was seit Jahrzehnten nicht funktioniert hat? Es hat etwas von magischem Denken.

Laschets zwei Umfrageprobleme

Armin Laschet hat nicht nur ein Umfrageproblem, er hat gleich zwei. Das erste Problem ist offensichtlich: Die Union liegt danieder. Das ZDF-"Politbarometer" sieht sie nur noch bei 22, der ARD-"Deutschlandtrend" sogar nur noch bei 20 Prozent. Die SPD ist ihr mit 25 Prozent ein gutes Stück enteilt.

Ein Grund für diese Entwicklung ist Laschets zweites Umfrageproblem: Er ist nach seiner Pannenserie persönlich so unbeliebt wie kein anderer Unionskanzlerkandidat der vergangenen Jahrzehnte.

Selbst mit Helmut Kohl waren die Deutschen 1998, als er nach 16 Jahren abgewählt wurde, mehr als doppelt so zufrieden wie mit Armin Laschet. Nur 20 Prozent misst der Deutschlandtrend für ihn derzeit. Während Olaf Scholz mit 56 Prozent sogar etwas größere Zufriedenheit genießt als Gerhard Schröder bei seiner Wahl 1998.

Wer folgt auf die beliebte Merkel?

Armin Laschet hat also ein Beliebtheitsproblem – und zwar ein persönliches. Und das ausgerechnet, da in diesem Wahlkampf ein Nachfolger für die beliebte Angela Merkel gesucht wird.

Merkel selbst hat ihre Wahlen vor allem gewonnen, weil ihr die Menschen vertraut haben. Von Inhalten hat sie weitgehend die Finger gelassen, seit sie mit einer neoliberalen Kampagne 2005 fast einen sicher geglaubten Kantersieg vermasselt hätte.

Und auch Olaf Scholz profitiert gerade vor allem von seiner Beliebtheit, nicht so sehr von seinen Inhalten. Das sehen sie selbst in der SPD so. Die ohne Zweifel schwierige Aufgabe für Laschet wäre also eigentlich, in den nächsten Wochen das Vertrauen in seine Fähigkeiten wiederherzustellen.

Nur wie soll das gelingen, indem er ein Zukunftsteam vorstellt, also indirekt sagt: "DIE kennen sich wirklich aus"?

Ein alter Bekannter und viele Geheimtipps

Es ist nicht so, dass Laschet schlechte Leute in seinem Zukunftsteam hätte. Andreas Jung etwa, der für Klima und Energie an Bord ist, gilt überparteilich als kompetenter Klimapolitiker. Peter R. Neumann, für Innere und Äußere Sicherheit zuständig, ist ein anerkannter Terrorismusforscher. Karin Prien (Bildung) ist immerhin Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Dorothee Bär (Digitalisierung & Staatsmodernisierung) Digital-Staatssekretärin im Kanzleramt.

Doch außer Friedrich Merz, von dem ohnehin bekannt war, dass er irgendeine Rolle spielen wird für Laschet, dürfte keiner von ihnen in Deutschland so bekannt sein, dass sie die derzeitige Unbeliebtheit des Kanzlerkandidaten aufwiegen könnten.

Silvia Breher (Familie & Generationen), Joe Chialo (Kreativwirtschaft & Innovation) und Barbara Klepsch (Soziales & Gleichwertige Lebensverhältnisse) sind sogar für hauptberufliche Beobachter eher Geheimtipps. Und für manche nicht mal das.

Und plötzlich ist sein Tisch weg

Nachdem Armin Laschet sein Zukunftsteam am Freitagmorgen vorgestellt hatte, als er einen nach dem anderen auf die Bühne gebeten und ihm einige Minuten im Rampenlicht gewährt hatte, sagte er einen Satz, den man ihm glauben kann oder auch nicht: "Ich freue mich schon auf diesen Endspurt."

Armin Laschet sagt diesen Satz sogar zweimal, weil er kurz irritiert ist, als plötzlich Musik einsetzt und ihm zwei Helfer seinen Tisch vor der Nase wegtragen.

"Ich freue mich auf diesen Endspurt", sagt er ein zweites Mal, als er sich zusammen mit seinem Zukunftsteam für ein Foto aufstellt. "Und ich freue mich vor allem darauf, in den nächsten Tagen mal zu sehen, welche weiteren Persönlichkeiten denn die SPD aufzubieten hat." Da würden ja derzeit viele versteckt.

Laschet weiß natürlich, dass er darauf lange warten kann. Nicht, weil die SPD etwa ihren linken Hoffnungsträger Kevin Kühnert verstecken würde. Der versteckt sich jedenfalls ziemlich öffentlich in den Talkshowstudios dieser Republik.

Laschet kann lange darauf warten, weil Olaf Scholz schlicht nicht an die Kraft dieser Geheimwaffe namens Schattenkabinett glaubt. Er hält sie für eine Legende. Das tat er übrigens schon, bevor er in diesem Wahlkampf plötzlich Erfolg hatte. Die Kampagne der SPD ist voll auf den Vizekanzler zugeschnitten.

Olaf Scholz holte Steinmeiers Barbara Kisseler übrigens in den Senat, als er Erster Bürgermeister von Hamburg war. Die Absicht, auf Bundesebene irgendwelche Barbara Kisselers zu berufen, hatte er nie.

Verwendete Quellen
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