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SPD-Fraktionsvorstand nominiert Bärbel Bas als Bundestagspräsidentin


Sozialdemokraten wenden schwere Kontroverse ab

Von dpa, rtr
20.10.2021Lesedauer: 4 Min.
Rolf Mützenich, Olaf Scholz und Bärbel Bas: Fraktionsvorsitzender Mützenich äußerte sich nun zur künftigen Besetzung im Amt des Bundestagspräsidenten.Vergrößern des BildesRolf Mützenich, Olaf Scholz und Bärbel Bas: Fraktionsvorsitzender Mützenich äußerte sich nun zur künftigen Besetzung im Amt des Bundestagspräsidenten. (Quelle: imago-images-bilder)
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Für die SPD war die Besetzung heikel: Nun hat der Fraktionsvorstand eine Frau als Bundestagspräsidentin nominiert. Die Partei hat eine schwere Kontroverse abgewendet – und ein SPD-Mann kann aufatmen, erstmal.

Der SPD-Fraktionsvorstand hat die Gesundheitsexpertin Bärbel Bas als Bundestagspräsidentin und die frühere Integrations-Staatsministerin Aydan Özoguz als Vizepräsidentin nominiert. Das gab SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am Mittwochabend in Berlin bekannt. Man sei seinem Vorschlag einstimmig gefolgt.

Erwartet wird, dass auch die nötige Bestätigung der Fraktion ohne größere Probleme über die Bühne geht. Dann könnte Bas am kommenden Dienstag bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags als Nachfolgerin von Wolfgang Schäuble (CDU) gewählt werden. Die anderen Fraktionen hätten den Vorschlag "mit einem freundlichen Interesse" aufgenommen, sagte Mützenich.

Um die Personalie war in den vergangenen Tagen hart gerungen worden – weil sie ein "Frauenproblem" der SPD offenbarte und sich sogar bis hin zum Bundespräsidenten hätte auswirken können. Fraktionschef Rolf Mützenich, der selbst für das Amt gehandelt worden war, brachte am Mittwoch schließlich Bas ins Spiel.

Noch vor dem Kanzler eines der höchsten Ämter

Bislang ist Bas stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten und als solche zuständig für die Themen Gesundheit, Bildung und Forschung. 2019 hatte sie den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach in dem Amt abgelöst, als dieser für den Parteivorsitz kandidierte. Nach außen hin trat die gelernte Personalmanagerin seitdem eher ruhig auf, profilierte sich aber in der Corona-Krise und warb immer wieder für konsequente Maßnahmen. Bei der Bundestagswahl verteidigte die SPD-Linke ihr Direktmandat im Wahlkreis Duisburg I. Mit 40,35 Prozent holte Bas fast doppelt so viele Stimmen wie ihr Konkurrent von der CDU.

Mützenich würdigte Bas als erfahrene und profilierte Parlamentarierin. Sie sei "eine Sozialdemokratin mit einer großen Biografie". Kriterien bei der Auswahl seien etwa Leitungs- und Parlamentserfahrung, aber auch die bisherige politische Arbeit gewesen.

Bundestagspräsident ist nach dem Bundespräsidenten und noch vor dem Kanzler eines der höchsten Ämter im deutschen Staat. Gewählt wird die Präsidentin oder der Präsident vom Bundestag, die wichtigste Aufgabe ist die Leitung der Plenarsitzungen. Das Amt wird für gewöhnlich von der größten Fraktion besetzt, fällt nach der Bundestagswahl also der SPD zu.

Schwierige Besetzung für die SPD

Für die Sozialdemokraten war die Besetzung allerdings schwierig: Man wollte unbedingt verhindern, dass alle Verfassungsorgane mit dem Bundespräsidenten, dem Kanzler, dem Bundestags- und dem Bundesratspräsidenten sowie dem Präsidenten des Verfassungsgerichts von Männern geführt werden. Das hätte sich eine Partei, die in ihrem Wahlprogramm für Parität und ein Jahrzehnt der Gleichstellung wirbt, genauso wenig leisten können wie Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der sich selbst als Feminist beschreibt.

Unter den Frauen in der Fraktion drängte sich aber zunächst keine Kandidatin mit genügend Parlamentserfahrung für das prestigeträchtige Amt auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote – viele von ihnen sind aber noch jung oder gar gerade erst in den Bundestag eingezogen. Auch die Fraktionsvizes Bas und Katja Mast galten zunächst als wenig geeignet.

Eher traute man das Amt Fraktionschef Mützenich zu, der mit seiner besonnenen und vermittelnden Art auch bei den anderen Fraktionen geschätzt wird. Der Kölner hatte vor der Wahl großen Anteil daran, die SPD-Abgeordneten unterschiedlichster Flügel zu einen und hinter dem nicht bei allen beliebten Kanzlerkandidaten Scholz zu versammeln. Er hätte nur zugreifen müssen beim Amt des Bundestagspräsidenten, hieß es zwischendurch.

Gefahr für Steinmeier abgewendet?

Doch offenkundig hatte Mützenichs Umfeld den Gegenwind unterschätzt – Frauen in der SPD und darüber hinaus übten Druck aus, das Amt unbedingt mit einer Frau zu besetzen. Bisher gab es seit 1949 lediglich zwei Bundestagspräsidentinnen: die Sozialdemokratin Annemarie Renger (1972-1976) und die Unionspolitikerin Rita Süssmuth (1988-1998).

Sollte die SPD keine Bundestagspräsidentin stellen, sei die angestrebte zweite Amtszeit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Gefahr, hieß es überdies. Dann nämlich hätte man eines der anderen hohen Staatsämter mit einer Frau besetzen müssen – und Scholz nicht zum Kanzler zu machen, fiel aus.

Könnte für eine 25-Prozent-Partei recht viel sein

Die Wahl des Bundespräsidenten steht im Februar 2022 an. Der von der SPD vorgeschlagene und bisher von CDU/CSU wie FDP unterstützte Steinmeier hat bereits gesagt, dass er noch einmal antreten will. Als weibliche Alternative wurde immer wieder Katrin Göring-Eckardt genannt, Fraktionschefin der Grünen und früher Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie wäre nicht nur die erste Frau, sondern auch die erste Grüne im höchsten Staatsamt.

So ganz vom Tisch ist die Option weiterhin nicht, denn drei ranghohe Staatsämter in SPD-Hand könnten für eine 25-Prozent-Partei recht viel sein. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass das Amt in den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP noch zur Verhandlungsmasse wird. Mützenich sprach sich am Mittwoch jedoch dagegen aus.

"Sie wissen, wie groß die Hochschätzung in der Bevölkerung für den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier ist", sagte er. "Deswegen kann ich nur empfehlen, in den Gesprächen dieses höchste Staatsamt mit einer so hohen Anerkennung für den jetzigen Bundespräsidenten nicht zum Gegenstand noch von weiteren politischen Debatten zu machen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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