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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Maischberger" zu Frieden in der Ukraine "Blödsinn": Professor gerät mit Grünen-Politikerin aneinander

Bei "Maischberger" wurde es zwischen einer Grünen-Politikerin und einem Politikwissenschaftler hitzig. Auslöser war die Frage nach einem Frieden in der Ukraine.
Was bringen Donald Trumps Gespräche mit Wladimir Putin? Diese Frage hat Sandra Maischberger mit Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt und Politikwissenschaftler Johannes Varwick diskutiert. Auf einen Nenner kamen die beiden dabei nicht – stattdessen heizte sich der Dialog schnell auf. Zu Beginn des Angriffskrieges habe er gesagt, die Ukraine sei ohnehin verloren, erinnerte Maischberger den Professor für Internationale Beziehungen. "Das hat sich auch bewahrheitet", beharrte Varwick. Der Krieg stehe vor dem Risiko, zu einem "Abnutzungskrieg" zu werden oder zu eskalieren, führte er aus. Die USA versuchten das zu verhindern, erklärte er, und vermisse dabei eine gemeinsame Linie mit Europa.
Die Gäste
- Jens Spahn (CDU), Vorsitzender der Unionsfraktion
- Katrin Göring-Eckardt (B'90/Grüne), Politikerin
- Johannes Varwick, Politikwissenschaftler
- Pinar Atalay, Moderatorin und Journalistin
- Robin Alexander, "Die Welt"-Journalist
- Melanie Amann, "Der Spiegel"-Journalistin
Jüngste Gesprächsversuche zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Machthaber Wladimir Putin sehe er als Chance, so Varwick. Europa unterstütze diesen Ansatz jedoch nicht, sondern überlade die Situation mit "Maximalforderungen", die keine Kompromisse möglich machten. Was er von der These halte, dass sich Trump von Putin über den Tisch habe ziehen lassen, wollte Maischberger wissen. Sie verwies darauf, dass das jüngste Treffen der Präsidenten weder einen Fahrplan für Friedensgespräche noch Druck durch Sanktionen erkennen ließ.
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"Ich glaube, das ist eine Diffamierung von diplomatischen Bemühungen", erklärte Varwick. "Viele in Europa haben das strategische Denken verlernt", kritisierte er. Aus seiner Sicht sei es "aussichtslos", dass die Ukraine zu einem gerechten Frieden komme. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, um über "Interessenausgleich" zu reden. Dabei gehe es eben auch um die Interessen des Aggressors Russland, "so unangenehm die sind", führte Varwick aus. Trump habe diesen Dialog nun angestoßen.
Göring-Eckardt findet eine Gemeinsamkeit
Göring-Eckardt ließ Vawicks Einordnungen nicht unkommentiert. Er rede genau so, wie es Putin im deutschen Fernsehen gerne hören wolle, warf sie dem Wissenschaftler an den Kopf. Putin wolle, dass man die Ukraine verloren gebe und aufhöre zu glauben, dass Europa ein sicherer Kontinent ist, erläuterte die Grünen-Politikerin. "Das finde ich nicht fair", intervenierte Varwick. Auch Maischberger schritt ein und stellte klar, dass sie bei beiden Gästen davon ausgehe, dass sie für sich selbst denken. Varwick sage nicht, was Putin ihm auftrage, sondern was er gerne hören wolle, differenzierte Göring-Eckardt ihre Meinung. "Auch das ist Blödsinn!", widersprach der Professor.
Mit Blick auf Varwicks Wunsch nach mehr Unterstützung der diplomatischen Bemühungen von Trump durch Europa erklärte die Grüne: Nachhaltiger Frieden brauche Voraussetzungen für Verhandlungen. Während Trump mit Putin gesprochen habe, habe Russland weiter bombardiert, erinnerte sie. Auch sie finde es wichtig, dass gesprochen werde, wo gesprochen werden könne, erklärte Göring-Eckardt klar. Darüber hinaus müsse Europa jedoch auch weiterhin Waffen an die Ukraine liefere und mit Sanktionen gegen Russland reagieren. Europa gehe es nicht um "Maximalforderungen", sondern darum, dass man auf dem Kontinent sicher leben könne, stellte sie klar.
Ansatzweise einig waren sich Varwick und die Grünen-Politikerin, als es um die Verteidigungsfähigkeit Europas ging. "Wir sind viel stärker als Russland und tun so, als ob wir schwach sind", bemängelte der Politikwissenschaftler. Europa habe zusammen rund 450 Milliarden in Rüstung investiert und Russland umgerechnet und großzügig geschätzt etwa 300 Milliarden, begründete er seine Einschätzung. "Da gebe ich Herrn Varwick ausnahmsweise recht", erklärte Göring-Eckardt. Europa sei im Zweifel auch ohne die USA verteidigungsfähig und müsse sich nicht klein machen. Wichtig sei, bei der Verteidigung nicht ausschließlich an Waffen zu denken, schließlich könne man gegen Troll-Armeen keine Panzer schicken.
Spahn windet sich bei einer Frage
Hitzig wurde es am Mittwochabend auch bei einem anderen Thema. Von Unionsfraktionschef Jens Spahn wollte Maischberger wissen, ob es denkbar sei, dass seine Partei in Zukunft wie im Januar noch einmal einen Antrag mit Stimmen der AfD durchbekommen werde. Beispielsweise bei einer Grundgesetzänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre. "Wir haben eine Mehrheit für alles, was wir vorhaben", versuchte Spahn der Frage auszuweichen. Sie habe nach einer Zweidrittelmehrheit gefragt, beharrte Maischberger. "Wir haben nicht vor, jeden Tag das Grundgesetz zu ändern, wir haben vor, das Land zu regieren", erklärte Spahn.
"Schließen Sie aus, dass sie in dieser Legislaturperiode noch einmal mit der AfD stimmen?", versuchte es Maischberger noch einmal. Man werde immer mit der SPD zusammen stimmen, erklärte Spahn und brachte die Moderatorin mit seinem erneuten Ausweichen zum Lachen. Ausschließen, dass die AfD jemals "unseren Gesetzen zustimmt" könne er nicht, führte Spahn aus und mahnte Maischberger: "Sie müssen ja auch ihre Frage genau nehmen."
Maischberger ließ sich nicht abschütteln: "Schließen Sie aus, dass Sie sowas nochmal machen wie im Januar?", wollte sie wissen. "Klar schließe ich das aus, weil wir in einer Koalition sind", antwortete Spahn. Im Januar habe es eine Regierung ohne Mehrheit gegeben – "eine historische Ausnahmesituation", erinnerte der CDU-Mann. Eine Antwort auf ihre Frage bekam Maischberger auch nach weiterem Nachbohren nicht. "Ich halte fest: Heute werden wir das nicht klären", so die Moderatorin. Ihre Interpretation: Die Union halte sich die Tür, auch in Zukunft noch einmal mit der AfD zu stimmen, offen.
- ard.de: "Maischberger" vom 21. Mai 2025