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"Anne Will": Zum Corona-Krisenstab hat Jens Spahn eine klare Meinung


"Wir müssen diese Welle brechen, und das tut kein Krisenstab"

Eine TV-Kritik von Christian Bartels

Aktualisiert am 29.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Jens Spahn bei "Anne Will": Der amtierende Bundesgesundheitsminister setzt auf eine neue Bund-Länder-Runde.Vergrößern des Bildes
Jens Spahn bei "Anne Will": Der amtierende Bundesgesundheitsminister setzt auf eine neue Bund-Länder-Runde. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Der gerade noch amtierende Gesundheitsminister und zwei wichtige Mitglieder der künftigen Bundesregierung diskutierten bei Anne Will bemerkenswert scharf. Allerdings vor allem darüber, wer an der aktuellen Krisenlage schuld sei.

Die neue Bundesregierung steht in den Startlöchern. Zwei Parteivorsitzende, die mutmaßlich wichtige Bundesministerien übernehmen werden, hatte Anne Will am Sonntagabend in ihrer Talkshow zu Gast. Und doch ging es ums seit Monaten vorherrschende Dauerthema Corona, und den Beginn machte der noch geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister mit sehr ausführlichen Aussagen.

Zumindest zeigten die Vertreter der Ampelkoalition, dass sie sich nicht auseinander dividieren ließen. Selbst als die Moderatorin am Ende der zähen Sendung eine Top-Personalien-Nachricht rauskitzeln und hören wollte, ob denn nun Karl Lauterbach neuer Gesundheitsminister wird, hielt Parteifreundin Manuela Schwesig dicht. Sie kündigte lediglich eine "gute Entscheidung" ihrer SPD an.

Die Gäste:

  • Jens Spahn, geschäftsführender Bundesgesundheitsminister (CDU)
  • Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (SPD)
  • Annalena Baerbock, Co-Vorsitzende der Grünen
  • Christian Lindner, FDP-Vorsitzender
  • Melanie Amann, Journalistin

Die Will-Einstiegsfrage an Jens Spahn: Kann der seit Monaten nurmehr geschäftsführende Gesundheitsminister eigentlich noch Maßnahmen treffen, die in der neuen Corona-Notlage schnell helfen? Die routinierten Antworten des CDU-Politikers setzten das Schuldzuweisungs-Spiel in Gang, das die folgende Stunde anhalten sollte.

Was jetzt helfen würde – Großveranstaltungen absagen sowie "massiv die Kontakte reduzieren" – müssten die Bundesländer beschließen. Einzelne kleinere Fehler, die er selbst begangen habe, gab Spahn gerne zu. So hätte er aus heutiger Sicht im August 2G-Regeln beschließen und ab Anfang September allen Über-60-Jährigen Booster-Impfungen anbieten müssen.

Doch wäre das im damals tobenden Wahlkampf wohl kaum durchsetzbar gewesen, schob er hinterher. Offenkundig hatte Spahn sowohl im Hinterkopf, dass Selbstkritik ziert, als auch, dass Vorwürfe im "Das Virus verzeiht keine Halbherzigkeit"-Sound sich inzwischen gut an die neue Regierung weiterreichen lassen. Wiederholt plädierte er für einen "möglichst breiten Instrumentenkasten" und kritisierte damit den ersten Ampelkoalitions-Beschluss, die "Epidemische Notlage von besonderer Tragweite" auslaufen zu lassen.

"Wir müssen diese Welle brechen, und das tut kein Krisenstab, das tut auch nicht mehr Impfen nächste Woche, das tun nur Kontakt einschränkende Maßnahmen und das tut ein klares Signal von der Politik an die Bürgerinnen und Bürger", erklärte Spahn. Dieses solle von einem weiteren Bund-Länder-Gespräch kommen.

Die Länder-Sicht vertrat im Studio die Schweriner Ministerpräsidentin und wies solche Kritik natürlich zurück. Nun, da es 2G-Regelungen gibt, lassen sich mehr Menschen impfen, lobte Schwesig und schilderte, nicht überraschend, die in ihrem Land ergriffenen Maßnahmen als Vorbild: Andere Länder könnten ja auch Clubs, Bars, Diskotheken schließen, wie Mecklenburg-Vorpommern es schon tat. Vor allem kritisierte sie das CSU-regierte Bayern. Warum für Hansa Rostock schon länger strengere Fußballregelungen als jetzt in Bayern, zeige sich inzwischen.

Es gab am Wochenende Bundesländer, "wo die Stadien supervoll waren und zugleich Menschen aus Krankenhäusern ausgeflogen wurden", spitzte Grünen-Chefin Annalena Baerbock noch zu. Sie lobte das grün regierte Baden-Württemberg, das jetzt das "ganze Register" der möglichen Maßnahmen ziehe. Und ihre Kritik daran, dass derzeit Menschen nach stundenlangem Schlangestehen hören müssten, dass es für sie keinen Impfstoff mehr gebe, sollte sowohl für den Krisenstab sprechen, den die neue Regierung einrichten will, als auch gegen den noch amtierenden Gesundheitsminister.

Warten auf das Bundesverfassungsgericht

FDP-Chef Christian Lindner erwartet wie Baerbock, dass die Länder schnell alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, betonte wie immer, dass Lockdowns "verhältnismäßig" sein müssten und das nach aktuellem Stand nicht wären und wies nicht nur einmal, aber mit Recht auf die Bedeutung der für Dienstag angekündigten Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung zur "Bundesnotbremse", also eben zu Lockdown-Fragen hin.

Erst recht in altbekannten Kreisen geriet diese Diskussion, als sich als letzter Gast die Journalistin Melanie Amann aus dem "Spiegel"-Hauptstadtbüro einschaltete und zur schärfsten Kritikerin der Ampelparteien aufschwang. "Das fatale Problem, dass nie vorausschauend geplant" und in der Not zu langsam gehandelt wurde, das bereits bei der alten Bundesregierung zu beobachten gewesen sei, deute sich bei der neuen auch schon an. Außerdem zitierte Amann aktuelle Forderungen der Nationale Wissenschafts-Akademie Leopoldina. Anne Will spielte Bilder aus dem besonders unter der Pandemie leidenden Sachsen ein.

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Schwesig platzte fast der Kragen

Doch in Wortgefechten zwischen Amann und den Vertretern der rot-grün-gelben Koalition ließ sich nicht klären, welche Experten aktuell für welche Regionen was für Lockdowns für nötig halten und welche Optionen auch nach künftig geltender Gesetzeslage möglich sind. Schwesig platzte einmal fast der Kragen, da "die Dinge heute in der Sendung ziemlich durcheinander gewürfelt werden".

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Was etwa der per Einspielfilmchen-Aussage gezeigte CSU-Kollegen Markus Söder fordere, könne er ja alles machen. Zumindest hätte es für diesen Diskussionsverlauf besser passende Gästerunden gegeben – ohne Vorsitzende, die bloß bekannte Positionen ihrer Parteien referieren, dafür mit jemandem von der Leopoldina, der die neuen Forderungen mit Bezug auf die Omikron-Virusvariante (um die es in der Sendung kaum ging) erläutert, oder mit jemandem eben aus Bayern oder Sachsen.

Immerhin wurde deutlich, dass die Vertreter der künftigen Bundesregierungs-Koalition sich nicht gleich gegeneinander ausspielen lassen, wenn der Wind ihr scharf ins Gesicht weht, was er in dieser Talkshow tat. Und während der Merkel-Groko bei ihrer Corona-Politik lange Zeit kaum scharfe Oppositions-Kritik begegnete, möchte die neue größte Oppositionspartei CDU die künftige Regierung offenkundig in allen Bereichen kräftig kritisieren, zeigte Jens Spahn – auch wenn er sich zwischendurch staatsmännisch gab und vom "wahrscheinlich anspruchsvollsten Regierungsübergang in der Geschichte der Bundesrepublik" sprach, bei dem er verantwortungsvoll mitwirken will. Ob er seinen Posten an Karl Lauterbach übergeben wird, erfuhr er jedoch noch nicht.

Verwendete Quellen
  • "Anne Will" vom 28.11.2021
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