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AfD-Politiker Jens Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten – Ruhestand


Urteil des Bundesgerichtshofs
Der "kleine Höcke" darf kein Richter mehr sein


Aktualisiert am 05.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Jens Maier (AfD) 2021 als Abgeordneter im Bundestag: Sollte er aus dem Richterdienst entfernt werden, verliert er seine Bezüge und Pensionsansprüche. (Quelle: Christian Spicker /imago-images-bilder)

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der ehemalige AfD-Abgeordnete aus dem Richterdienst entfernt werden darf. Worum geht es in dem Fall? Was wird Jens Maier vorgeworfen?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag ein wichtiges Urteil gefällt. Der ehemalige AfD-Abgeordnete Jens Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten, entschied der BGH. Mehr dazu lesen Sie hier.

Der Fall könnte ein Präzedenzfall werden. Denn es ging um die Frage, ob nachweislich Rechtsextreme aus dem Staatsdienst entfernt werden dürfen – und sie dürfen.

Konkret klagte Jens Maier, ehemaliger AfD-Abgeordneter und ehemaliger sächsischer Richter, gegen seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Diese wurde im vergangenen Jahr vom Landgericht Leipzig bestätigt. Dagegen hat Maier Revision vor dem Bundesgerichtshof eingelegt. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Fall.

Wer ist Jens Maier?

Jens Maier ist 61 Jahre alt, geboren in Bremen. Er studierte Jura, legte zwei Staatsexamen ab und wurde 1991 Referent im sächsischen Kultusministerium. Ein Jahr später wurde Maier Staatsanwalt in Dresden. Ab 1997 war er Richter am Landgericht Dresden. Dort kümmerte er sich um Zivilrechtssachen, er war Notarprüfer und Referendarausbilder.

Politisch engagierte sich Maier zunächst bei der SPD. Dort war er bis 1986 Mitglied, aber 2013 trat er der AfD bei. 2017 zog er über die AfD-Liste in den Bundestag ein. Damit ruhte sein Richteramt vorerst. Im Bundestag war Maier Obmann im Rechtsausschuss. Maier war auch Obmann beim "Flügel", einer völkisch-nationalistischen AfD-Gruppierung, die von der Partei aufgelöst 2020 wurde.

Bei der vergangenen Bundestagswahl wurde Maier nicht wiedergewählt. Als Beamter hat er grundsätzlich das Recht, in seinen früheren Beruf zurückzukehren, nicht jedoch unbedingt in die gleiche Dienststelle. Zwar arbeitete er im März 2022 kurz am Amtsgericht Dippoldiswalde als Richter. Noch im selben Monat aber untersagte ihm das Dienstgericht die Richtertätigkeit, im Dezember wurde er vom Richterdienstgericht am Landgericht Leipzig in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Worüber entschied der Bundesgerichtshof heute?

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelte nun über die Revision, die Maier gegen das Urteil aus Leipzig eingelegt hatte. Die Versetzung in den Ruhestand sei "zwingend geboten", "zur Abwehr einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege", heißt es in der Urteilsbegründung aus Leipzig. "Die Einstufung als Rechtsextremist in dem Verfassungsschutzbericht führe dazu, dass die Allgemeinheit kein Vertrauen mehr in jegliche richterliche Tätigkeit des Antragsgegners habe."

Grundlage der Entscheidung ist Paragraf 31 des Richtergesetzes. Demnach kann ein Richter in den Ruhestand geschickt werden, wenn "eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege" abgewendet werden muss.

Der BGH prüft in einer Revision die Vorwürfe nicht inhaltlich, sondern schaut lediglich, ob die Vorinstanz Rechtsfehler gemacht hat.

Bisher erhielt Maier weiter seine Bezüge. Da er nun aber final aus dem Richterdienst entfernt wird, wird Maier diese Bezüge und seine Pension verlieren. Danach hat er nur noch Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wie ist Maier als Politiker aufgetreten?

Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier in seinem Bericht 2020 als rechtsextrem ein. Gegen diese Einstufung klagt Maier in einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden.

In der Verhandlung in Leipzig im Dezember 2022 wurden Maier mehr als ein Dutzend Aussagen vorgeworfen, die seine Entlassung rechtfertigen sollen. Im April 2017 soll er auf einer Veranstaltung des Verschwörungsmagazins "Compact" Verständnis für den norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik geäußert haben. Demnach sagte er, Breivik sei "aus Verzweiflung zum Massenmörder geworden". Danach stellte er die Fragen, ob der "um sich greifende" Multikulturalismus und die "Vermischung" der Kulturen in westlichen Gesellschaften durch die Einwanderung von "Kulturfremden" nicht zum "Wahnsinnigwerden" sei, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Auf Facebook soll Maier im September 2017 über die ZDF-Moderatorin Marietta Slomka geschrieben haben: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!" 2019 schrieb er auf Twitter: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Für das Dienstgericht war diese Aussage besonders schädlich, weil Maier darin seine eigene Rolle als Richter zum Gegenstand machte und den Eindruck erweckte, Richter verfolgten ein eigenes Programm und handelten nicht nach Recht und Gesetz.

Die AfD versuchte Maier loszuwerden, ein Parteiausschlussverfahren wurde allerdings 2017 eingestellt. Grund war eine Veranstaltung in Dresden, bei der Maier sagte, die AfD habe die NPD mit ihrer Politik marginalisiert. "Wir bieten Patrioten eine echte Heimat." Zum Thema Aufarbeitung proklamierte er: "Ich erkläre hiermit diesen Schuldkult für endgültig beendet."

Der Auftritt fand bei derselben Veranstaltung statt, bei der AfD-Thüringen-Chef Björn Höcke eine 180-Grad-Wende der deutschen Erinnerungskultur gefordert und das Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" bezeichnet hatte. Maier bezeichnete sich selbst als "kleiner Höcke". Die beiden traten häufig zusammen auf, waren auch Gesinnungsgenossen beim "Flügel".

Erwähnung findet Maier auch im Verfassungsschutzbericht Sachsens 2021. Dort werden ihm gemeinsame Auftritte mit der ebenfalls als rechtsextrem eingestuften Pegida vorgeworfen. Damit habe Maier einen "Beitrag zur Vernetzung der rechten Szene" geleistet, steht in der Urteilsbegründung vom Landgericht Leipzig.

Für einen Skandal sorgte Maier Anfang 2018 mit einem Tweet, der von seinem Twitter-Konto abgesendet wurde. Darin bezeichnete er Noah Becker, den Sohn von Tennislegende Boris Becker, als "kleinen Halbneger". Das sogenannte N-Wort ist rassistisch. Dafür musste Maier 7.500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Daraufhin bezeichnete selbst der damalige AfD-Chef Jörg Meuthen Maier als "rassistisch", steht in der Leipziger Urteilsbegründung.

Verwendete Quellen
  • mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • bundesgerichtshof.de: "Verhandlungstermin des Dienstgerichts des Bundes am 5. Oktober 2023 um 10.00 Uhr, Saal E 101, in Sachen RiZ (R) 1/23"
  • bundestag.de: "Jens Maier, AfD"
  • verfassungsschutz.sachsen.de: "Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2020"
  • verfassungsschutz.sachsen.de: "Sächsischer Verfassungsschutzbericht 2021"
  • medienservice.sachsen.de: "Urteil im Verfahren 66 DG 2/22"
  • faz.net: "Wie Sachsen den AfD-Richter Jens Maier loswerden will"
  • zdf.de: "Rechter Richter in den Ruhestand?"
  • lto.de: "Jens Maier darf nicht wieder Richter sein"
  • tagesspiegel.de: "Brandrede in Dresden: Der totale Höcke"
  • tagesspiegel.de: "Parteiausschlussverfahren gegen 'kleinen Höcke' gestoppt"
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