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Corona in Deutschland: Was uns im Herbst 2020 noch erwarten kann


Pandemie-Jahr 2020
Was uns im Corona-Herbst erwarten kann

dpa, Von Martina Herzog und Theresa Münch

Aktualisiert am 16.10.2020Lesedauer: 4 Min.
Weggeworfene Mundschutzmaske liegt am Boden im Herbstlaub.Vergrößern des BildesWeggeworfene Mundschutzmaske liegt am Boden im Herbstlaub. (Quelle: imagebroker/imago-images-bilder)
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In der Pandemie scheint Deutschland an einem Punkt, der der Ruhe vor dem Sturm gleicht. Die Infektionszahlen schnellen in die Höhe, doch das Leben geht weiter. Merkel und Co. wollen aufrütteln.

Deutsche Politiker halten keine "Blut, Schweiß und Tränen"-Reden. Doch mit ihren Appellen an Disziplin und Durchhaltewillen in der Pandemie sind manche dieser Tage schon ziemlich dicht dran. "Wir müssen uns dem Virus nicht irgendwie ergeben, sondern wir können gegen dieses Virus ankämpfen", drängte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem jüngsten Treffen mit den Länderchefs. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte deutlich: "Aufgeben gilt nicht!". Jetzt sei der letzte Moment, das Ruder noch herumzureißen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) beschwor die Bilder eines Massengrabs herauf, das auf einer Insel vor Manhattan ausgehoben wurde.

Rekord an Neuinfektionen

Wie zum Beleg drohenden Unheils – das Wort soll Merkel in der Runde benutzt haben – meldet das Robert Koch-Institut am Donnerstag einen Rekord an Neuinfektionen. 6.638 neue Fälle an einem Tag, das liegt sogar über dem bisherigen Höchstwert von Ende März. Da heute deutlich mehr getestet wird als noch im Frühjahr sind die Zahlen nicht vergleichbar.

Kontrollverlust

Was die Experten mehr beunruhigt als die absoluten Zahlen ist das rasante Tempo, mit dem sie wieder nach oben schnellen. Söder warnte: "Man kann gar nicht so schnell gucken, wie einem die Entwicklung aus der Hand läuft." Noch gibt es keinen Engpass bei Intensivbetten. Aber die Befürchtung ist, dass sich zunehmend ältere bei den derzeit hauptsächlich infizierten jüngeren Menschen anstecken – und es dann zu mehr schweren Verläufen und Todesfällen kommt. Zugleich droht mit wachsenden Zahlen ein Kontrollverlust: Die Gesundheitsämter haben dann zunehmend Schwierigkeiten, die Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen.

Hotspots

Am schnellsten kletterten die Fallzahlen zuletzt im Westen und Süden, im Ruhrgebiet, in Berlin, in Stuttgart - aber auch in einzelnen ländlichen Regionen wie dem Emsland oder dem Eichsfeld in Thüringen. Die berüchtigte Marke von wöchentlich 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner ist schneller erreicht, als man dachte. Deshalb will die Politik jetzt schon früher eingreifen – nämlich bereits bei 35 Neuinfektionen.

Drohen Beschränkungen im Frühjahr?

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht Deutschland zumindest auf dem Weg dahin. "Wir sind dem zweiten Lockdown eigentlich viel näher, als wir das wahrhaben wollen", sagt er. Dass Schulen und Läden wieder schließen müssen, ist trotzdem erstmal nicht in Sicht. Inzwischen glaubt man etwas besser zu wissen, wo Gefahren lauern. So sieht die Politik etwa Friseursalons offenkundig nicht mehr als großen Infektionsherd. Solche Erfahrungen sollen mit einfließen, wenn über erneute Beschränkungen entschieden wird.

Was die Politik plant

In erster Linie gehe es um die Vermeidung von Kontakten, sagt Merkel. Die Instrumente: Maske tragen, weniger Alkohol, kleinere Zusammenkünfte. Künftig soll mancherorts auch draußen eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. In Hotspots mit 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern sollen Restaurants und Cafés um 23 Uhr schließen. Hier dürfen sich nur noch maximal zehn Menschen miteinander treffen, im privaten Raum zusätzlich nur Mitglieder zweier Haushalte, also etwa zwei fünfköpfige Familien.

Kontaktbeschränkungen soll es auch in Regionen mit 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner geben. Hier gilt: Draußen 25 Menschen, im privaten Raum 15. Allerdings entscheiden das letztlich die Bundesländer - und nicht alle setzen die Beschlüsse gleich zügig um.

Prinzip: Vortasten

Ob all das reicht, ist völlig ungewiss. Die Entscheider in Bund und Länder stochern mit ihren Maßnahmen etwas im Nebel. Von der Infektion über erste Symptome bis hin zum Test und einem Ergebnis vergeht Zeit. "Wir wissen, dass die Zahlen von heute im Grunde das Geschehen von vor etwa zehn Tagen widerspiegeln", sagte Merkel. Ob neue Maßnahmen wirken, weiß man also nicht direkt. Sollten sie nach zehn Tagen noch nicht greifen, drohen noch härtere Kontaktbeschränkungen. Wie weit das gehen könnte, zeigt der Blick über die Grenzen: In den Niederlanden und in Tschechien musste die Gastronomie schließen. In Paris dürfen die Menschen ab Samstag nachts nicht mehr vor die Tür.

Prinzip: Eigenverantwortung

Vor allem komme es jetzt stark auf den Einzelnen an, betont die Politik. Vieles, was Ansteckungen befördern könnte, bleibt erlaubt – zugleich aber werben Bund und Länder fast schon flehentlich darum, nicht jede Freiheit zu nutzen, insbesondere auf Reisen in und aus Risikogebieten zu verzichten.

Wie soll kontrolliert werden?

Jedenfalls stärker als bisher. Wenn die Ordnungsämter alleine nicht nachkommen, soll die Bundespolizei einspringen. "Eine Gemeinschaft – auch ein Staat – darf kein zahnloser Tiger sein", betonte Söder. "Wenn sich einige nicht daran halten, muss er auch zeigen, dass es ihm ernst ist." Klar ist aber auch: Man wird nicht überall kontrollieren können, kaum eine Streife wird Privatleute fragen, wer bei ihnen gerade im Wohnzimmer sitzt.

Was vermieden werden soll

"Kita und Schule sind für uns ganz wichtig", sagt Merkel. Eine neue flächendeckende Schließung soll unbedingt verhindert werden. Das gleiche gilt für Läden, Fabriken und Gastronomie. Mittelständler warnten zuletzt, ein zweiter Lockdown könne für sie der Todesstoß sein. Ebenfalls unbedingt vermeiden will man, dass Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser wieder für Angehörige schließen. Der Bund will deshalb Schnelltests nicht nur für Bewohner und Beschäftigte bezahlen, sondern auch für Besucher.

Was ist mit dem Herbsturlaub?

In einigen Ländern müssen Reisende aus Risikogebieten in Hotels negative Corona-Tests vorweisen, in anderen nicht. Das wird auch so bleiben, bis die Herbstferien in allen Bundesländern vorbei sind. Über das Beherbergungsverbot streiten die Länder nämlich heftig: Vor allem Urlaubsländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bayern sind für strenge Regeln, andere mit vielen Corona-Hotspots wie Berlin und Nordrhein-Westfalen dagegen. Sachsen hob seine Beschränkungen am Donnerstag auf, in Baden-Württemberg und Niedersachsen griffen Gerichte ein.

Wie ist die Aussicht auf Weihnachten?

Kann man bei steigenden Infektionszahlen zu Weihnachten überhaupt noch die Familie besuchen? Viele fürchten Kontaktsperren gerade in dieser besonders emotionalen Zeit. Den Politikern ist das bewusst - sie wollen Einschränkungen aber nicht ausschließen. Theoretisch könnte es sogar eine Ausreisesperre für Bewohner von Risikogebieten geben - auch wenn das bisher niemand will. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) betonte neulich: "Es kann gelingen, dass wir Weihnachten ohne Lockdown erleben können." Es schwingt mit: Dafür müssen wir uns allerdings anstrengen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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