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Friedrich Merz' Krönung ist nur ein Zwischenschritt: Plattform "The Republic"


Plattform "The Republic"
Merz' Krönung ist nur ein Zwischenschritt

Von Sebastian Späth

Aktualisiert am 21.01.2022Lesedauer: 5 Min.
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Designierter Parteichef Friedrich Merz und Unterstützer: Mit politischen Kampagnen gegen Links-Grün.Vergrößern des Bildes
Designierter Parteichef Friedrich Merz und Unterstützer: Mit politischen Kampagnen gegen Links-Grün. (Quelle: T-Online-bilder)

Die unionsnahe Plattform "The Republic" führt einen Kulturkampf gegen alles, was sie als links-grün fürchtet. Dass Friedrich Merz nun CDU-Chef wird, ist nur ein Etappensieg. Denn der Gründer hat viel vor.

Armin Petschner-Multari hat schon einmal versucht, die Union zu retten. 2019 war das. Damals hatte der YouTuber Rezo ein Video veröffentlicht, in dem er die "Zerstörung der CDU" propagierte. Die Partei reagierte völlig planlos – und stand blamiert da.

CSU-Mitglied Petschner-Multari konnte die Hilflosigkeit der Schwesterpartei damals nicht ertragen. Er reagierte mit einem Filmchen, das die CSU auf Twitter mit "Die Antwort auf Rezo heißt Armin" bewarb. Es zeigt Petschner-Multari mit wasserstoffblonden Haaren beim arg bemühten Versuch, locker und jugendlich rüberzukommen. Das Video war der Beginn einer recht kurzen YouTube-Reihe. Petschner-Multari erlitt das Schicksal der CDU, der er eigentlich zeigen wollte, wie so etwas geht: Er wurde zur Lachnummer des Internets.

Der Armin aus den Videos von 2019 hat mit Petschner-Multari von heute wenig zu tun. Zumindest optisch. Seine Haare haben wieder ihr natürliches Braun, vereinzelt schimmert grau durch. Petschner-Multari, 32, trägt jetzt Brille. Und er hat Großes vor: Vergangenen Oktober gründete er "The Republic". Es ist eine konservative Kampagnenplattform, mit der er der Union wieder ein klareres, schärferes Profil geben will. Auch in Sachen soziale Medien will er Nachhilfe geben.

Seine Aufputsch-Beratung für die ausgelaugte Volkspartei CDU ist also Petschner-Multaris zweiter Rettungsversuch. Es scheint, als verlaufe der erfolgreicher als der erste. Denn mit dem Sieg von Friedrich Merz bei der Mitgliederabstimmung hat die konservative Truppe ihr erstes wichtiges Ziel erreicht, am Samstag wird ihr Idol offiziell zum CDU-Chef gewählt.

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Aber wie soll die konservative Revolution nun weitergehen? Und vor allem: Wer ist der Mann hinter "The Republic", dessen Internetauftritt wie eine stylishere Version von "Tichy's Einblick" anmutet, dieser sehr konservativen bis rechtspopulistischen Nachrichtenseite. Und was treibt ihn an?

Noch sitzt "The Republic" provisorisch in einem Co-Working-Space, deswegen möchte der Gründer sich nicht im Büro treffen, sondern in seinem Stammcafé in Berlin-Mitte.

Unbequeme Wahrheiten

Fragt man ihn nach seiner Motivation, erzählt er zunächst, was er für sein Medien-Start-up alles aufgab. Den sicheren Job im Bundestag, Leiter Digitale Kommunikation für die bayerische Volkspartei, wo er, "ganz nah an Alexander Dobrindt" gearbeitet habe, dem Chef der CSU-Landesgruppe. Einen Arbeitsplatz, "für den manch einer morden würde, gerade jetzt, wo wir in der Opposition sind und nicht mehr so viele Posten zu verteilen sind". Aufgegeben habe er auch "die Garantie, im Parteiapparat aufzusteigen".

Dafür habe er jetzt die Freiheit, "unbequeme Wahrheiten auszusprechen" und "Strukturen aufzubrechen". Karriere oder Geld hätten ihn ohnehin nie motiviert. "Ich bin Idealist", sagt er. "Mir geht es um unser Land. Ich will, dass es Deutschland gut geht. Deswegen bin ich damals als Teenager in die Junge Union und deswegen habe ich Politik studiert." Aktuell sehe er "starke Tendenzen von Linksaußen, die unsere Freiheit, unsere Sicherheit und unseren Wohlstand gefährden".

Untergang des Abendlandes

Weil in diesen Schilderungen der Untergang des Abendlandes in nicht allzu großer Ferne bevorsteht, schürte "The Republic" zum Start im vergangenen Oktober in einem Filmchen die Angst, mit SPD und Grünen in der Regierung drohte die Enteignung der Deutschen. Und überhaupt könnten bald Ausländer und radikale Klimaaktivisten die Republik übernehmen. Das mag Petschner-Multaris Meinung sein, und er dürfte auch nicht der Einzige sein.

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Doch für den Spot gab es von allen Seiten Kritik – auch von der Union. Der Organisator wiederum kann darüber nur milde lächeln: "Für mich war der Shitstorm mit eingepreist." Und sagt: "Man darf nicht übersehen, dass Teile der CDU alles, was ein CSU-Label hat, kritisch sehen." Und es gebe auch noch diejenigen, die sich als "Gralshüter einer liberalen Merkel-CDU sehen" und sofort "Beißreflexe" bekommen. Bei diesen Sätzen liegt alles andere als Wertschätzung in seiner Stimme. Aber beim Zuhörer stellt sich nahezu zwangsläufig die Frage: Meint er das wirklich so, wie er es sagt?

Segnung der Vergangenheit

Was Petschner-Multari von sich privat erzählt: Er ist in München aufgewachsen, stammt aus einem konservativen Elternhaus, die katholische Kirche war nicht unwichtig, mit 16 trat er in die Junge Union ein. Vorbilder sind für ihn konservative amerikanische Talkshow-Moderatoren.

Petschner-Multari lebt ein Leben des 21. Jahrhunderts, er ist mit einem Mann verheiratet, dem australischen Schauspieler Stephen Multari. Doch im Gespräch geht es eigentlich immer um die Segnungen der Vergangenheit. Er will zurück zur Atomkraft, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen – und eine deutsche Leitkultur einführen, ein Begriff, den man in der CDU seit 20 Jahren nicht mehr gehört hat.

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Entsprechend sind auch die Tweets der Plattform: Bei Twitter wird der zurückgetretene österreichische Kanzler Sebastian Kurz als jemand gepriesen, der "Konservative in ganz Europa inspiriert" habe, es wird die "Klimahysterie" angeprangert und die CSU-Legende Franz-Josef Strauß als "politisches Ausnahmetalent aus München" gefeiert.

Ist Friedrich Merz mit seinen immerhin 66 Jahren vielleicht progressiver als der 32-jährige Petschner-Multari, der so viele Hoffnungen auf ihn projiziert? Das sind auch Fragen, die sich unweigerlich im Gespräch stellen. Und auch: Warum immer so laut, wieso gleich immer so grundsätzlich?

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Wahrscheinlich, weil Petschner-Multari, der wie ein Kriegsveteran klingt, sich in einem Kulturkampf sieht: hier das bislang wehrlose bürgerliche Lager, da das links-grüne, das doch irgendwie mit allem angefangen hat: "Schlussendlich hat mich der aggressive linke Kulturkampf dazu veranlasst, noch aktiver dagegenzuhalten und das bürgerliche Deutschland zu verteidigen."

Problem mit sich selbst

Was Petschner-Multari so umtreibt, bewegt durchaus auch andere in der Union. Denn spätestens seit der verlorenen Bundestagswahl kann sie nicht mehr leugnen, dass sie ein Problem mit sich selbst hat. Wer sie ist, wer sie sein will, das weiß sie nicht wirklich.

Aber immerhin, es gibt zwei grundsätzliche Antworten darauf: Die Union müsse sich öffnen, für den gesellschaftlichen Wandel, für Frauen, Jugendliche und Menschen mit Migrationshintergrund. Das ist die eine. Die andere geht so: die Verweigerung all dessen und ein beherztes Zurück in die Vor-Merkel-Zeit, in die auch Friedrich Merz die CDU steuern könnte. Zumindest ist das die Hoffnung vieler seiner Anhänger.

Merz-Ultras

Die Gründung von "The Republic" ist von Anfang an mit Merz verknüpft, auch wenn die Idee älter ist als die Wiederauferstehung des früheren Fraktionschefs. "Ich hatte sie schon im Wahlkampf 2013", sagt Petschner-Multari. Er fand die Union damals schon "zu passiv und zu brav".

Der Sommer 2020 war ein guter Anlass, die alten Pläne wiederzubeleben. Merz hatte da verkündet, dass er sich ein zweites Mal für den Parteivorsitz bewirbt. Petschner-Multari wollte ihm Rückenwind bis ins Kanzleramt geben, mit einem "wendigen, kleinen Kampagnenschnellboot, das freier als die Partei operieren kann".

Gegenseitige Zuneigung

Doch es kam bekanntlich anders. Immerhin: Merz erwiderte die Zuneigung der konservativen Agitprop-Gruppe mehrfach, nahm an einem Fundraising-Dinner teil und wünschte via "Bild" "viel Erfolg". Wie für Merz war das Desaster bei der Bundestagswahl auch für "The Republic" "ein glücklicher Zufall", wie der Gründer sagt. Hätte sich die Union nicht selbst demontiert, hätte die Internetseite wohl nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen.

Aber auch ohne finanziellen Ressourcen wäre das kaum gelungen. "The Republic" nennt sich zwar Kampagnenplattform und ist als GmbH organisiert. Aber Kunden hat die Gesellschaft nicht. Es gibt offenbar nur FDP- und CDU-nahe Unternehmer, die finanzielle Zuwendungen liefern und die der Gründer als "Spender" bezeichnet. Im vergangenen Jahr habe er so 200.000 Euro eingesammelt. In diesem Jahr, das ja gerade erst angefangen hat, sollen es bereits weitere 500.000 Euro sein.

Überprüfen lässt sich das nicht. Was aber klar ist: Das Konstrukt bringt den Vorteil mit, dass Zuwendungen nicht als politische Spenden gelten. Wer etwas für die konservative Sache tun will, kann "The Republic" viel Geld zukommen lassen, ohne dass es publik wird. Direkte Parteispenden etwa an die CDU müssen ab einer Summe von mehr als 10.000 Euro dagegen veröffentlicht werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Persönliche Interviews mit Armin Petschner-Multari
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