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Klima-Proteste der "Letzten Generation": Kommt es jetzt zum Äußersten?


"Letzte Generation"
Kommt es jetzt zum Äußersten?

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier, Miriam Hollstein

25.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Festgeklebt auf der Straße: Mit Aktionen wie diesen sorgen die Klimaaktivisten für Aufsehen. (Quelle: t-online)

Die Klimakrise macht keine Pause, die "Letzte Generation" auch nicht. Ihre umstrittenen Proteste gehen weiter – und die Politik scheint ratlos zu sein. Kann Dialog helfen?

Es war keine gute Begegnung, aber es war ein Versuch: Als sich Olaf Scholz vor etwas mehr als einem Jahr mit der "Letzten Generation" trifft, steht er kurz davor, ins Kanzleramt einzuziehen. Noch im Wahlkampf hat er den Klimaaktivisten versprochen, mit ihnen zu reden. Und Wort gehalten.

Der Hungerstreik der Aktivisten ist damit damals Geschichte, ihre Wut nicht. "Lässt Sie das eigentlich ganz kalt, Herr Scholz?", fragen sie den werdenden Kanzler, als sie mit ihm auf einer Bühne sitzen. "Fühlen Sie diese Emotionen?"

Er halte sich mit Gefühlen zurück, sagt Scholz damals in der Runde. Nur um sich doch Emotionen zu gönnen, als die Aktivisten der Politik absprechen, es mit dem Kampf gegen die Klimakrise ernst zu meinen. Anders als sie selbst. Da bricht es heraus aus dem Mann, aus dem nur selten etwas herausbricht: "Wie kommen Sie eigentlich auf diese größenwahnsinnige Selbsteinschätzung?"

Munter ist die Runde damals also. Doch Verständigung? Gar Annäherung zwischen Aktivismus und Politik? Fehlanzeige.

Seitdem ist viel passiert. Olaf Scholz sitzt seit vielen Monaten im Kanzleramt, die Grünen in vielen Ministerien. Die "Letzte Generation" hat sich auf Dutzende Straßen geklebt, sie hat dünnflüssigen Kartoffelbrei auf ein Gemälde von Claude Monet geworfen und ist aufs Rollfeld des Flughafens Berlin-Brandenburg geradelt. Gegen einige Aktivisten laufen Verfahren, andere sitzen oder saßen im Gefängnis.

Nur Gespräche mit der großen Politik über den Klimaschutz, die gab es abseits einiger Talkshows kaum. Muss es also doch mal wieder zum Äußersten kommen? Braucht es so radikale Aktionen wie: ein Gespräch mit Olaf Scholz?

Proteststopp für Tempolimit und Neun-Euro-Ticket

Die "Letzte Generation" will jedenfalls reden. Oder verhandeln, wie sie das nennt. Nach ihrer wohl umstrittensten Straßenblockade in Berlin schrieb die Bewegung einen offenen Brief an die Politik. Eine Radfahrerin war von einem Betonmischer totgefahren worden. Die Blockade hatte einen Rettungswagen aufgehalten, was die Rettung der Frau laut Feuerwehr aber nicht entscheidend behindert hat.

Die "Letzte Generation" forderte in dem offenen Brief eine Richtigstellung der Vorwürfe einiger Politiker, die Aktivisten seien für den Tod der Radfahrerin verantwortlich. Und die Bewegung lud die Bundesregierung zu Verhandlungen ein.

In dem Brief von Anfang November heißt es: "Die Letzte Generation war und ist immer gesprächsoffen und lädt die Bundesregierung – Scholz, Lindner, Habeck – sowie insbesondere Bundesverkehrsminister Volker Wissing zum Gespräch am Donnerstag, 10. November 2022, um 10 Uhr in Berlin ein."

Es müsse "verhandelt werden über erste Sicherheitsmaßnahmen in der Katastrophe" und "die damit einhergehende Beendigung der Proteste". Die Forderungen, für die die Aktivisten ihre Proteste angeblich beenden wollten, klangen angesichts des Aufruhrs bescheiden: Tempo 100 auf Autobahnen und das Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr.

Das sind auch heute noch die Forderungen, selbst wenn die Aktivisten mit ihrer Blockade des Flughafens Berlin-Brandenburg diesmal keine offizielle Einladung verbunden haben. "Selbstverständlich sind und bleiben wir jederzeit und weiterhin offen und gesprächsbereit", schreibt eine Sprecherin der "Letzten Generation" t-online. "Sobald die jetzige Bundesregierung sich ebenfalls ernsthaft gesprächsbereit" zeige, sei man "sofort bereit, an den Verhandlungstisch zu treten".

Ihre Bedingungen bleiben demnach die gleichen: "Sobald es eine öffentliche und ernsthafte Erklärung gibt, erste Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten wie ein Tempolimit 100 oder dauerhaft bezahlbarer ÖPNV, werden wir aufhören, den Alltag unterbrechen zu müssen."

Bundesregierung plant kein Gespräch

Doch bisher hat kein Gespräch stattgefunden, nicht am 10. November um 10 Uhr und auch seitdem nicht. Justizminister Marco Buschmann von der FDP schrieb ein paar Tage nach der Berliner Straßenblockade auf Twitter: "Gespräche mit der 'Letzten Generation' lehne ich ab. Das Demonstrationsrecht ist urdemokratisch, doch das Recht muss gewahrt bleiben. Die 'Letzte Generation' verletzt die Rechte Dritter, sie verletzt das Strafrecht. Das ist keine Grundlage für ein Gespräch."

Das scheint seitdem die Linie der Bundesregierung zu sein. Nach Informationen von t-online plant sie jedenfalls auf absehbare Zeit keine Gespräche mit den Aktivisten. Und das liegt wohl nicht nur an der FDP, die von Klimaaktivisten traditionell besonders heftig kritisiert wird.

Sogar bei den Grünen, die der Klimabewegung auch als Regierungspartei gerne nahestehen würden, haben einflussreiche Politiker inzwischen Vorbehalte. Konstantin von Notz zum Beispiel, Innenpolitiker und stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag. "Es gibt in einer freiheitlichen Demokratie viele Mittel und Wege, sich in den Diskurs und Gesetzgebungsprozesse einzubringen", sagt er t-online. "Demokratinnen und Demokraten sollten immer untereinander gesprächsbereit sein."

Doch dann folgt bei Konstantin von Notz ein großes Aber: "Wer aber glaubt, teilweise mit medienwirksamen Aktionen, teilweise mit Straftaten, die zunehmend gefährlich und für die Sache kontraproduktiv sind, Gespräche erzwingen zu können, der irrt."

Scheint also nicht so, als dürfte die "Letzte Generation" darauf hoffen, Olaf Scholz bald wieder nach seinen Emotionen in der Klimakrise fragen zu können. Oder sogar mit ihm zu verhandeln.

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