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Kritik der Grünen an Lindner: "Es knirscht in der Regierung"


Grünen-Politiker kritisiert Finanzminister
"Lindner macht etwas grundsätzlich falsch"

InterviewVon Tim Kummert

03.04.2023Lesedauer: 3 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Bruno Hönel in Berlin: Die Grünen sind wütend auf Lindner.Vergrößern des Bildes
Bruno Hönel in Berlin: Die Grünen sind wütend auf Christian Lindner. (Quelle: IMAGO/M. Popow)

Die Grünen wollen mehr Milliarden für die Kindergrundsicherung ausgeben, Finanzminister Linder ist dagegen. Und jetzt? Ein Gespräch mit dem grünen Haushaltspolitiker Bruno Hönel.

Was brauchen Kinder, um in Deutschland gut aufzuwachsen? Darüber streitet die Bundesregierung seit Wochen. Eigentlich gibt es bereits eine Einigung: Die sogenannte Kindergrundsicherung soll kommen, darüber haben sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag geeinigt. Doch darüber, was dieser Begriff bedeutet, herrscht Uneinigkeit. Die Grünen finden, dass grundsätzlich mehr Geld investiert werden sollte, von einer zweistelligen Milliardensumme war teilweise die Rede. FDP-Finanzchef Christian Lindner machte am Wochenende klar: Das wird er nicht mittragen.

Und wie könnte nun ein Kompromiss aussehen? Bruno Hönel, 27 Jahre alt, sitzt für die Grünen im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages. Ein Gespräch über Wut unter Koalitionspartnern und die Frage, ob seine Partei im Zweifel auch die Regierung verlassen würde.

t-online: Herr Hönel, wie wütend sind Sie gerade?

Bruno Hönel: Wütend? Null. Wut ist kein kluger Ratgeber in der Politik, besonders wenn man gemeinsam regiert. Es läuft nicht alles reibungslos und aktuell knirscht es etwas in der Regierung. Aber das ist ganz normal, wenn unterschiedliche Partner unterschiedliche Prioritäten haben.

Fühlen Sie sich vom Finanzminister noch ernst genommen?

Schon. Aber er setzt Prioritäten, die in der Koalition so nicht vereinbart waren und auch nicht dem Koalitionsvertrag entsprechen. Und ja, das finde ich schon schräg.

Das sieht man in der FDP anders. War es im Nachhinein ein Fehler, den Begriff der Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag nicht klarer zu definieren?

Man kann in einem Koalitionsvertrag nicht alles bis ins letzte Detail ausbuchstabieren. Wir haben uns darin auf die großen Leuchtturmprojekte geeinigt und die Kindergrundsicherung ist eben das wichtigste soziale Vorhaben der Ampelkoalition. Jetzt muss sie bedarfsgerecht finanziert werden.

Was heißt das in Zahlen?

Etwa zwölf Milliarden Euro braucht es dafür im Bundeshaushalt. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Das ist ein inakzeptabler Zustand. Die zwölf Milliarden, um das zu ändern, sind die finanzielle Untergrenze …

… und liegen weit über der Obergrenze von Lindner. Der kann sich wohl zwei bis drei Milliarden Euro zusätzlich vorstellen.

Der FDP schwebt ja eine Verwaltungsreform vor. Aber mit Verlaub: Das ist eine Frechheit gegenüber den betroffenen Kindern und Familien, die in der Corona-Zeit so viel aushalten mussten. Eine Verwaltungsreform allein wird kein Kind aus der Armut holen. Dafür braucht es auch mehr Geld. Punkt.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken will die Anzahl der Empfänger dieses Geldes erhöhen. Dann würden auch die zwei bis drei Milliarden nicht reichen.

Das ist richtig. Aber ich habe das Gefühl, dass wir große Teile der Sozialdemokraten auch auf unserer Seite in dieser Frage haben.

Was machen Sie eigentlich, wenn Lindner bei seinem Nein bleibt?

Das ist für uns Grüne – und ich glaube auch für die SPD – schlicht nicht akzeptierbar.

Dann lassen Sie also die Koalition platzen?

Ich gehe nicht davon aus, dass es so weit kommen wird. Die Regierung hat noch einiges vor! Aber ja, dann könnte zumindest ein Koalitionsausschuss diese Frage klären.

Christian Lindner hat gerade die Vorstellung der Eckwerte seines Haushalts verschoben – es könnte bis Juni offen bleiben, wofür die Regierung im nächsten Jahr Geld ausgeben will.

Das ist ein einmaliger Vorgang, seitdem das Verfahren der Eckwerte-Präsentationen 2012 eingeführt wurde. Ein Finanzminister, der trotz Rekordeinnahmen das wichtigste soziale Projekt der Koalition nicht finanziert bekommt, macht etwas grundsätzlich falsch. Es kann nicht sein, dass der Finanzminister ausgerechnet bei Chancen- und Aufstiegsgerechtigkeit von Kindern sparen möchte.

Immerhin haben Sie jetzt bis Juni Zeit, um sich zu einigen. Die Fronten wirken aktuell sehr verhärtet.

Ich hoffe, dass wir das schnell gelöst bekommen. In letzter Zeit, da haben Sie recht, stehen wir Koalitionspartner uns da etwas verhärtet gegenüber.

Wenn Sie die SPD auf Ihrer Seite wähnen, müsste doch der Kanzler mit sozialdemokratischem Parteibuch den Streit schnell lösen können?

Theoretisch ja.

Und praktisch?

Praktisch haben wir gesehen, dass es in letzter Zeit eine enorme Kluft gibt: zwischen dem, was Scholz am Kabinettstisch beschließen lässt und dem, was die sozialdemokratischen Parteichefs und die Bundestagsfraktion sagen. Aber bei der Finanzierung der Kindergrundsicherung muss der Kanzler klare Kante zeigen. Da steht er in der Pflicht.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Bruno Hönel
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