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CDU in Heidelberg: Eine Chance für Friedrich Merz?


CDU-Klausur in Heidelberg
Merz über AfD: "Wir werden das nicht dulden"

Von Sara Sievert

Aktualisiert am 12.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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CDU-Bundesvorstandsklausur in Heidelberg: Zwei Tage nichts als Inhalte? Nicht ganz. (Quelle: IMAGO/imago)

Bei ihrer Klausur in Heidelberg wollte die CDU eigentlich über ihr Grundsatzprogramm reden. Nun ist noch anderes Thema auf die Agenda gerutscht. Das stellt die Partei zwar vor eine Herausforderung, kann schlussendlich aber auch eine Chance sein.

Friedrich Merz sieht in die Gesichter seiner Parteikollegen. Er ist jetzt ganz ernst. Sein Blick ist klar, die Mundwinkel unten. Es ist die Aussprache der Bundesvorstandsklausur, zu der sich die CDU an diesem Wochenende in Heidelberg trifft. Teilnehmer berichten t-online, wie Merz vorgebeugt an einem auf den Tisch aufgebockten Pult lehnt.

"Wir werden das nicht dulden", sagt er. Und seine Zuhörer nicken.

Gemeint ist die AfD. Aber auch jene CDU-Mitglieder, die bereit sind, Pläne mit ihr zu schmieden. In der vergangenen Woche hatte das Recherchezentrum "Correctiv" ein Treffen rechtsextremer Netzwerker in einer Villa in Potsdam enthüllt. Auch Christdemokraten sollen unter den Anwesenden gewesen sein. Offenbar nicht zum ersten Mal.

Merz unterstreicht an diesem Freitagnachmittag deshalb noch einmal: "So etwas hat hier keinen Platz." Das gelte für die Führungsämter, wie für die 400.000 Parteimitglieder.

Zwei Tage CDU pur? Von wegen

Eigentlich sollte es an diesem Wochenende um Inhalte gehen. Zwei Tage CDU pur, so der Plan. Parteichef Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann wollten dem Bundesvorstand ihren Entwurf für das neue Grundsatzprogramm vorlegen. Die Botschaft, die von der Klausur ausgeht, sollte einzig und allein lauten: "Wir sind wieder regierungsfähig – und das haben wir vor".

Und jetzt? Pustekuchen.

Denn an diesem Wochenende spielt noch ein zweites Thema eine zentrale Rolle: die Abgrenzung zur AfD und der Umgang damit, dass sich unter den eigenen Mitgliedern offenbar verbündete Rechtsextreme befinden. Aus Merz' Umfeld heißt es, er sei erschüttert gewesen. Als Demokrat über die Pläne der Rechtsextremen; und als Parteivorsitzender über die Teilnahme der eigenen Leute. Bei der Klausur setzt der CDU-Chef das Thema deshalb gleich zu Beginn auf die Agenda.

Zwar mahnt der ein oder andere in Heidelberg bereits vor Beginn der Klausur, man dürfe sich jetzt nicht schon wieder zu viel mit der AfD beschäftigen. Es müsse um die eigenen Inhalte gehen. Es gibt aber auch einige in der Parteispitze, die darin eine Chance sehen.

Aus gutem Grund. Denn ist nicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um ein für alle Mal klarzustellen, wie groß der Unterschied zu den Rechtspopulisten ist?

Eine Grenzüberschreitung, die mehrere Dinge zeigt

Nach dem geheimen Treffen in Potsdam, das an die Wannseekonferenz 1942 erinnert, zeigten sich diverse Politikerinnen und Politiker schockiert. Denn es soll dabei um die millionenfache Vertreibung von Menschen mit Migrationsgeschichte gegangen sein. Auch jene mit deutschem Pass.

"Dieses Netzwerks aus AfD-Politikern und rechtsextremen Akteuren, wissen genau, dass ihre Pläne zu Migration nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sind", schreibt die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang auf der Plattform X (vormals Twitter). Auf die Äußerungen des AfD-Abgeordneten Rene Springer zu dem Treffen schreibt Lang weiter: "Hier bekennt sich ein Abgeordneter der #AfD offen zu faschistischen Plänen für Massendeportationen und ethnischer Säuberung. Niemand kann sagen, man hätte nicht gewusst, welche Ideologie diese Partei antreibt." Springer hatte zuvor gepostet, dass es sich bei der millionenfachen Zurückführung von Ausländern keineswegs um einen Geheimplan handele.

Fakt ist: Die Grenzüberschreitungen, die in der vergangenen Woche öffentlich wurden, offenbaren nicht nur, wo die AfD steht. Sie zeigen auch, wie weit die Partei von der CDU entfernt ist. Für Merz wird damit eine rote Linie gezogen, von der in der Vergangenheit häufig behauptet wurde, sie existiere nicht – oder sei verschwommen.

"Kampf gegen diese Partei ist in diesen Zeiten so wichtig wie nie"

In Heidelberg findet man bei der CDU deutliche Worte für das Treffen in Potsdam und die entsprechenden Teilnehmer. Dass Merz die AfD noch mal zum Thema machen will, stößt bei vielen auf Zuspruch.

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Haseloff, sagt dem Nachrichtenportal t-online: "Wir haben in Sachsen-Anhalt schon früh die Gefahr erkannt, die von der AfD ausgeht." Die jüngsten Enthüllungen seien nun noch ein Beleg dafür, dass es sich hier um eine in weiten Teilen rechtsextremistische Partei handele. "Der Kampf gegen diese Partei ist in diesen Zeiten so wichtig wie nie", so Haseloff.

Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagt am Freitag vor Journalisten: "Jeder und jede in Deutschland weiß, dass das eine extremistische Partei ist. Und wer diese Partei wählt, weiß, dass das eine Stimme gegen die Demokratie ist. Das müssen wir einfach als Union aussprechen. Klare Kante gegen die AfD. Wann, wenn nicht jetzt in diesem Jahr?" Günther zeigt sich gar offen für ein AfD-Verbot. Man müsse das intensiv prüfen lassen, erklärt der CDU-Politiker.

Fast drei Stunden spricht die CDU-Spitze am Freitag auf ihrer Klausur. Vierzig Wortmeldungen soll es gegeben haben. Darüber, wie man sich künftig noch klarer von der AfD abgrenzen könne. Dass es gelingen müsse, die Ampel zu kritisieren, ohne in das Horn der Rechtspopulisten zu blasen.

Auch über die Parteimitglieder der Christdemokraten, die an den rechtsextremen Treffen teilgenommen haben, wird gesprochen. Merz berichtet, dass sie eine Art "abmahnendes" Schreiben erhalten hätten. Das größte Problem: Bisweilen gilt es als Ding der Unmöglichkeit, jemanden einer Partei zu verweisen. Im Fall Hans-Georg-Maaßen hat es die CDU vergangenes Jahr versucht – und ist gescheitert. Sollte die Werteunion, deren Vorsitzender Maaßen ist, jedoch eine eigene Partei werden, könnte sich das Problem gewissermaßen von selbst lösen. Merz wäre dann jede Menge Mitglieder los, die dafür sorgen, dass immer mal wieder Zweifel aufkommen, wie klar die Grenze zur AfD ist.

Für die CDU könnte das die Chance sein, künftig ihr konservatives Profil zu schärfen – ohne in eine Ecke gestellt zu werden. Zumindest dürfte der Unterschied zur AfD spätestens jetzt mehr als deutlich geworden sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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