Abschiedsritual Zapfenstreich: Scholz geht – und wünscht sich "Respect"

Olaf Scholz wird mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Es geht um mehr als einen musikalischen Abschied. Auch deshalb sehen manche das Zeremoniell kritisch.
Zum Ende seiner knapp dreieinhalbjährigen Amtszeit als Bundeskanzler wird Olaf Scholz (SPD) am Montagabend von der Bundeswehr mit dem Großen Zapfenstreich vor dem Berliner Amtssitz des Bundesverteidigungsministeriums verabschiedet. Die rund einstündige Zeremonie ist die höchste Form militärischer Ehrerweisung deutscher Soldatinnen und Soldaten.
Tradition in der Sperrstunde des Militärs
Die Zeremonie hat eine weit in die Militärgeschichte zurückreichende Tradition. Ihre Ursprünge liegen in der Zeit der Landsknechte des 16. Jahrhunderts. Damals gab ein Truppenführer in Gasthöfen und Tavernen mit einem Streich auf die Zapfen der Getränkefässer den Beginn der Nachtruhe bekannt – daher der Name "Zapfenstreich". Danach durften die Wirte nichts mehr an Soldaten ausschenken. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Signal durch Trompeten-, Flöten- und Trommelspiel musikalisch ergänzt.
Das Zeremoniell entstand in seiner heutigen Form im frühen 19. Jahrhundert in der Zeit der Befreiungskriege, als das Ritual durch ein kurzes Abendlied und dann auch um ein Gebet ergänzt wurde. Der Große Zapfenstreich der Bundeswehr besteht heute aus dem "Locken" der Spielleute, dem Auftritt des Musikkorps, einem Gebet und der deutschen Nationalhymne.
Das militärische Zeremoniell kennt zwei Formen:
- Anlassbezogene Große Zapfenstreiche: Sie finden bei besonderen Anlässen wie etwa dem Ende eines langjährigen Bundeswehreinsatzes statt. Häufiger sind anlassbezogene Große Zapfenstreiche bei besonderen Jubiläen, wenn beispielsweise eine militärische Einheit oder eine Dienststelle der Bundeswehr ein rundes Jubiläum begeht.
- Personenbezogene Große Zapfenstreiche: Dabei werden verdiente Amtsträgerinnen und Amtsträger zum Dienstende geehrt. Dazu zählen Bundespräsidenten, Bundesverteidigungsminister, Bundeswehrgeneräle und -admirale – und eben Bundeskanzler und Bundeskanzlerinnen.
Eine Besonderheit bei personenbezogenen Großen Zapfenstreichen sind die drei Musikstücke, die sich die Geehrten aussuchen können und die das Musikkorps spielt. Scholz hat sich "In my Life" von den Beatles, ein Auszug aus dem "2. Brandenburgischen Konzert" von Johann Sebastian Bach und "Respect" von Aretha Franklin gewünscht. Wer mag, kann in letztem Stück auch eine kleine Replik auf die anhaltende Kritik am Führungsstil des scheidenden Kanzlers erkennen.
Bei Scholz' Amtsvorgängerin Angela Merkel (CDU) wurde der DDR-Hit "Du hast den Farbfilm vergessen" von Nina Hagen und außerdem "Für mich soll's rote Rosen regnen" von Hildegard Knef gespielt. Verteidigungsminister Karl-Theod-or zu Guttenberg (CSU) suchte sich "Smoke on the Water" von Deep Purple aus, seine Nach-Nachfolgerin Ursula von der Leyen (CDU) "Wind of Change" von den Scorpions. Bundespräsident Joachim Gauck wünschte sich "Über sieben Brücken musst Du gehen" von Karat.
Der Große Zapfenstreich für Scholz beginnt am Montag um 21.30 Uhr. Erwartet wird als Ehrengast Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, zudem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer. Darüber hinaus sollen weitere hochrangige Gäste aus Politik und Gesellschaft kommen.
Kritiker des Großen Zapfenstreichs sehen das militärische Zeremoniell in der unmittelbaren Tradition von preußischen Paraden und Hitlers Fackelzügen. Sie sprechen von einem Symbol des preußischen und deutschen Militarismus.
- Nachrichtenagentur AFP